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Stadträtin Heberer tritt zurück

Reichenhall setzt auf Wasserkraft: Warum die „Nonner Rampe“ aber auch ordentlich Kritik erntet

Nonner Rampe in Bad Reichenhall
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An der Nonner Rampe soll das neue Wasserkraftwerk entstehen.

Im Bad Reichenhaller Stadtrat wurden die aktuellen Pläne zum Wasserkraftwerk an der Nonner Rampe vorgestellt. Neben Zustimmungen gab es auch Skepsis aufgrund der geringen Niederschläge. Zudem wurde bekannt gegeben, dass Dr. Pia Heberer als Stadträtin zurücktritt.

Bad Reichenhall – Die Planungen zum Wasserkraftwerk an der Nonner Rampe schreiten voran. In der gestrigen Stadtratssitzung (24. Oktober) wurden diese vorgestellt. Mit drei Gegenstimmen bekundeten die Mitglieder per Beschluss ihr Einverständnis. Stadtwerke-Vorstand Peter Fösl betonte, dass man mit dem Bayerischen Klimaschutzgesetz, das vorsieht, Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen, eine „epochale Aufgabe“ vor sich habe. Zwar käme bereits die Hälfte des Stromes aus erneuerbaren Energien, aber der Bedarf an Strom werde durch den Mehrverbrauch im Verkehr- und Wärmesektor weiter steigen. „Jede Kilowattstunde zählt.“

Im Gegensatz zu PV- und Windkraftanlagen – nachts scheint keine Sonne und es gibt auch nicht immer Wind – handle es sich bei der Wasserkraft um eine grundlastfähige Erzeugungstechnologie. Mit ihr könne der Stromverbrauch der Stadt zu zehn Prozent sicher gedeckt werden. Für das Wasserkraftwerk soll eine eigene Gesellschaft gegründet werden, an der sich die Landeskraftwerke sowie die Stadtwerke zu jeweils 50 Prozent beteiligen. Im Anschluss stellte Jochen Zehender, Geschäftsführer der Bayerischen Landeskraftwerke, den aktuellen Stand der Planungen vor. Das Projekt umfasst vier Baumaßnahmen:

1. Kraftwerk an der Nonner Rampe inklusive Betriebsgebäude und Fischaufstiegshilfe

Für das Kraftwerk sind zwei Tröge vorgesehen, mit denen die Rampe überbaut wird. Die Module werden dabei nur eingehängt und können bei Hochwasser gehoben und weiter betrieben werden. Zudem kann das Wasser dadurch den Kies ins Unterwasser befördern. „Die Rampe besteht seit vielen Jahren und ist ein Hindernis für Fische“, so Zehender. Derzeit sei sie nur für schwimmstarke Fische durchgängig. Mit der neuen Aufstiegsanlage soll sich dies ändern. Auch flussabwärts werden die Fische dann am Kraftwerk vorbei geleitet. Zusätzlich wird es einen weiteren Abstieg über eine Wehrklappe geben. Konkrete Daten zum Kraftwerk:

  • Fallhöhe: ca. 2,8 m
  • Durchfluss: bis zu 50 m³/s
  • Leistung: 1080 kW

2. Ersatzbau des Nonner Stegs

Die Lebensdauer des Nonner Stegs neigt sich dem Ende zu. Ein vom Kraftwerk unabhängiger Neubau läge bei den Kosten höher, bestätigte Bauamtsleiter Thomas Knaus. Um die Verbindung zwischen der Innenstadt und dem Ortsteil Nonn aufrecht zu erhalten, soll der neue Steg mit einem geschwungenen Verlauf auf das Kraftwerk aufgesetzt werden und sich somit etwas weiter flussaufwärts als bisher befinden. Er wird dann nicht nur für Fußgänger begehbar, sondern auch von Radfahrern genutzt werden können.

Das Projekt im Querschnitt, links die Innenstadt. Das Kraftwerk am linken Ufer besteht aus zwei Trögen, darüber führt der neue Steg nach Nonn.

