Polizei und Landratsamt beim jährlichen Sicherheitsgespräch
Wohnungseinbrüche und Sexualdelikte nehmen im BGL zu: Die Sicherheitslage im Fokus
Mehr Wohnungseinbrüche und Sexualdelikte verzeichnete das Polizeipräsidium Oberbayern Süd im Berchtesgadener Land im Jahr 2023. Das mag für ein Gefühl der Unsicherheit sorgen. Das jährliche Sicherheitsgespräch zwischen Polizeipräsidium und Landratsamt zeigt aber auch: Es lohnt sich ein Blick auf die genauen Zahlen, um die Kriminalstatistik besser zu verstehen.
Berchtesgadener Land – Mit der 140 Kilometer langen gemeinsamen Grenze mit Salzburg habe der Landkreis eine besondere Lage im Bundes- und Landesgebiet, erklärte Landrat Bernhard Kern beim jährlichen Sicherheitsgespräch am 25. Juli.
Sowohl beim Thema Flüchtlinge und Asylbewerber als auch beim Verkehr sei die Polizei im Berchtesgadener Land dadurch besonders gefordert. Daher lobte der Landrat die Zusammenarbeit der vier Polizeiinspektionen mit der GPI Piding, der KPI Traunstein, der VPI Traunstein und natürlich auch der Bundespolizei sowie mit den Kollegen auf der österreichischen Seite.
Statistik ist ohne ausländerrechtliche Verstöße aussagekräftiger
Die Grenzlage als „Alleinstellungsmerkmal“ spiegelt sich auch in den Zahlen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd wider, die dessen Präsident Manfred Hauser für das Jahr 2023 vorstellte. 13.459 Straftaten verzeichnete die Polizei im Landkreis. Zieht man die ausländerrechtlichen Verstöße ab, bleiben noch 4620 übrig – eine leichte Steigerung zum Vorjahr um 2,3 Prozent. Diese Steigerung liegt aber unter dem Niveau des Gesamtgebiets des Polizeipräsidiums (3,8 Prozent) und Bayerns (3,9 Prozent). Daher Hausers Fazit, der zugleich von einem einsatzreichen Jahr sprach: „Im Kreis ist die Sicherheitslage auf stabilem und hohem Niveau.“
Die Aufklärungsquote sei erfreulich, so Hauser. Sie liegt bei 90,3 Prozent, etwas höher als 2022 (89,9 Prozent). Allerdings verfälscht auch hier die Grenzlage den Wert. Ohne ausländische Delikte liegt die Aufklärungsquote aber immer noch bei 72,3 Prozent und konnte damit um 1,7 Prozent gesteigert werden. Zum Vergleich: Im Bereich des Präsidiums beträgt sie nur 60 Prozent, bayernweit 65 Prozent. Somit wird „jede siebte von zehn Straftaten aufgeklärt.“
Die Häufigkeitszahl rechnet die Straftaten auf 100.000 Einwohner hoch und ermöglicht so einen direkten Vergleich:
BGL: 4291
PP Oberbayern Süd: 3715
Bayern: 4361
Steigerung bei den Wohnungseinbrüchen und den Sexualdelikten
Bei der Gewaltkriminalität gab es zwar elf Fälle mehr, aber das Berchtesgadener Land hat hierbei trotzdem den zweitniedrigsten Wert im gesamten Präsidiumsbereich. Acht von zehn Fällen wurden aufgeklärt. Die Wohnungseinbrüche sind in ganz Bayern gestiegen, so auch im Berchtesgadener Land, hier nämlich um 76 Prozent. Schaut man aber auf die Anzahl der Einbrüche, sind es lediglich 23 gewesen, zehn mehr als 2022. „Obwohl der Wert prozentuell hoch ist, ist das der zweitniedrigste der letzten zehn Jahre“, betonte Hauser.
