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Simon und Lung im Gespräch mit BGLand24.de

„Können den Verkehr nicht weg beten“ - Bürgermeister über die Situation am Kleinen Deutschen Eck

Wolfgang Simon Bürgermeister Schneizlreuth Christoph Lung Oberbürgermeister Bad Reichenhall
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Bad Reichenhalls Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung (rechts) und Schneizlreuths Bürgermeister Wolfgang Simon über die Verkehrsprobleme rund um das Kleine Deutsche Eck.

Marode Weißbachbrücke, Lkw am Thumsee, Weinkaser gesperrt. Am Kleinen Deutschen Eck gibt es im Moment so einige Baustellen – auch im übertragenen Sinn. Und hinter all dem die große Frage: Wie kann man den Transitverkehr reduzieren? Die beiden Bürgermeister von Bad Reichenhall und Schneizlreuth im Gespräch mit BGLand24.de über das, was gut läuft. - Und was nicht.

Bad Reichenhall/Schneizlreuth – „Wir haben derzeit den Stand: Wieder zurück auf Los“, beschreibt Bad Reichenhalls Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung die Situation am Thumsee. Im Jahr 2020 hatte sein Vorgänger, Dr. Herbert Lackner, die Tonnagebeschränkung auf der St2101 für Lkw ab 7,5 Tonnen unterzeichnet. Doch die Regierung von Oberbayern sah das anders: Rechtswidrig, hieß es von ihrer Seite. Im März erhielt Lung daher die fachaufsichtliche Weisung, die Tonnagebeschränkung aufzuheben und die Beschilderungen zu entfernen. Der Stadtrat beriet schließlich über das weitere Vorgehen. Während Verkehrsreferenz Fritz Grübl gegen die Weisung klagen wollte, entschied sich die Mehrheit jedoch dafür, den Sachverhalt komplett neu aufzuarbeiten.

„Das ist moderne Wegelagerei“ - Lieferverkehr soll durchfahren dürfen

Grübl hatte schnell einen Schuldigen für die Weisung gefunden: „Die Gemeinde Schneizlreuth ist der Treiber. Das geht sie eigentlich gar nichts an.“ Der Schneizlreuther Bürgermeister Wolfgang Simon begegnet diesem Vorwurf gelassen. „Der Fritz Grübel ist ja ein guter Mann. Der hat ja vor langem damit angefangen, und das muss man natürlich würdigen. Aber ich muss auch um Verständnis werben, dass manche Forderungen überzogen waren.“ Simon spielt hier auf den Versuch an, sogar den Pkw-Verkehr auszugrenzen und die Geschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren.

„Straßen sind dazu da, um in die Arbeit zu kommen. Und ich rede auch für die Menschen im Pinzgau, das sind unsere Nachbarn. Das ist unerträglich. Das ist moderne Wegelagerei.“ Auch gefalle ihm der Ton aus der Nachbarstadt nicht: „Dieses Triumphierende, dieses Schneizlreuther Interessen völlig ignorierende Auftreten der Bürgerinitiative zerstört jegliches Verständnis. Dann bleibt mir nur noch die nüchterne Betrachtung: Für wen bin ich gewählt worden? Und dieses Herumpoltern, nach dem Motto ‚ich bin der schönere Gockel auf dem Misthaufen‘ und das Ignorieren der Rechtslage ist schon unangenehm.“ Zwar hätten die Schneizlreuther durchaus Verständnis für die Situation, „aber der Lieferverkehr soll durchfahren dürfen.“ Die Aufhebung der Tonnagebeschränkung ist für ihn erst einmal nur eine „nüchterne Feststellung. Ob unsere Klage die Regierung wachgerüttelt hat, weiß ich nicht.“

Die Tonnagebeschränkung am Thumsee musste wieder aufgehoben werden.

Die blaue Mautsäule soll versetzt werden, um Umfahrungen erfassen zu können

Dass die Strecke über den Thumsee ein Schleichweg für den Transitverkehr ist, verneinte Christian Rehm vom Staatlichen Bauamt Traunstein bei einer Veranstaltung mit dem bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter am Dienstagabend (16. Mai). Schließlich sei die B305 am Weinkaser wegen Sanierungsarbeiten gesperrt. Somit sei der Lkw-Verkehr die nächsten zwei bis drei Jahre gar nicht in der Lage auszuweichen. Dieser Sachverhalt erschwert nun aber die Ausarbeitung einer neuen Tonnagebeschränkung auf der St2101. „Wir müssten dafür eine Verkehrslenkerbefragung vornehmen, und das macht natürlich keinen Sinn, wenn da jetzt niemand fährt. Insofern wird der nächste Schritt sein, dass wir versuchen, die blaue Mautsäule zu verlegen“, so Lung.

Die Säule steht derzeit im Bereich des Saalachsees. Somit werden die Lkw, die von Salzburg kommend in Richtung Thumsee vorher abbiegen, nicht registriert. „Wenn wir damit erreichen, dass auch die erfasst würden, die bislang unerkannt über den Thumsee schleichen können, dann wäre aus Reichenhaller Sicht schon viel gewonnen“, erklärt Lung. Der Verkehrsminister betonte allerdings bei seinem Besuch in Bad Reichenhall, dass die Zuständigkeit in diesem Fall beim Bund liege.