3. Düker

Einige Meter flussabwärts vom neuen Kraftwerk wird eine unterirdische Flussquerung für Versorgungsleitungen gelegt, ein sogenannter Düker. Bisher waren die vorhandenen Versorgungsleitungen direkt am Nonner Steg angebracht. Im Verlauf der Variantenuntersuchung wurde auch diese Herangehensweise für die zukünftige Planung in Erwägung gezogen. Allerdings wurde sie aus Gründen der Leitungsführung, zur Gewährleistung des Freispiegels für die Saalach und aus wirtschaftlichen Überlegungen später wieder verworfen.

Der neue Steg (links) wird eine geschwungene Form haben. Rechts in grün der unterirdische Düker. Auf dem Areal des geplanten Klinikums (unten) wird wahrscheinlich die Baustelle eingerichtet.

4. Abbruch des bestehenden Nonner Stegs

Zuletzt muss natürlich der alte Steg entfernt werden. Dies wird allerdings erst geschehen, wenn die neue Brücke fertiggestellt ist. Ein Interimsbauwerk ist dadurch nicht notwendig. Außerdem soll auf der Nonner Seite im Sinne einer ökologischen Aufwertung ein Seitengewässer mit Inseln entstehen. „Fische können dort laichen. Man kann direkt ans Gewässer rangehen. Die Menschen sollen auch etwas davon haben“, erklärte Zehender das neue Naherholungsgebiet.

Mit den vier Bauvorhaben ergeben sich auch drei unterschiedliche Bauherren: Die Bayerischen Landeskraftwerke, die Stadtwerke und die Stadt selbst. Derzeit läuft die Ausarbeitung der Unterlagen für das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren. Die Kosten werden hier unter den drei Bauherren anteilig aufgeteilt. Für den weiteren Genehmigungsprozess baten die Landeskraftwerke um Zustimmung der Stadt per Beschluss in folgenden Punkten:

  • Stadt und Stadtwerke verpflichten sich, die Kosten des wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens entsprechend dem Tatbestand-Anteil zu tragen.
  • Stadt und Stadtwerke erklären die verbindliche Übernahme der ihrem jeweiligen Einzelbauwerk zugeordneten Pflichten gegenüber der Genehmigungsbehörde und stellen die Landeskraftwerke von sämtlichen Ansprüchen frei.
  • Es wird eine verbindliche Regelung hinsichtlich der Zuordnung der Bauwerksteile, deren Kosten und Unterhaltslasten getroffen.
  • Die Stadt überlässt den Landeskraftwerken zeitnah die notwendigen Ausgleichsflächen zu marktüblichen Konditionen. Hier wurde vereinbart, dass die Stadt lediglich eine grundsätzliche Unterstützung bei der Suche nach Ausgleichsflächen anbieten kann. Konkrete Beschlüsse zu diesem Thema können erst getroffen werden, nachdem die abschließende naturschutzfachliche Eingriffs- und Ausgleichsbewertung durchgeführt wurde und gegebenenfalls die genaue Zuordnung auf städtischen Grundstücken erfolgt ist.
  • Der aktuellen Planung des Ersatzbauwerks für den Nonner Steg soll für das Genehmigungsverfahren zugestimmt werden.

Zeitplan und Kosten

Zum Zeitplan erklärte Zehender, dass nun die Antragsunterlagen für die wasserrechtliche Genehmigung beim Landratsamt fertig gestellt werden. Im Anschluss wird das Projekt durch Fachstellen geprüft. Es folgen eine Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Gutachten und Stellungnahmen. Nach einem Erörterungstermin soll dann die Genehmigung erteilt und schließlich der Baubeschluss gefasst werden. Der Prozess bis zum Baubeschluss werde etwa ein Jahr dauern. Für die Planungskosten sind im Haushalt 100.000 Euro vorgesehen. Da zum aktuellen Zeitpunkt noch keine verlässlichen Planungen vorliegen, die genaue Abgrenzung der Bauteile noch nicht feststeht und somit auch keine präzise Kostenschätzung existiert, kann die vollständige finanzielle Belastung für die Stadt derzeit noch nicht beziffert werden.

