Häme bei EU-Partnern
Europa spottet über Krise im vorbildlichen Deutschland: „Eine Möglichkeit wäre, Inseln zu verkaufen“
Die Bundesregierung scheitert mit einem Schulden-Trick und beschert Deutschland eine neue Finanzkrise. Im Ausland sorgt die Haushaltssperre für Spott.
Berlin/München - Deutschland gibt wesentlich mehr Geld aus, als es der Staatshaushalt rechtfertigt. Diese Erkenntnis hat sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auf dramatische Weise manifestiert. Die Schulden-Tricks der Berliner Regierungskoalition sind nicht gesetzeskonform, das Karlsruher Urteil zwingt die Ampel zu einer Umplanung des Budgets.
Angesichts der Überheblichkeit deutscher Regierungsminister gegenüber früheren Sorgenkindern der Europäischen Union erzeugt der finanzielle Absturz der Bundesrepublik vom einstigen Musterschüler zum Problemkind für reichlich Spott. Unvergessen sind die Belehrungen, mit denen hiesige Politiker Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien begegneten, wenn es um die Sanierung eines kriselnden Staatshaushaltes geht.
Haushaltssperre bringt Deutschland in Finanzkrise - werden Inseln verkauft?
Der frühere griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis ließ es sich gegenüber Bild nicht nehmen, der Berliner Ampelkoalition Ratschläge zu erteilen – so wie es einst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Zeiten der griechischen Schuldenkrise machte. Neben der Einführung einer „Notsteuer“ ist darin auch vom Verkauf deutscher Inseln die Rede. Um ähnliche Vorschläge war schließlich die damalige Regierungskoalition nicht verlegen, als Griechenland mit der Euro-Krise zu kämpfen hatte.
Auch die Troika von internationalen Aufsehern, welche Krisenländer der Staatengemeinschaft damals unter ihre Fittiche nahmen, haben sich in Südeuropa ins Gedächtnis gebrannt - nun folgt politisch sowie medial ein Bumerang-Effekt: Lafazanis schlägt nun ebenfalls eine Troika vor, um die deutschen Finanzen im Zuge der Haushaltssperre wieder in den Griff zu bekommen.
Deutschlands Staatshaushalt: „Pfusch grenzt fast an Veruntreuung“
Auch Spanien war einst Sorgenkind der EU - und steht wirtschaftlich mittlerweile besser da. In der Wirtschaftszeitung Cinco Dias lautet das Urteil eines Finanzanalysten, dass Deutschland früher „das Musterbeispiel für höchste Tugendhaftigkeit auf dem Gebiet der Haushaltsdisziplin“ war. Doch das Bild habe sich grundlegend geändert: „Vor ein paar Tagen haben wir erfahren, dass die Sparsamkeit nicht nur nicht so vorbildlich war, wie sie schien, sondern dass es im vorbildlichen Deutschland Pfusch gab, der fast an Veruntreuung grenzte.“
In Frankreich ist es laut Handelsblatt eher die Presse, die sich in Schadenfreude übt, weniger die Politik. Denn die sucht auf europäischer Ebene mit der Bundesregierung gemeinsam nach einer Einigung für gemeinsame Regeln hinsichtlich Staatsschulden. Die Zeitung Le Monde urteilt: „Die wichtigste Volkswirtschaft der Eurozone findet sich in einer Haushaltsblockade wieder, weil sie jene strenge Regeln nicht befolgt, die sie sich selbst gegeben hat.“ Die Berliner Regierung müsse nun einen Ausweg bei der Doppelmoral hinsichtlich der Staatsfinanzen suchen.
Haushaltssperre in Deutschland: Deutscher “Doppelwumms” in Gefahr?
Kritisch betrachtet wird auf EU-Ebene laut dem Handelsblatt auch der „Doppelwumms“, welcher die deutsche Staatskasse massiv belastet: 200 Milliarden Euro, um die energiewirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs abzufedern, wirken wie eine nicht zu stemmbare Belastung. Im Rest Europas sei Deutschland angesichts dieses Ausmaßes „misstrauisch beäugt“ worden, weil es den EU-Binnenmarkt verzerre und finanzschwächere Staaten hierbei nicht mithalten können.
Das Gespann Olaf Scholz (Bundeskanzler) und Christian Lindner (Finanzminister) habe daraufhin entgegnet, dass der deutsche Staatshaushalt den nötigen Spielraum für ein derartiges Volumen besitze, aufgrund einer soliden Finanzlage auf Basis gesunden Wirtschaftens. Diese Bekundungen erweisen sich nach der (durch die Union in Gang gebrachten) Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jedoch als Luftschloss. So verändert die neue Situation im deutschen Haushalt die Vorzeichen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).
Zudem gibt es nicht unberechtigte Sorgen, dass das deutsche Finanzloch sich auf weitere Mitgliedsländer der EU auswirkt: EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis ließ hierzu wissen: „Wenn Deutschland als größte Volkswirtschaft in ökonomische oder fiskalische Schwierigkeiten gerät, hat das Auswirkungen auf andere EU-Staaten.“ Manche Experten zweifeln diesbezüglich jedoch auch an der selbst auferlegten Schuldengrenze Deutschlands.
Karlsruher Urteil zum Staatshaushalt zwingt Deutschland zum Sparen
Derweil erwartet das Wirtschaftsministerium nach dem Haushaltsurteil spürbare Folgen für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Dürften 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds sowie die Kredite aus dem WSF nicht genutzt werden, würde das Bruttoinlandsprodukt laut einer Simulation des Ministeriums um bis zu 0,6 Prozentpunkte weniger wachsen, schildert die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Jedoch seien die Auswirkungen konkret noch unklar: Schließlich steht noch gar nicht fest, welche geplanten Maßnahmen finanziell trotz der desaströsen Finanzlage überhaupt realisiert werden. Experten lassen keinen Zweifel daran, dass das Karlsruher Urteil weitreichende Folgen hat, die sich vermutlich nicht nur auf den Klimafonds auswirken – sondern auch weitere Bereiche. (PF)
Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa
