Nach der Stadt jetzt auch Aldi in der Kritik - *Update*
Bäume in Wasserburg gefällt: Angst um brütende Vögel - Aldi weist Vorwurf zurück
Es ist Vogelbrutzeit - und trotzdem wird in Wasserburg abgeholzt. Derzeit sorgt ein weiteres Beispiel für viel Ärger: die Rodung am Aldi in Staudham. Warum der Umweltreferent des Stadtrates, Lorenz Huber, richtig sauer ist. Und nicht nur er.
Update um 18.43 Uhr
Die Pressestelle von Aldi Süd weist den Vorwurf, in der Schonzeit der Vögel gefällt zu haben, in einer Stellungnahme zurück. Die Rodungen hätten nicht in der Brutphase stattgefunden. Betroffen gewesen seien 18 Bäume, die innerhalb von Bereichen gestanden hätten, in denen Gebäudeteile oder Park-und Fahrflächen geplant seien. Die Bauleitung habe vor Beginn der Brutzeit im März noch einmal überprüft, ob alle notwendigen Rodungsarbeiten durchgeführt worden seien, so Unternehmenssprecherin Regina Tran Van.
Erstmeldung:
„Das ist nicht ganz sauber gelaufen“, findet Stadtrat Lorenz Huber (Bürgerforum). Der Umweltreferent war nicht darüber informiert, dass auf der Großbaustelle des Aldi-Supermarkts in Staudham, der abgerissen und neu errichtet wird, noch im März/April Bäume entfernt worden seien. „Die Vorgehensweise ist nicht korrekt, die Maßnahme nicht in Ordnung“, ärgert sich Huber. Es sei ausreichend Zeit gewesen, vor dem Start der Bauarbeiten die notwendigen Fällungen durchzuführen.
Keine Chance zu intervenieren
Huber gilt als Experte, der für jeden schützenswerten Baum kämpft, sich jedoch Argumenten für die Notwendigkeit einer Entfernung auch nicht verschließt. Die Bäume auf dem Aldi-Grundstück seien erst vor etwa 18 bis 19 Jahren gepflanzt und stets stark zugeschnitten worden. Sie hätten noch nicht die Höhe erreicht, bei der die Baumschutzverordnung der Stadt greife. Trotzdem: Jetzt noch die Axt anzusetzen, das sei „unglücklich“. Außerdem sei er nicht informiert gewesen. Er habe also keine Chance gehabt, noch zu intervenieren. Das kalte Wetter habe zwar dafür gesorgt, dass das Blattwerk noch nicht so ausgereift sei. Auch die Vögel seien heuer später dran mit dem Brüten. Mögliche Nester hätte man vermutlich besser gesehen als in einem wärmeren April. Doch das Vorgehen des Bauherrn sei trotzdem nicht in Ordnung, so Huber. Die Pressestelle von Aldi Süd kündigt eine Antwort auf eine Anfrage der Wasserburger Zeitung zum Vorgehen in Staudham im Laufe der Woche an.
„Bauweise nicht mehr zeitgemäß“
Wasserburgs Umweltreferent Lorenz Huber wiederholt im Zusammenhang mit den Fällungen seine bereits im Stadtrat geäußerte generelle Kritik am Neubauvorhaben von Aldi Süd in Staudham. „Absolut nicht mehr zeitgemäß“ sei die eingeschossige Bauweise in die Fläche hinein. Das sei nicht ressourcenschonend. Es gebe ausreichend Beispiele wie etwa den Rewe-Markt in Hohenlinden, bei dem über den Verkaufsflächen noch Wohnungen und Büros sowie Praxen in weiteren Stockwerken errichtet worden seien. Als aus der Zeit gefallen nennt Huber außerdem die Tatsache, dass der Aldi, gebaut erst vor 20 Jahren, nicht saniert, sondern abgerissen und wieder neu erbaut wird. Im Stadtrat hatte dieses Vorgehen zu Protesten geführt, das Gremium konnte sich mit seiner Kritik und den Wünschen nach einer geänderten Planung mit einer verdichteten, schonenderen Bebauung jedoch bei Aldi Süd nicht durchsetzen.