Die Diskussion: Skepsis bei der Grundlastfähigkeit

Dr. Herbert Lackner (Liste Lackner) befürwortete mit seiner Fraktion den Bau. Dennoch warnte er vor dem Widerstand der Bürger. „Wir können viel für die Akzeptanz tun, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger von Reichenhall einbinden.“ Geschehen solle dies durch eine genossenschaftliche Beteiligung, wie es sie im Landkreis etwa schon bei Bürgersolarparks gebe. Schließlich habe man bereits zuvor über solch eine Beteiligung geredet. Dem widersprach Martin Schoberth (CSU). Es sei lediglich ein Finanzierungsmodell durch Anleihen im Gespräch gewesen. „Über die Form sind wir gesprächsbereit. Wenn die finanzielle Beteiligung nicht gesichert wird, behalten wir uns aber vor, das Projekt komplett abzulehnen“, erwiderte Lackner.

Guido Boguslawski hakte unter anderem bei der Grundlastfähigkeit nach und erkundigte sich, ob die Wirtschaftlichkeit auch noch bei Hoch- und Niedrigwasser gesichert sei. Zehender erklärte, dass die gefühlte Wasserabnahme nicht richtig sei. „Es gibt auch feuchte Jahre. Dieses Jahr war gut. So ist es im Jahresverlauf immer wieder mal mehr und mal weniger. Es ist nicht so, dass weniger Niederschläge fallen.“ Das Kraftwerk sei sowohl bei Hoch- als auch bei Niedrigwasser betreibbar. Man könne die Schaufeln verstellen und so immer noch Strom erzeugen. Es werde aber immer wieder Tage geben, an denen keine Volllast erreicht werde. Zum Zeitpunkt der Berechnung sei das Kraftwerk auf jeden Fall wirtschaftlich. Eine erneute Berechnung werde zum Baubeschluss erfolgen.

Von den Grünen kam angesichts des Klimawandels ebenfalls Kritik an der Gundlastfähigkeit. „Es ist erschreckend, wie wenig Wasser in der Saalach ist“, äußerte Michael Nürbauer. „Es ist mir zu wenig zu sagen, es regnet mal mehr und mal weniger. Da fallen wir mit so einer Planung gewaltig auf die Nase. Aufgrund der klimatischen Veränderungen kann man so eine Planung auch ohne Gesichtsverlust zurücknehmen.“ Pia Heberer beanstandete, dass die Berechnungen „schon sehr nach dem Bauch gehen. Die Niederschlagsmengen werden sukzessive weniger. Ich bitte darum, die Grundlastfähigkeit mit guten Zahlen zu belegen.“ Zehender versicherte: „Die Turbinen werden das ganze Jahr gut ausgelastet sein.“

Hans Hartmann (CSU) zeigte sich begeistert über die Verbesserung des ökologischen Zustands und die Langlebigkeit von Wasserkraftwerken. „Das Saalachkraftwerk liefert seit 100 Jahren Strom. Da investiert man einmal Geld und hat für die Bürger lange etwas.“ Fritz Grübl (FWG) brachte die Saalachresolution auf den Tisch. Im Jahr 2001 hatten alle 15 Anliegergemeinden des Salzburger Landes und Bayerns sich verpflichtet, keine Bauwerke am Fluss zu errichten. Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung (CSU) sah darin jedoch kein Hindernis.

Dr. Pia Heberer tritt als Stadträtin zurück

Zum Ende der Stadtratssitzung gab Lung noch bekannt, dass Heberer ihr Ehrenamt als Stadträtin niederlegt. Er würdigte mit einem Blumenstrauß die von ihr eingebrachte Arbeit und Zeit sowie den gegenseitigen Respekt. Heberer bedankte sich bei den Kollegen für die „manchmal konstruktive, manchmal streitbare Zusammenarbeit.“ Aus beruflichen Gründen sei es ihr nicht mehr möglich, an den Sitzungen teilzunehmen. Die nächsten drei Monate sei sie auf den Kanarischen Inseln, später dann für sechs Wochen in Mexiko beim Arbeiten. Im Februar hatte Heberer beantragt, auch per Videostream an den Sitzungen teilnehmen zu können. Der Antrag wurde heiß diskutiert und erreichte nicht die benötigte Zweidrittelmehrheit. In der nächsten Sitzung soll geklärt werden, wer das Mandat übernimmt.

mf

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