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In der letzten Reichenhaller Stadtratssitzung wurde bekannt, dass Dr. Pia Heberer als Stadträtin aufhört. Im Interview mit BGLand24.de bestätigt die Grünen-Politikerin nun, dass sie auch im Kreistag ihr Amt niederlegt. Was sind ihre Beweggründe und wie geht es nun weiter?
Frau Dr. Heberer, Sie haben ja in der letzten Stadtratssitzung bekannt gegeben, dass Sie Ihr Amt niederlegen. Warum?
Ich habe mich schon seit längerer Zeit mit den Kirchen und Klöstern auf den Kanarischen Inseln beschäftigt. Die Christianisierung dort hat eine ganz eigene Architektur hervorgebracht. Es gibt dort wahnsinnig viele kleine Kirchen, die bei uns eher Kapellen heißen würden und auch kleine Klöster. Ich fand das Thema ganz spannend. Wir haben schon während Corona eine Reise gemacht und Kirchen fotografisch dokumentiert. Viele waren aber damals geschlossen. Wir wollten jetzt noch eine zweite Reise machen, wo wir auch die Ausstattung und die Kirchen und Klöster von innen sehen können. Außerdem hat sich noch etwas weiteres entwickelt. Ein Bekannter von mir aus Heidelberg hatte eine Studentin, die bei ihm über Frauenklöster promoviert hat und die jetzt in Mexiko an der Uni ist. Da haben wir die Möglichkeit gefunden, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Im März werden wir mit einem Projekt anfangen, in dem wir zwei Frauenklöster bearbeiten, also vermessen, fotografieren und untersuchen. Das sind für mich spannende Dinge, die letzten Endes aber auch dazu führen, dass ich monatelang weg bin.
Und das lässt sich dann nicht mit Ihrem Ehrenamt vereinbaren.
Das lässt sich ganz schwer vereinbaren.
Sie hatten ja den hybriden Stadtrat beantragt, bei dem eine Teilnahme an den Sitzungen auch per Videocall möglich sein soll. Die Zweidrittelmehrheit wurde jedoch nicht erreicht. Würden Sie das Amt weitermachen, wenn dies machbar gewesen wäre?
Damals war meine Intention schon, das weiterzumachen, wenn das möglich wäre. Mittlerweile ist es aber so, dass ich sage, das hat jetzt keinen Sinn, selbst wenn diese Hybrid-Geschichten durchgegangen wären, weil das inzwischen größere Dimensionen angenommen hat. Damals war das Projekt Mexiko noch nicht absehbar. Und wenn sich das ausweitet, muss man sich darauf konzentrieren. Die Arbeit im Stadtrat ist wesentlich intensiver geworden. Wir haben jetzt alle drei Wochen Sitzung und nicht mehr alle vier. Mittlerweile möchte ich mich nicht mehr so binden.
Sie sind ja damals auch ziemlich heftig verbal angegriffen worden. Wie steckt man so etwas weg?
Ich kann sagen, dass es - ohne Namen zu nennen - im nicht-öffentlichen Teil nicht weniger heftig zuging. Das mag mit ein Grund sein, dass mir das ein wenig die Freude genommen hat. Wenn man das Gefühl hat, dass Hybridsitzungen fast schon abgelehnt werden, weil man mich persönlich loswerden will, dann ist das schon ein deutliches Zeichen. Mich haben viele Leute gewählt, die mich auch im Stadtrat haben wollten. Manchmal bin ich unbequem und habe eine andere Meinung. Ich gehöre oft zu denen, die überstimmt werden. Nichtsdestotrotz dachte ich mir, steter Tropfen höhlt den Stein und man kann immer wieder versuchen, Themen wie bessere Fahrradwege oder Carsharing einzubringen, um das einfach mal ins Bewusstsein zu bringen. Ich hatte aber das Gefühl, dass ich da so dermaßen auf harten Beton beiße. Das macht einen dann auch mürbe. Wenn dann noch persönliche Animositäten dazu kommen, geht irgendwann die Luft raus. Dann beschäftige ich mich lieber mit Dingen, die Freude machen und wo ich positive Resonanz habe. Das habe ich jetzt bei der Forschung.
Haben Sie das Gefühl, dass der Stadtrat Neuerungen gegenüber unflexibel ist?
Besonders flexibel finde ich den Stadtrat nicht. Man muss sich nur mal den Altersdurchschnitt angucken. Ich bin auch nicht mehr die Jüngste. Ich werde 66. Aber es gibt Stadträte, wo ein bisschen mehr Schwung drinnen ist. Man merkt, dass viele Leute schon seit 30 Jahren im Stadtrat sind. Sie haben sicher auch wertvolle Arbeit geleistet, das will ich nicht klein reden. Im Kreistag hingegen geht das ja mit Hybridsitzungen. Da merke ich auch, dass einige dort sind, die darauf angewiesen sind. Wenn etwa das Kind krank ist, kann man so dennoch an der Sitzung teilnehmen. Wenn im Kreistag keine Hybridsitzungen möglich wären, wäre die Fehlquote viel höher. Es gibt auch immer Leute, die vielleicht keine Lust haben, hinzufahren. Aber das ist eine verschwindend geringe Menge. Es gibt immer mal wieder welche, die das ausnutzen. Damit muss man leben.
