Produktionsstopp?
Tesla in Grünheide: Aufruhr um Schadstoffe - „mehrere Abmahnungen ergebnislos“
Um Tesla in Grünheide gibt es neuen Wirbel: Im Abwasser wurden viel zu hohe Mengen an Schadstoffen festgestellt, warnt der lokale Abnehmer - und plant drastische Konsequenzen.
Grünheide/München - Tesla hat in Grünheide derzeit wieder mit viel Gegenwind zu kämpfen: Zum einen hat sich die Bevölkerung in einem Votum gegen die von Elon Musk geplante Erweiterung der Produktionsstätte ausgesprochen, nun verschärft sich auch der schon länger anhaltende Vorwurf des sorglosen Umgangs mit Wasser:
Seit der Inbetriebnahme im März 2022 seien von dem Werk aus wesentlich mehr Schadstoffe ins Abwasser geraten, als gesetzlich zulässig. Bei den festgestellten Stoffen handelt es sich um Phosphor und Gesamtstickstoff, wobei der erlaubte Wert um das bis zu Sechsfache überschritten worden sei.
Tesla in Grünheide: Regionaler Wasserverband schlägt Alarm
Die Vorwürfe stammen vom Wasserverband Straußberg-Erkner (WSE), dem regionalen Abwasserabnehmer. Der Trinkwasserversorger hat laut Medienberichten zu einer außerordentlichen Versammlung eingeladen, wo es zu einer weitreichenden Entscheidung kommen könnte: In dem Schreiben an zuständige Bürgermeister stehe die Aufforderung, die Abwasserentnahme von Tesla einzustellen. Das würde in Grünheide wohl zwangsläufig einen vorläufigen Produktionsstopp bedeuten.
Es ist das nächste Kapitel einer Kritikwelle an Tesla, die auch auf Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Produktionsstätte in Brandenburg auf Natur und Umwelt basiert. Für die geplante Werkserweiterung müssten zum Beispiel neue Grünflächen gerodet werden. Doch in einem Votum stimmte die Mehrheit der Bevölkerung dagegen:
Grünheide: Verschmutzt Tesla Berliner Wasser? „Abmahnungen ergebnislos“
Der Tagesspiegel schildert den Inhalt der eingebrachten Beschlussvorlage des Wasserverbandes: „Ständig und in erheblicher Weise“ würden die Grenzwerte des Vertrages zwischen Tesla und dem WSE verletzt. „Mehrere Aufforderungen und Abmahnungen blieben ergebnislos, eine Abhilfe wurde für die Zukunft weder angegangen noch in Aussicht gestellt“, so die Kritik des Wasserversorgers.
Tesla wurde demnach seit März 2023 fünfmal schriftlich auf die Grenzwertüberschreitungen hingewiesen worden, worauf jedoch nichts passiert sei. Wie der Stern ausführt, hatten sich Tesla und der WSE im Jahr 2020 vertraglich auf die Grenzwerte geeinigt. Ein beauftragtes Fachlabor führt seit der Inbetriebnahme des Tesla-Werks offenbar regelmäßig Abwasserproben durch und wertet diese aus.
Über das Ausmaß der Folgen sind sich Beteiligte und Experten offenbar uneinig: Die Berliner Wasserbetriebe (BWB), die laut Tagesspiegel für den WSE das Abwasser von Tesla im Klärwerk Münchehofe klären, sind mit der Problematik vertraut, geben jedoch Entwarnung. Laut Sprecher Stephan Natz gibt es „keine Gefährdung“ - und keinen Einfluss auf die Berliner Trinkwasserversorgung. Sascha Gehm, ein zuständiger Kommunalpolitiker des Landkreises Oder-Spree, bezeichnet das Vorgehen gegen Tesla in dem Bericht gar als „völlig unverhältnismäßig“.
Tesla unter Beschuss wegen Abwasserproblem - Behörde hält Kritik für überzogen
Dabei ist der Hintergrund der Problematik offenbar auch technischer Natur: Es handelt sich bei dem Abwasser mit den erhöhten Werten angeblich nicht um industrielles Abwasser, dass aus der Fertigung der Elektroautos entstammt. Tesla habe in Grünheide eigene „umfangreiche Abwasseraufbereitungsanlagen zur vollständigen Rückgewinnung von Prozessabwasser“, bei dem monierten Abwasser handele es sich laut Hersteller hauptsächlich um Abwässer aus dem Betrieb der sanitären Anlagen und Küchen.
Genau dieses sauberere Abwasser ohne Chemikalienrückstände kollidiert laut Tagesspiegel aber mit den vereinbarten Messwerten. Tesla sei der Ansicht, das Abwasser ist in Sachen Qualität mit einem „typischen kommunalen Abwasser“ vergleichbar. Der erhöhte Stickstoffgehalt sei lediglich der internen Wasseroptimierung bei Tesla geschuldet. Geht es nach den Berliner Wasserbetrieben, müssten sich der US-Hersteller und die WSE auf eine vertragliche Anpassung der Werte einigen - das sei aus ihrer Sicht mit umweltrechtlichen Bestimmungen vereinbar.
Tesla, Stickstoff und Phosphor: Wissenschaftler warnt vor Konsequenzen
Der Stern berichtet derweil, dass Tesla sehr wohl auf die Hinweise des Wasserverbandes Straußberg-Erkner reagierte und eine Verdoppelung des erlaubten Stickstoffwerts vorschlug, was die WSE jedoch ablehnte. In dem Bericht kommt mit Martin Pusch vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) derweil ein Wissenschaftler zu Wort. Und dessen Einschätzung stärkt die Tesla-Kritiker. Denn ihm zufolge seien durch die erhöhten Schadstoffe Konsequenzen für die Trinkwasserqualität in der Hauptstadt denkbar, aber auch die Natur:
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Laut Pusch wird das Tesla-Abwasser von der Kläranlage Münchehofe (an der östlichen Grenze Berlins) in die Spree geleitet, von wo aus sie im Sommer in den Müggelsee fließt. Von dort wiederum bezieht eines der größten Wasserwerke der Metropole H2O aus dem Uferfiltrat. „Massenhaftes Algenwachstum wäre wahrscheinlich, und auch Fischsterben nicht auszuschließen“, erläutert der Wissenschaftler.
Im vergangenen Jahr geriet Tesla in Grünheide auch wegen mangelhafter Arbeitsbedingungen in den Blickpunkt. (PF)
