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Einschnitte im BGL und in Traunstein

Droht weiteren Buslinien das Aus? RVO-Chef spricht Klartext und gibt Bekenntnis ab

Ein roter Bus der RVO steht am Busbahnhof in Berchtesgaden.
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Die Pläne der RVO erschütterten die Kommunalpolitik.

Die RVO musste für ihre Entscheidung, in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land mehrere Buslinien von ihrer Betriebspflicht zu entbinden, viel Kritik einstecken. Niederlassungsleiter Andreas Datz bekräftigt, dass das Ziel der Busgesellschaft nicht die Einstellung der Linienverkehre ist, sondern diese wirtschaftlich auf neue Beine zu stellen. Im Gespräch erklärt er, warum ein Entbindungsantrag für die aktuell betroffenen Linien eigentlich schon für diesen Sommer notwendig gewesen wäre, weshalb das Deutschlandticket „fatale Folgen“ verursacht und wie es nun weitergehen soll.

Berchtesgadener Land/Traunstein - Das kam überraschend: Als die Regionalverkehr Oberbayern GmbH (RVO) zum Saison-Fahrplanwechsel im Herbst die dauerhafte Entbindung von der Betriebspflicht bei der Regierung von Oberbayern für insgesamt sieben Buslinien in den beiden Landkreisen beantragte, sorgte das für Aufsehen. Nicht nur die beiden Landratsämter, sondern auch die Kommunalpolitik geriet in Aufruhr. Etwa einen Monat nach Bekanntgabe dieser Entscheidung geht Andreas Datz nochmal genauer auf die Hintergründe ein.

„Vorab etwas Grundsätzliches: Die Entbindung von der Betriebspflicht ist ein Fachbegriff, der bedeutet, dass wir von der Verpflichtung der Bedienung bestimmter Linien von der Bezirksregierung von Oberbayern entbunden werden“, erklärt der Niederlassungsleiter. Es gehe in erster Linie um einen rechtlichen Vorgang und bedeute nicht, dass der Betrieb unmittelbar eingestellt werde.

„Es braucht Zuschüsse der Landkreise“

„Im Kern geht es darum, dass diese Linien bisher eigenwirtschaftlich betrieben wurden, das heißt, dass die Umsätze aus den Linien die Kosten für den Betrieb decken konnten. Insgesamt lassen sich die Linien also nicht mehr nur aus Umsätzen decken; es braucht Zuschüssen der Landkreise“, so Datz. Damit diese bezahlt werden könnten, sei eine Entbindung von der Betriebspflicht eine von mehreren möglichen Lösungen. Der RVO-Niederlassungsleiter versichert, dass „die Einstellung der Linienverkehre nicht unser Ziel ist, sondern diese wirtschaftlich auf neue Beine zu stellen“. Insofern sei die Schülerbeförderung aus RVO-Sicht nicht gefährdet. 

Die RVO bekennt sich zu den Partnerschaften mit den Landkreisen, Gemeinden, Tourismusorganisationen und wolle den Betrieb in hoher Qualität auch weiterhin sicherstellen. „Dafür braucht es aber eine wirtschaftliche Neuaufstellung.“

Probleme starteten schon vor der Pandemie

Die Busgesellschaft werde schon seit einigen Jahren von einer negativen Entwicklung im eigenwirtschaftlichen Linienverkehr begleitet, die bereits von Corona begonnen habe. „Zum damaligen Zeitpunkt konnten wir zumindest in den sogenannten Linienbündeln - also der Gesamtheit der Linien in einer Region - noch wirtschaftlich vertretbare Ergebnisse erzielen, wenn gleich auch einzelne Linien defizitär waren und sind. Da dieser Negativtrend kontinuierlich anhält, musste ich als Unternehmer vor Ort entsprechend reagieren“, schildert Datz.

Er verweist auf den Kostenindex des Landesverbands Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO), der sich in den vergangenen Jahren um 24,45 Prozent erhöht habe. Darunter fallen Personalkosten, die laut Datz „bei der RVO aufgrund des letztjährigen Tarifabschlusses deutlich über dem LBO liegen“, sowie Kosten für Treibstoff, Reifen und Reparaturen und erhöhte Standzeiten der Busse in den Fremdwerkstätten. „Was uns dazu zwingt, mehr Busse in Reserve vorzuhalten“, erläutert der RVO-Verantwortliche.

Neue Kosten

Zudem seien Zusatzkosten angefallen, die es vor einigen Jahr laut Datz noch nicht gab, unter anderem für die Übernahme der Führerschein-Kosten, die Anmietung von Übergangswohnungen für neu ankommende Fahrer und Prämien für Dienstübernahmen. „Zusätzlich stiegen unsere Kosten für den Einsatz unserer Auftragnehmer um rund 30 Prozent an.“

Dass die Entscheidung zu wenig Begeisterung bei Partnern und Kunden in der Region führen würde, „war mir klar und ist auch nachvollziehbar“. Die rechtliche Prüfung sei völlig legitim und auch für die RVO sehr wichtig, da sie auf Basis der Entscheidung von der Regierung von Oberbayern künftige Maßnahmen entsprechend in Betracht ziehen könne - oder auch nicht.