Bleiben Sie im Kreistag?
Nein. Ich habe mich in Abstimmung mit den Kollegen entschieden, auch aus dem Kreistag auszuscheiden. Eben genau aus diesen Gründen. Es wird so sein, dass ich wahrscheinlich ein halbes Jahr im Jahr weg bin. Und da ist es bei dem, was ansteht - Berufsschule, Krankenhaus, Bobbahn - einfach besser, wenn man da ist. Dort läuft es auch in gutem Einvernehmen. Um den Kreistag tut es mir wirklich leid. Um den Stadtrat auch, aber da ist es überschattet von dem, dass ich mitbekommen habe, was viele Kollegen von mir denken.
Wie sieht es mit Ihrer Nachfolge im Kreistag und im Stadtrat aus?
Im Kreistag wird das geklärt, das ist kein Problem. Aber da möchte ich auch nicht vorgreifen. Da sollten wir einfach abwarten. Im Kreistag bleibe ich bis zum 21. November. Wir werden auch die Fraktionssitzungen hybrid machen. Wer im Stadtrat die Nachfolge macht, weiß ich nicht.
Aber Sie bleiben zumindest Ihrer Partei erhalten?
Ja. Es ist ja kein Problem, an Fraktionssitzungen teilzunehmen, auch wenn man nicht in der Fraktion ist. Natürlich nur im öffentlichen Teil. Und da werde ich auch dabei bleiben. Ich habe mit Dr. Lung gesprochen, wenn irgendetwas in der Stadt ist und er eine Stimme von außen hören möchte, können wir uns gerne zusammen setzen. Es ist nicht so, dass ich jetzt blockiere oder beleidigt bin.
Gibt es ein Thema, das Ihnen zu Bad Reichenhall nach wie vor am Herzen liegt?
Mein Hauptthema ist der Wohnungsmarkt. Da bin ich der Auffassung, dass die Stadt mehr von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen müsste, einfach um mehr den Daumen auf den Wohnungsmarkt zu kriegen. Ich sehe es als problematisch an, wenn man sich die Bevölkerungspyramide anschaut. Wir brauchen junge Menschen, die auch die alten versorgen. Viele arbeiten im Niedriglohnsektor. Wir brauchen Wohnraum für diese Menschen. Da fehlt es mir, dass man auch mal innovative Projekte angeht. Ich habe das immer mit Kirchanschöring angeführt, wo die Gemeinde selbst ein Gebäude errichtet mit einem Konzept, bei dem die älteren Leute in ihrer eigenen Wohnung bleiben können. Wir haben in der Stadt einige Grundstücke, auf denen Parkplätze sind. Da hätte ich mir mehr Initiative gewünscht. Ich bin froh, dass die Bebauung in der Auenstraße umgesetzt wird. Diese Lösung hätte man schon vor fünf Jahren finden können. Ich würde mir auch eine fahrradfreundlichere Stadt wünschen. Wir haben tolle Wege für Touristen, aber wenn Sie am Wochenende mit dem Fahrrad an der Saalach entlang fahren, dann wird es schon eng. Verkehrspolitisch kann man noch einiges tun. Was ich positiv sehe, ist, dass die Stadt endlich ein ISEK macht. Da gibt es viele Ideen. Ich hoffe, dass das kein Papiertiger wird und dass es finanziell möglich sein wird, davon einiges umzusetzen.
Noch einmal zu Ihrer Zukunft: Kanarische Inseln und Mexiko klingen sehr spannend. Ist ja auch ein ziemliches Kontrastprogramm zu Bad Reichenhall. Klingt ein bisschen nach Urlaub.
Ja, das tut auch gut. Man muss schon über den Tellerrand schauen. Es ist natürlich eine Kombination. Ich werde auf den Kanarischen Inseln auch Urlaub machen und über Weihnachten nicht durcharbeiten. Und auch in Mexiko bleibe ich vielleicht ein paar Tage länger. Wohnsitzmäßig bin ich weiter in Bad Reichenhall. Und dann ist für mich aber auch irgendwann einmal das Berufsleben zu Ende. Dann möchte ich dem Reisen treu bleiben. Das ist etwas, das mir sehr viel Freude macht. Ich habe auch bei Plan International Patenkinder in Südamerika und habe vor, sie zu besuchen. Es ist wichtig, die Kinder dort in die Schule zu bringen. Auch hier bei uns haben wir das Problem bei Flüchtlingen, da würde ich mir schon wünschen, dass man gute Wege findet, die Kinder zu integrieren. Wir müssen massiv an der Schraube drehen, sonst überrollt uns das Ganze. Ich würde dann, wenn ich in Rente bin, auch gerne mehr Zeit in den sozialen Bereich investieren. Das ist mir im Moment leider nur schwer möglich.
Herzlichen Dank, Frau Dr. Heberer, für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!