Landwirte stoppten ihn
Auch bittere Tränen helfen nicht: Schleuser vom Roßfeld wandert hinter Gitter
Zwei Landwirte blockierten die Weiterfahrt eines Kleintransporters mit einem Traktor. Wie sich rausstellte, handelte es sich bei dem Fahrer um einen Schleuser. Nun musste er sich vor dem Laufener Schöffengericht verantworten und behauptet unter Druck gesetzt worden zu sein.
Berchtesgaden/Laufen – Der Fall sorgte auch überregional für Schlagzeilen. Zwei Landwirte hatten am 27. Dezember 2023 an der Berchtesgadener Roßfeldstraße einen Schleuser gestellt und ihn an der Weiterfahrt gehindert, bis die Polizei die Sache übernahm. Jetzt stand der Fahrer des Kleintransporters vor dem Laufener Schöffengericht. Das schickte den 40-jährigen Serben für zwei Jahre und zehn Monate hinter Gitter.
Einem Landwirt war der Peugeot Expert „mit ungefähr 20 Leuten drin“ aufgefallen. Er verständigte die Polizei, während zwei seiner Nachbarn den Wagen mit einem Traktor an der Weiterfahrt hinderten und zudem den Serben festhielten. „Ich hatte Angst um mein Leben“, sagte der über dieses Geschehen. Weil der Mann dabei an der Nase verletzt wurde und Schürfwunden davontrug, war es auch zu Ermittlungen gegen die beiden Landwirte gekommen (wir berichteten). Ein Verfahren wegen Körperverletzung war jedoch im März eingestellt worden.
Serbe soll unter Druck gesetzt worden sein
Ein Nachbar soll den Serben unter Druck gesetzt haben, diese Fahrt zu übernehmen, und nach dessen anfänglicher Weigerung die Familie bedroht haben. Man habe ihn angewiesen, exakt einen solchen Transporter zu mieten: mit Ladefläche, ohne Fenster und gesicherten Türen. Neben 650 Euro für Benzin, Vignetten und Spesen sei ihm kein Entgelt versprochen worden, behauptete der Angeklagte, der jedoch gegenüber einem psychiatrischen Gutachter von 1000 Euro pro Person gesprochen hatte.
Auf der Fahrt von einem slowenischen Grenzort über Kroatien und Österreich war der Serbe von zwei Hintermännern instruiert worden. Im Berchtesgadener Land angekommen, schickte er ein Ankunftsvideo, was vom Organisator mit „Bravo“ quittiert wurde. Eine junge Polizeimeisterin der Bundespolizei Freilassing berichtete, dass sich gleich drei Streifenwagen auf den Weg zum Roßfeld gemacht hatten, wo sie den Fahrer und 14 der teils minderjährigen Syrer vorfanden. Vier waren zunächst geflohen. Für weitere Schleuserfahrten des Serben habe man keine Anhaltspunkte gefunden, so die Zeugin, allerdings seien vorangegangene Chats automatisch gelöscht worden. Sie bestätigte, dass der Serbe sofort Angaben zu den Hintermännern und zu seinem Nachbarn gemacht habe. Ermittlungen dazu liefen.
Transport sei lebensgefährdend gewesen
Den angeblichen „Druck“ wollte Staatsanwalt Florian Krug dem Angeklagten, der selbst von rund 6000 Euro Schulden sprach, nicht abnehmen. Der ungesicherte Transport auf der Ladefläche sei lebensgefährdend gewesen. Krug beantragte dreieinhalb Jahre Haft, schließlich sei es geboten, „gegen die Schleuserwelle vorzugehen.“
„Die Geschleusten sind alle freiwillig eingestiegen“, hielt Rechtsanwalt Julian Praun dem entgegen und zitierte einen der Syrer mit den Worten: „Wir vertragen viel, wenn es nach Deutschland geht.“ Praun hob die mehr als halbjährige U-Haft ebenso hervor wie die bisherige Unbescholtenheit seines Mandanten, weshalb zwei Jahre zur Bewährung ausreichend seien. Der angeklagte Familienvater weinte in seinem Schlusswort bitterlich und beteuerte, keine andere Wahl gehabt zu haben.
„Natürlich hat man eine Wahl“, widersprach Vorsitzender Martin Forster, der einerseits das Einpferchen in einem dunklen verriegelten Kasten kritisierte, aber auch die Aufklärungshilfe würdigte. Bei den versprochenen 1000 Euro je Person stelle sich allein die Frage, von wie vielen Passagieren der Serbe zunächst ausgehen durfte. Das Urteil von zwei Jahren und zehn Monaten wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig.
Der Transporter war bei der Aktion am Roßfeld noch in einem kleinen Graben gelandet. Zwei Scheiben am Fahrzeug sollen „beim Schlagen mit Holzstöcken“ zu Bruch gegangen sein. Von den einsatzfreudigen Landwirten war keiner geladen.
Höfer