Gründerversammlung am Samstag
Viele Hürden und hohe Kosten: Der „Cannabis Social Club Freilassing“ steht in den Startlöchern
Nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis schießen auch Cannabis Social Clubs wie Pilze aus dem Boden. Am Samstag hat der Freilassinger Verein seine Gründerversammlung. Doch die Hürden sind hoch, wie das Team beim Gespräch berichtet. Und Salzburg mahnt vor einem illegalen Einkaufstourismus in die bayerische Nachbarstadt. Dabei gebe es da nichts zu befürchten, erklärt der Vorstand Patrik Hirz.
Freilassing – Am Samstag (13. April) findet die Gründerversammlung des Cannabis Social Clubs (CSC) Freilassing statt. Damit wird der Startschuss zur Vereinsgründung fallen. Hinter dem Projekt stehen drei Initiatoren: Patrik Hirz als erster Vorstand, Marcella Drenthen als zweite Vorständin sowie der Schatzmeister Lars, der nicht mit Nachnamen genannt werden will. Das Team hat im Februar über eine Kleinanzeige zusammengefunden und ist seitdem unermüdlich am Planen.
Wir treffen Patrik und Marcella im Garten hinter dem Gebäude unweit der Feuerwehr, in dem der Cannabis-Anbau in Zukunft vonstatten gehen soll. Im Gespräch wird schnell klar: Die Auflagen für einen CSC sind sehr hoch. „Der Aufwand ist kein Pappenstiel“, erklärt Patrik. „Wir sind ja alle voll berufstätig.“ Marcella stimmt dem zu. „Wir machen zur Zeit einen doppelten Vollzeitjob. Es gibt viele bürokratische Hürden, die es zu überwinden gilt.“ Dabei gehe es von der Satzung über Gesundheitskonzepte, die Kalkulationen zur Beitragsodnung bis hin zur Lizenz und den Umbau des Gebäudes.
Cannabis Social Clubs: Die Voraussetzungen
Rechtsform: eingetragener Verein oder Genossenschaft
Betriebserlaubnis durch Landesbehörden erforderlich
Anträge auf Betriebserlaubnis ab dem 1. Juli möglich
Maximal 500 Mitglieder pro Verein
Mitglieder müssen beim Anbau mithelfen
Abgabe von Hanfblüten und Haschisch erlaubt
Maximal 50 Gramm pro Mitglied pro Monat, maximale Tagesabgabemenge: 25 Gramm
Mindestalter für Mitglieder: 18 Jahre, zwischen 18 und 21 Jahren nur 30 Gramm pro Monat mit 10% THC-Obergrenze
Kein Konsum im Verein oder in Sichtweite vom Eingang
Mindestabstand der Anbauclubs zu Schulen, Kitas, Spielplätzen etc.: 200 Meter
Vertrieb von Stecklingen und Samen zum Eigenanbau durch die Vereine erlaubt, auch an Nicht-Mitglieder
Die Investitionskosten liegen bei 200.000 Euro
Beim Freilassinger CSC-Team sind die Planungen schon sehr weit vorangeschritten. „Wir haben uns intensiv mit der Gesetzgebung beschäftigt und hatten gerade die letzten Anwaltsgespräche wegen der Satzung“, sagt Marcella. Auch ein Steuerberater sowie ein Notar werden noch benötigt werden. „Vor der Vereinsgründung muss alles schon einmal durchdacht worden sein. Man könnte das schon auf schnellem Wege machen. Aber wir wollen, dass das Hand und Fuß hat.“
Neben ihrer Zeit stecken die drei auch sehr viel Geld in das Projekt, nämlich rund 200.000 Euro. Die Mitgliederbeiträge sollen erst im Anschluss zur Finanzierung verwendet werden. Ab dem 1. Juli darf die Lizenz zum Anbau beantragt werden. Bis die Genehmigung da ist, die Hanfpflanzen gewachsen und geerntet, der Trocknungs- und Fermentierungsprozess erfolgt sind, werden noch Monate vergehen. Der Ertrag darf nicht gewinnbringend an die Mitglieder verkauft werden. Derzeit rechnen die Initiatoren mit einem Preis von etwa sieben Euro pro Gramm. „Der muss günstiger sein als am Schwarzmarkt, um den einzudämmen. Wir müssen später noch abwägen, ob wir am Preis noch etwas ändern müssen“, erklärt Patrik.