Slotsystem am Brenner könnte zu Problemen führen

Für die kilometerlangen Staus am Großen Deutschen Eck während der Blockabfertigung in Tirol hatte Bernreiter auch eine Lösung in Aussicht gestellt: Mit den Kollegen aus Tirol und Südtirol habe man an der Brennerautobahn ein Slotsystem vereinbart. Doch diese Neuregelung könnte sich auch auf das Kleine Deutsche Eck auswirken. Lung ist skeptisch: „Da würde mich interessieren, wie das dann bei uns ablaufen soll. Weil da wieder die Gefahr besteht, dass derjenige, der nicht den passenden Slot kriegt, versucht auszuweichen.“ Simon sieht der Realität ins Auge: „Es ist doch Traumtänzerei, wenn wir glauben, wir könnten den Verkehr weg beten. Solange nicht auf Bundesebene eine ganz andere Philosophie gedacht wird, wird das ein Problem bleiben. Wir haben nur im begrenzten Maß die Möglichkeit, die Stellschrauben zu drehen.“

Verbote und Kontrollen zeigen Wirkung

Ansetzen lässt sich für die Kommunen bei den Kontrollen des Nachtfahrverbots am Kleinen Deutschen Eck. Zudem ist die Durchfahrt an der maroden Weißbachbrücke seit letztem Sommer für den Transitverkehr verboten. Inzwischen wird wöchentlich kontrolliert. Laut Landrat Bernhard Kern stellt der Innenminister auch für die nächsten Monate hierfür Kräfte zur Verfügung. Simon lobt, dass sich bezüglich der Kontrollen „tatsächlich etwas verändert hat“. Auch Lung bestätigt: „Die Polizei ist erfreulicherweise sehr aktiv und betreibt das mit einem großen Aufwand. Es hat sich auch gezeigt anhand der Quoten, dass sich das Verhältnis umgedreht hat. Am Anfang hatte man viele Treffer, fast keiner hatte eine Ausnahmegenehmigung. Mittlerweile ist es andersherum. Fast jeder hat eine Ausnahmegenehmigung. Die Verstoßquote ist erheblich zurückgegangen. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, die Kontrollen müssen auch bleiben.“ Somit findet aber auch der überregionale Transitverkehr inzwischen nur noch zu einem geringen Prozentsatz über die Bundesstraßen statt. Die Tonnagebegrenzung an der Weißbachbrücke hält Simon jedoch für ein „Spiel auf Zeit. Diese Zwischenlösungen sind für mich völlig uninteressant.“

Seit einem Jahr werden im Kleinen Deutschen Eck die Lkw-Verkehrszahlen mittels Seitenlinienradargerät erhoben. Zu Beginn hatte man eine höhere Belastung von etwa 24 Prozent an Tagen der Blockabfertigung festgestellt. Schließlich wurde die verkehrsrechtliche Anordnung erlassen, wonach an Tagen der Blockabfertigung ganztags ein Fahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen auf der B20/21 gilt. Zusammen mit der Maßnahme an der Weißbachbrücke sind die Zahlen dadurch nun bereits gesunken, nämlich um rund 20 Prozent. Simon sind die Zahlen dennoch zu hoch. Eine wirkliche Entlastung spüre man erst ab 50 Prozent. Die Gemeinde Schneizlreuth hat sich inzwischen sogar ein eigenes Zählgerät angeschafft, aber die Auswertung bereitet noch einige Schwierigkeiten.

Schwerlastverkehr muss auf das höhere Straßennetz

Beim Blick auf das Nachbarland muss Lung feststellen, „dass die Österreicher bei vielen Verkehrsthemen sehr viel pragmatischer an die Dinge herangehen.“ Mehr Bürgernähe zeige aber Bayern in Bezug auf die Kontrollen. „Die Österreicher hätten auch ein Nachtfahrverbot, kontrollieren aber nicht.“ Simon erklärt, der Bürgermeister von Unken habe ihm eine Planskizze für einen Lkw-Kontrollplatz gezeigt. „Zumindest gibt es einen Plan. Ob er entstehen wird, weiß ich nicht. Aber ich sehe das Bemühen, das von österreichischer Seite in den Griff zu kriegen.“ Über den Zusammenschluss „EuRegio“ findet zudem ein regelmäßiger kommunaler Austausch mit Österreich statt - auch in Bezug auf den Verkehr.

Für Lung sind nun vor allem die Landes- und Bundespolitik gefragt, das Problem am Kleinen Deutschen Eck zu lösen. „Der richtige Ansatz ist, dass sich der Schwerverkehr auf dem höheren Straßennetz befinden soll. Das heißt in unserem Fall, nicht auf der Staatsstraße, sondern auf der Bundesstraße, und wenn es ganz gut läuft, nicht auf der Bundesstraße, sondern auf der Autobahn.“

Trotz manch unterschiedlicher Ansichten loben die beiden Bürgermeister ihre Zusammenarbeit. „Das läuft sehr freundschaftlich und wir sind da auch eng abgestimmt“, erklärt Lung. „Wir verstehen uns gut, sehen die gemeinsamen Felder und sehen auch die unterschiedlichen Positionen. Die Kunst des Streitens ist, auf der Sachebene zu bleiben und es nicht mit Macht zu verknüpfen“, so sein Kollege Simon.

mf

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