Sorge bereiten die 130 Sexualdelikte. Im Jahr 2022 waren es noch 106, im Jahr davor 73. Meistens handle es sich hierbei aber um die Verbreitung pornografischer Schriften und um keine schwere Taten. „Das Gros sind Verbreitungen am Smartphone unter Jugendlichen. Oftmals sind das dumme Schulhofgeschichten, aber wir müssen jedem einzelnen Fall nachgehen. Der Aufwand ist für uns sehr groß, weil immer wieder neue Fälle auftauchen“, so der Polizeipräsident. Ernst genommen wird dennoch jeder einzelne Fall, denn manchmal geht es auch um sexuellen Missbrauch. Von den 13 Taten waren jedoch elf Fälle minderschwer. Die Jugenkriminalität stieg mit 2,3 Prozent etwas geringer als der bayernweite Trend (3,4 Prozent). Dabei gebe es aber im Landkreis keine Hotspots mit Jugendgangs.
Schockanrufe nach wie vor Thema, Schleuser immer skrupelloser
„Straftaten im Internet werden uns auch in Zukunft noch massiv beschäftigen“, betonte Hauser und sprach sich für die Anwendung der Vorratsdatenspeicherung aus, die zwar europarechtlich schon möglich, aber in Deutschland noch nicht erlaubt ist. Callcenter-Betrug und Schockanrufe halten die Polizei weiter auf Trab. Hier gab es 2023 erneut einen Anstieg, jedoch blieben 90 Prozent im Versuch stecken. Es gab nur eine Vollendung mit einem Schaden von dennoch satten 20.000 Euro. 2022 lag der Schaden noch bei 180.000 Euro. „Das Thema beschäftigt uns nach wie vor massiv“, erklärte Hauser. Wichtig sei hierbei vor allem die Prävention, indem die Polizei die Bürger und die Banken für das Thema sensibilisiert. Zudem würden die Grenzpolizei und die Bundespolizei immer mehr Täter an der Grenze dingfest machen.
Die fast täglichen Nachrichten über Festnahmen von Schleusern und die darauffolgenden Gerichtsprozesse in der Region zeugen von der starken Belastung der Grenzpolizei durch illegale Migration. Hauser bedauerte, dass Schleuer immer skrupelloser werden, „aber wir haben auch gute Erfolge erzielt. 176 Schleuser wurden aufgedeckt. Es gab über 200 Haftbefehle.“
Beim Verkehr verzeichnete die Polizei zwar etwas mehr Unfälle (2776, im Jahr 2022 2645), jedoch gab es zwei Todesopfer weniger (sechs Tote, 2022 acht). Am häufigsten kam es zu Unfällen beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren oder Ein- und Anfahren, gefolgt vom fehlenden Sicherheitsabstand. Bei den Verkehrsstraftaten tritt besonders die Zahl der 18 verbotenen Kraftfahrzeugrennen hervor – eine Steigerung um 800 Prozent. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ging um 5,3 Prozent zurück. Dennoch waren es 539 Fälle.
Alpine Einsatzgruppe startet als Pilotprojekt
Zehn Menschen verloren im Jahr 2023 am Berg ihr Leben. Oftmals mit im Einsatz: die alpine Einsatzgruppe der Polizei, in der sich Polizeibeamte bisher im Nebenamt befanden. Das bedeutet, dass sie in der Polizeiinspektion fehlen, wenn sie im alpinen Gelände im Einsatz sind. Zudem ist die Arbeit sehr fortbildungsintensiv.
Hier hatte Hauser Erfreuliches zu berichten. Inzwischen sei die Zustimmung vom Bayerischen Innenministerium gekommen, in den Pilotbetrieb gehen, um die Gruppe professionalisieren zu können. „Eine Sondereinheit ist, glaube ich, der richtige Weg. Das könnte eine Erfolgsgeschichte werden.“ In zwei bis drei Jahren, wenn die ersten Erfahrungswerte vorliegen, wisse man mehr.
Bauernproteste als besondere Herausforderung
Dem Sicherheitsgespräch vor der Presse war ein zweistündiger nichtöffentlicher Termin zwischen Polizeipräsidium und dem Landratsamt vorausgegangen. Darauf Bezug nehmend erklärte Landrat Kern, dass die Bauernproteste Anfang des Jahres eine besondere Herausforderung sowohl für das Landratsamt als auch die Blaulichtorganisationen gewesen seien.
Er bedankte sich für die gute Zusammenarbeit und das Verständnis derer, die die Proteste ausgerichtet hatten. Dem stimmte Hauser zu: „Ich bin froh, dass wir keine größeren Schäden zu verzeichnen hatten.“ (mf)