Die Immobilie ist vorhanden, jede Menge Anfragen auch
Was der CSC Freilassing vielen anderen voraus hat, ist das Vorhandensein einer Immobilie. Das ehemalige Betriebsgebäude gehört Marcella. Im Moment arbeiten fleißige Helfer an der Außenfassade. Sobald die Lizenz da ist, geht es im Innenbereich weiter. Zunächst sollen im Keller etwa 550 Pflanzen kultiviert werden. Dafür braucht es auch spezielle Lampen – einer der größten Kostenpunkte.
Der Ertrag aus dem Keller könnte etwa 200 Mitglieder versorgen. Momentan hat der Club bereits 250 bis 300 Anfragen. Bis zu 500 Mitglieder dürfte ein CSC aufnehmen. Um diese Anzahl zu erreichen, sollen in Folge weitere Stockwerke des Gebäudes zum Anbau genutzt werden, auf jeden Fall aber das Erdgeschoss. Interessenten zwischen 18 und 21 Jahren werden im Freilassinger Club aus gesundheitlichen Gründen – das Gehirn ist in diesem Alter noch nicht voll entwickelt – vorerst nicht aufgenommen. Darüber hinaus sei bei den künftigen Mitgliedern aber alles dabei. „Wir haben auch viele Rentner, die über 70 sind. Und auch Zollbeamte in Pension, Informatiker, Soldaten“, zählen die beiden auf. „Wir bekommen auch Anfragen von einigen, die das aus medizinischen Gründen beziehen wollen. Das ist einer der schönsten Aspekte“, freut sich Marcella.
Österreich fürchtet illegalen Einkaufstourismus
Kritisch sieht die Cannabis-Lagalisierung nicht nur Markus Söder, sondern auch der österreichische Nachbar. „Salzburg wegen Cannabis-Freigabe besorgt“, titelt etwa der ORF. Behörden befürchten einen illegalen Einkaufstourismus. Doch Patrik sieht das gelassen. „Wir dürfen gar keine Members aus Österreich aufnehmen. Deswegen ist da kein Grund zur Sorge gegeben.“
Was die beiden aber monieren, ist die mangelnde Aufklärung in Österreich. Marcella: „Bei uns stehen oft Leute vor der Tür und denken, sie können sich hier Marihuana besorgen. Ich wurde von Österreichern gefragt, wo denn unsere Chill-Ecke ist, weil sie das mit den Coffeeshops aus den Niederlanden gleichsetzen. Und das ist es ja absolut nicht.“
Aber auch auf deutscher Seite herrsche viel Unwissenheit. Daher bittet sie auch darum, ausschließlich über die Website Kontakt aufzunehmen und nicht gleich vor der Türe zu stehen. „Zuerst muss ein Verifizierungsprozess stattfinden. Erst dann wird über die Mitgliedschaft entschieden. Wir werden hier niemals ‚chillen‘. Das ist eine Anbauvereinigung zur Abgabe von Cannabis an die Mitglieder. Mehr nicht.“
Prävention und strenge Kontrollen
Ein CSC ist verpflichtet, Präventions- und Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Freilassinger sind daher auch in engem Kontakt mit der Kripo Traunstein, der Suchtberatung in Traunstein sowie mit der Caritas Suchtberatung in Bad Reichenhall. Ein weiteres wichtiges Thema: die Sicherheit. „Gestern hatte ich ein langes Gespräch mit der Kripo. Es ist möglich, dass sie im Falle eines Einbruchs sofort alarmiert wird. Die sind dann gleich vor Ort“, so Patrik. Zudem werde es strenge Zugangskontrollen und ein Überwachungssystem mit Kameras geben. Allein schon wegen des Hygienekonzepts dürfen dann nur einzelne Arbeitsgruppen die Plantage betreten.
Dass sich nicht jeder über einen CSC vor Ort freut, ist den beiden auch klar. Patrik schließt nicht aus, dass ihnen noch manche Steine in den Weg gelegt werden. Dafür gebe es aber dann den gerichtlichen Weg. „Na ja, es ist die Legalisierung einer Droge“, entgegnet Marcella. „Natürlich polarisiert das. Ich finde aber, diese Clubs sind eine gute Lösung.“ Verhältnisse wie in den Niederlanden möchte sie in Deutschland nicht haben. „Hier wird etwas Neues geschaffen, das es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Ich finde es sehr reizvoll, dabei zu sein.“
mf