Auch die Stadt Wasserburg steht nach wie vor in der Kritik. Noch im April waren Bäume und Sträucher entfernt worden - für die Sanierung der Multisportanlage am Palmano-Spielplatz. Stadträtin Heike Maas (CSU) hatte im Gremium auf Anrufe empörter Bürger hingewiesen. Hier spricht der Umweltreferent ebenfalls von einer „unglücklichen Aktion“. Auch in diesem Fall sei er nicht in Kenntnis gesetzt worden, da lediglich Büsche und Sträucher entfernt worden seien. Außerdem habe das Bauamt bekräftigt, dass vor den Fällungen die betroffene Grünanlage umfangreich auf Nester untersucht worden sei. In der Regel sei die Informationspolitik der Stadt in Bezug auf Fällungen aber sehr gut, erklärt Huber. Er werde stets informiert und um Stellungnahme gebeten. Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann verspricht außerdem auf Nachfrage, dass ab sofort der Umweltreferent auch bei solchen kleineren Maßnahmen an Grünanlagen informiert und gehört werde.
Stadtbaumeisterin: Einzelfall in Wasserburg
Herrmann spricht zudem von einem Einzelfall. Generell lasse die Kommune Bäume oder Sträucher nur von Oktober bis Februar entfernen. Doch beim jetzt startenden Bau der Sportanlage Palmano hätten sich das Eintreffen der Förderzusage und damit die Ausschreibung der Arbeiten verzögert. Im Februar habe die ausführende Baufirma deshalb noch nicht festgestanden. Den Baustart noch einmal zu verschieben, das sei nicht möglich gewesen. Denn im Winter könnten die notwendigen Erdarbeiten nicht stattfinden. Auch die Beschichtung des Sportfeldes benötige Temperaturen über fünf Grad.
Der Bund Naturschutz verweist in einem Schreiben an protestierende Bürger auf die Rechtslage. Beim Schutz der wild lebenden Tierarten und ihrer Lebensstätten seien die entsprechenden Paragraphen im Bayerischen Naturschutzgesetz verbindlich zu beachten. Leider sei die rechtliche Auslegung komplex, vor allem wenn es um die gesetzlichen Ausnahmeregelungen gehe. Im Falle des Vorgehens der Stadt stelle sich die Frage, warum die Gehölzbeseitigungen nicht bereits vor dem 1. März durchgeführt worden seien oder bei Fristbindungen diese erst im Herbst vorgenommen würden, so BUND-Vorsitzender Max Finster. „Dann hätte sich die Baumaßnahme halt um ein halbes Jahr verzögert“, regt er an. Dazu betont die Stadtbaumeisterin, dass die Förderzusage an Durchführungsfristen gebunden sei. Die Arbeiten verschieben, das gehe nicht, wenn die Zuschüsse nicht gefährdet werden sollten. Im Fall der Palmano-Anlage steuert der Freistaat 216.000 Euro zu.
BUND: „Absolutes Tabu“
Die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern nach dem 1. März müsse trotzdem als ein „absolutes Tabu“ betrachtet werden, fordert Finster. Im zeitigen Frühjahr beginne bereits die Reviergründungszeit, die Nistplatzsuche und der Nestbau der Vögel. Je später die Beseitigung der Gehölzbestände im Frühjahr erfolge, desto stärker sei die Beeinträchtigung der Vogelwelt, im übrigen auch für angrenzende Lebensräume. Im Fall der Palmano-Anlage sei die Beseitigung der Gehölzbestände erst im hochaktiven April, also viel zu spät, erfolgt. „Auch wenn nachweislich keine Vögel zu Schaden kamen, so leidet doch die Vorbildfunktion erheblich“, so Finster.