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Gründung steht kurz bevor

150 Interessenten: Das hat der erste Cannabis-Club in Mühldorf vor

Seit 1. April ist Kiffen in Deutschland erlaubt, ab 1. Juli kann es auch Cannabisclubs- und -vereine geben. Auch in Mühldorf soll dann einer entstehen.
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Seit 1. April ist Kiffen in Deutschland erlaubt, ab 1. Juli darf es auch Cannabis-Clubs und -vereine geben. Auch in Mühldorf soll dann einer entstehen.

In Mühldorf öffnet schon bald der erste Cannabis Social Club im Landkreis seine Türen: Das sagen die Gründer über ihre Motivation, die Preise und zu den Sorgen, die sie beschäftigen.

Mühldorf – Weil es noch kein Clubhaus gibt, bitten die drei Mitglieder des siebenköpfigen Vorstands des Cannabis Social Clubs (CSC) Mühldorf nach Feierabend in ein Geschäft in Waldkraiburg. Alexander Becker ist einer vor ihnen und als Pressesprecher der einzige, der seinen Namen gegenüber OVB nennen will. Denn bei aller Vorfreude, bei aller Unterstützung, die sie bisher spüren, sind sie zurückhaltend; sie wollen auf keinen Fall die sein, die den Mühldorfern das Kiffen beibringen.

Erster Cannabisclub im Landkreis Mühldorf

150 Interessenten gibt es nach ihren Angaben, die sich im Internet gemeldet haben. Die drei betonen immer wieder den Gemeinschaftsgedanken, den sie mit dem Verein verbinden. Und die Aufgabe des Clubs, für einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu sorgen.

Doch zunächst ist da die Freude über die neuen Möglichkeiten durch die Gesetzesänderung, wie Sprecher Becker betont: „Ich verstehe jeden, der eine legale Alternative sucht.“ Zwei der drei kiffen nicht mehr, der dritte schon. Sie sind zwischen Mitte 20 und Mitte 30. „Wir möchten niemanden zum Kiffen animieren, sondern die unterstützen, die eh schon konsumieren.“

Ende eines 100-jährigen Verbots

Seit 1. April ist Kiffen straffrei. Ab 1. Juli dürfen Cannabisvereine ihre Arbeit aufnehmen.

Einer der drei spricht von einer „100-jährigen Prohibition“, dem langjährigen Verbot, das endlich zu Ende gehe. Vom gefährlichen Schwarzmarkt mit seinen undurchschaubaren Angeboten. „Das hat alles nicht zu weniger Konsum geführt“, sagt er. Immer wieder vergleichen sie Cannabis mit Alkohol, der völlig legal auch an Jugendliche abgegeben werden darf, in jedem Geschäft. „Jetzt haben wir die Chance, die Leute weg vom Schwarzmarkt zu bekommen, sie aufzuklären und zu informieren.“

Becker sagt, es habe bereits ein Gespräch mit der Suchtberatung der Caritas gegeben. Denn die drei sind sich im Klaren darüber, dass der Konsum von Cannabis genau wie Rauchen oder Trinken zu einer gefährlichen Sucht werden kann. Aber das sei nicht die Regel. Die meisten Kiffer seien Menschen, die in ganz normalen Berufen stünden, mitten in der Gesellschaft lebten und sich abends zur Entspannung einen Joint genehmigten.

Kritiker bemängeln vor allem, dass Kindern und Jugendlichen ein leichterer Zugang zu Cannabis ermöglicht werde. So nannte Mühldorfs Landrat Max Heimerl die Teilfreigabe einen „Schlag ins Gesicht der Menschen, die sich täglich für Kinder- und Jugendschutz einsetzen“.

Franz Kreitmeier, Suchtberater der Caritas begrüßte schon vor über einem Jahr die Entkriminalisierung von Cannabis. Er warnte aber eindringlich vor einer Freigabe ab 18:  „Das ist mir zu früh, in diesem Alter passiert noch so viel in der Entwicklung des jugendlichen Gehirns, Cannabis hat darauf große Auswirkungen. 21 oder sogar 25 Jahre erscheinen mir als Altersgrenze sinnvoller.“ 

Die Grundlagen für den Club sind gelegt, die Satzung steht, ein Notar hat sie geprüft, der Gang zum Vereinsgericht kommt als Nächstes. Eine Zusage für ein Clubhaus im Mühldorfer Industriegebiet haben sie, weitere Besichtigungen stehen bevor.

„Unser Ziel ist es, den idealen Ort zu finden, der unseren Bedürfnissen und rechtlichen Rahmen gerecht wird“, sagt Becker.

Deshalb sei ein Industriegebiet gut geeignet, weil es vor allem den Vorgaben des Jugendschutzes entgegenkommt. Den betonen die drei immer wieder. Mitglied im Verein kann nur werden, wer 21 Jahre alt ist, das Kiffen in der Öffentlichkeit oder von Eltern vor ihren Kindern finden sie nicht gut.

Wer Mitglied werden will, muss 29 Euro Monatsbeitrag bezahlen, das Gramm Gras soll es für sieben Euro geben; das liegt um etwa drei Euro unter dem Schwarzmarktpreis.

Die Stadt hatte bislang keinen Kontakt zu dem neuen Verein. „Wir sind aber nicht überrascht“, erklärt Sprecher Werner Kurzlechner. „Mit einer solchen Gründung war zeitnah zu rechnen.“ Weiter will sich die Stadt nicht äußern, auch nicht zum geplanten Clubhaus: „Wir kennen den genauen Standort im Industriegebiet nicht.“

Die Regeln für die Cannabis-Clubs sind strikt. Dazu gehört auch die Menge, die der Verein maximal an jedes einzelne Mitglied abgeben darf, 25 Gramm sind es am Tag, maximal 50 im Monat. Wie das kontrolliert werden soll, wie hoch der Druck der Behörden und der Polizei auf den Club sein wird? Die drei zucken mit den Schultern: Das alles sei noch völlig offen.

Polizei reagiert gelassen

Die Polizei reagiert betont gelassen auf die neue Situation. „Es wird viel diskutiert, wir sehen das emotionsloser“, sagt Sprecher Stefan Sonntag. Kernthema sei der Jugendschutz: „Wir wollen nicht, dass junge Menschen mit der Droge in Kontakt kommen.“

Für alle anderen gilt, wer die Regeln des Abstands zu Kindern und Jugendlichen einhält, nicht bekifft Auto fährt oder mehr als die zulässige Menge dabei hat, bleibt unbehelligt. „Wir kontrollieren auch niemanden, der auf einer Bank im Park eine Bierflasche in der Hand hat“, sagt Sonntag betont unaufgeregt. Die Überwachung des neuen Cannabis-Gesetzes sei Teil des Jobs. Wenn Behörden sie zu Kontrollen etwa der Clubs auffordern würden, würden die Beamten das natürlich tun.

Anfang Juli will sich der Mühldorfer Club bei einer Veranstaltung vorstellen. Zumindest bis dahin wollen sie in der Öffentlichkeit noch nicht präsent sein. Denn Vorurteile gibt es nach ihrer Ansicht trotz der Legalisierung von Cannabis noch immer.

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