US-Konzern relativiert
„Atmosphäre der Angst“: Tesla-Mitarbeiter kämpfen um bessere Arbeitsbedingungen in Grünheide
Tausende Mitarbeiter der Tesla-Fabrik in Grünheide sind einem Aufruf der IG Metall gefolgt und fordern bessere Arbeitsbedingungen. Der US-Konzern relativiert.
Stuttgart/Grünheide - Seit US-Konzern Tesla im März 2022 die „Giga Berlin“ im brandenburgischen Grünheide offiziell eröffnet hat, gibt es immer wieder Meldungen von extremen und auch gefährlichen Arbeitsbedingungen im großen E-Auto-Werk. Bauarbeiter klagten bereits beim Bau der Fabrik über extreme Arbeitsbedingungen und Tesla-Mitarbeiter packten über „Hardcore“ Arbeitsbedingungen aus, bei der die Arbeit „alles verzehrend“ geworden sei. Die Gewerkschaft IG Metall kämpft in Brandenburg seit langem für bessere Bedingungen, hat gerade bei Tesla aber einen schweren Stand. Der Tesla-Betriebsrat kritisierte die IG Metall bereits für deren Einmischung.
In der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober sind laut einer Mitteilung der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen mehr als 1.000 Angestellte der Tesla-Fabrik einem Aufruf der Gewerkschaft gefolgt und haben die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen laut gemacht. „Seit heute Nacht bekennen sie sich gemeinsam offen im Werk in Grünheide zu ihrer Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen und zur IG Metall“, heißt es in der Mitteilung. Die Protestaktionen wurden am Montag fortgesetzt, der Autokonzern selbst weißt die Vorwürfe der Gewerkschaft allerdings zurück.
IG Metall startet Protestaktion bei Tesla in Grünheide - US-Konzern weißt Vorwürfe zurück
Konkret hat die IG Metall vor dem E-Auto-Werk von Tesla in Grünheide Textilaufkleber an die Mitarbeiter verteilt, auf denen neben dem Logo der Gewerkschaft der Schriftzug „Gemeinsam für sichere & gerechte Arbeit bei Tesla“ zu lesen ist. Laut der Mitteilung nahmen die meisten der Beschäftigten die Aufkleber an und klebten sie direkt auf ihre Arbeitskleidung. Mit solchen Botschaften für ihre Überzeugung einzutreten, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, gerade in Automobilwerken, schreibt die Gewerkschaft. „Bei Tesla aber übt das Management einen so starken Druck auf die Kollegen aus, dass Einzelnen dieser Schritt schwerfällt.“
| Name | Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg (Gigafactory 4) |
|---|---|
| Bauzeit | 2020 bis 2022 |
| Eröffnung | März 2022 |
| Standort | Grünheide, Brandenburg |
| Produktion | Elektroautos Typ Model Y |
| Mitarbeiter | 10.000 (laut Tesla, Stand: August 2023) |
| Anzahl gebauter E-Autos | 5.000 pro Woche (laut Tesla, Stand: August 2023) |
Deshalb hätten die IG Metall-Mitglieder entschieden, sich gemeinsam in großer Zahl mit den Aufklebern als klarem Statement zu zeigen. „Was die Tesla-Kollegen heute gemacht haben, das ist Gewerkschaft“, sagte Bezirksleiter Dirk Schulze. „Sie sind zusammen aufgestanden und haben mit ihrer kollektiven Aktion die vom Management geschürte Atmosphäre der Angst durchbrochen.“ Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) widersprach Tesla der Darstellung einer „Atmosphäre der Angst“ und auch dem, dass sich rund 1.000 Mitarbeiter gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt hätten. Etwa 300 Mitarbeiter hätten an Gesprächen mit der Gewerkschaft teilgenommen, eine größere Aktion habe es aber nicht gegeben.
Schwere Vorwürfe gegen Tesla: IG Metall bietet um Werk Anlaufstellen für Mitarbeiter
Die große Autofabrik in Brandenburg ist bereits seit der Eröffnung ein Streifall. Auf der einen Seite ist das Tesla-Werk inzwischen der mit Abstand größte Arbeitgeber in der Region, hat beispielsweise auch viele langjährig Arbeitslose eingestellt und bildet Nachwuchskräfte aus. Erst kürzlich wurden jedoch wieder schwere Vorwürfe gegen Tesla laut, bei denen sogar von Amputationen und Stromschlägen während der Arbeit die Rede war. Nach eigenen Angaben produziert Tesla in Grünheide rund 5.000 E-Autos pro Woche. Das wird mitunter zwar bezweifelt, zeigt jedoch den hohen Leistungsdruck in der Fabrik.
Parallel zur Aktion im Werk veranstaltet die Bezirksgruppe der IG Metall auch um die „Giga Berlin“ eine große Unterstützungsaktion und bietet den Mitarbeitern auf dem Arbeits- oder Heimweg an den Bahnhöfen Fangschleuse und Erkner sowie auch direkt vor den Werkstoren die Möglichkeit zu Gesprächen an. Die Tesla-Mitarbeiter würden sich seit langem über die Arbeitsbedingungen sowie über Personalmangel und überzogene Produktionsziele beklagen und seien deshalb auch froh gewesen, dass die Gewerkschaft nun vor Ort sei. „Endlich kommt die IG Metall zu uns“, sei zu hören gewesen.
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