Wenn das Deutschlandticket zum Bumerang wird

Weshalb das Deutschlandticket, das mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV anregt, paradoxerweise die Situation für die Busgesellschaft verschlimmerte, verdeutlicht der Niederlassungsleiter so: „Wenn an den Bahnhöfen in Traunstein oder Bad Reichenhall 70 Fahrgäste der BRB, die ein Deutschlandticket besitzen, in unsere Busse umsteigen, sind unsere Fahrzeuge zwar gefüllt. Aber unser Erlösanteil liegt bei null Euro, da die Verkaufserlöse für das Deutschlandticket zu 100 Prozent beim verkaufenden Unternehmen verbleiben.“ Insbesondere in touristischen Gebieten reisen immer mehr Gäste mit dem Deutschlandticket an und nutzen die regionalen Busverbindungen. „Aus ökologischer Sicht richtig – aus ökonomischer Sicht fatal.“

Höhere Ausgleichszahlungen sind aus der Sicht des Niederlassungsleiters nur als erste Maßnahme sinnvoll, würden aber aus seiner Sicht die Problematik der ÖPNV-Finanzierung für die nächsten Jahre nicht lösen. „Fahrzeugförderung, Energiepreisentwicklung, Bürokratieabbau, schnellere Umsetzung von On-Demand-Verkehren, insbesondere in ländlichen Regionen und noch vieles mehr wären Ansätze, mit denen man den aktuellen Problemen begegnen sollte.“ Das sei aber auch Aufgabe der Fachverbände, die im Austausch mit der Politik und den Verkehrsministerien aktiv seien.

Absicht hinter dem Zeitpunkt der Bekanntgabe?

Hinter vorgehaltener Hand wunderte sich mancher Kommunalpolitiker über den Zeitpunkt der Bekanntgabe vonseiten der RVO. Denn in den vergangenen Wochen erhielten die Gemeinden Ramsau und Schönau Taktverdichtungen. Gleichzeitig segneten viele Kommunen und Städte, aber auch der Kreistag ihre Haushalte ab. „Vielleicht Absicht?“, hörte man hier und dort.

„Diese Vermutung ist falsch“, betont Datz. „Der Zeitpunkt richtete sich nach der prekären finanziellen Situation meiner Niederlassung und dem Bewusstsein, dass ein Entbindungsantrag bereits für diese Sommersaison – obwohl notwendig – zu einer noch größeren Verunsicherung geführt hätte.“

„Weitere Anträge wären wirklich die letzte Option“

Dass es noch weitere Linien in den Landkreisen erwischt, konnte Datz schon vor über einem Monat nicht ausschließen. „Es zeichnet sich auch nicht ab, dass sich das in den nächsten Jahren entspannen wird. Deswegen bleibt nichts anderes übrig, als jetzt einen ersten Aufschlag zu machen“, hatte er bereits im April mitgeteilt. Die sieben Linien seien derzeit diejenigen, die wirtschaftlich am stärksten zu Buche schlagen. Jetzt teilte er mit, dass sich die RVO mit Aufgabenträgern und Touristikern im engen Austausch befinde, um alle möglichen Optionen zu besprechen. „Ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten zu Lösungen kommen, die auch weiterhin einen attraktiven Linienverkehr in der Region anbieten zu können. Weitere Entbindungsanträge wären wirklich die letzte Option.“

Die Taktverdichtungen auf einzelnen Linien im Landkreis Traunstein und Berchtesgadener Land zeigen ja gerade, dass es einer Zubestellung von Kursen bedarf, weil diese in der Eigenwirtschaftlichkeit nicht mehr darstellbar sind.

Andreas Datz, RVO-Niederlassungsleiter

Datz hält es nicht für ein falsches Signal, dass mitten im ÖPNV-Ausbau, in Zeiten des Klimawandels und der Mobilitätswende, die RVO eine solche Entscheidung trifft. „Ganz im Gegenteil: Die Taktverdichtungen auf einzelnen Linien im Landkreis Traunstein und Berchtesgadener Land zeigen ja gerade, dass es einer Zubestellung von Kursen bedarf, weil diese in der Eigenwirtschaftlichkeit nicht mehr darstellbar sind.“

Mehr Finanzmittel für attraktiven ÖPNV gefordert

Somit wäre eine Notvergabe seitens der Landkreise „doch eine tolle Gelegenheit, über das bestehende Fahrplanangebot hinaus, zusätzliches Fahrplanangebot anzubieten – dann allerdings komplett im Bruttoverkehr“. Das bedeute: Das Verkehrsunternehmen werde entsprechend beauftragt und sämtliche Erlöse würden an den Landkreis abgeführt.

Doch wie können die Kommunal-, aber auch die Landes- und Bundespolitik dafür sorgen, dass es nicht mehr zu solchen aufsehenerregenden Maßnahmen und negativen Entwicklungen kommt? „In dem sie sich ihrer Verantwortung bewusst werden“, meint Datz. „Es gilt also, den Klimazielen gerecht zu werden und die entsprechenden Finanzmittel für einen attraktiven ÖPNV – auch in der Region – bereitzustellen.“

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