Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Bürokratieabbau

Habeck prescht im Bürokratie-Kampf vor: Ende der Formularflut in Sicht?

Pressestatement Buerokratieabbau robert habeck bundeswirtschaftsministerium deutschland
+
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag (7. November) bei einem Pressestatement in Berlin zum Bürokratieabbau in Deutschland.

Das Wirtschaftsressort identifizierte 140 Maßnahmen für den Bürokratieabbau in Deutschland. Doch nicht in allen Ministerien in Deutschland geht es mit dem Ende der Formularflut voran.

Berlin – Wer im Ausland nach Deutschland fragt, bekommt meist Assoziationen wie: Pünktlichkeit, Regeltreue, hohe Produktionsqualität – und jede Menge Bürokratie. Zumindest letzteres ist kein Klischee, sondern harte Realität in deutschen Firmen. Wenn es nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht, soll damit bald Schluss sein. Nach Handelsblatt-Informationen hat das Ministerium 140 Maßnahmen identifiziert, um die Berichtspflichten in Unternehmen zu streichen, zu verschlanken, zu digitalisieren oder zu bündeln.

Ende der Formularflut in deutschen Unternehmen? Welche Maßnahmen Habeck plant

Das Wirtschaftsministerium prüfte in den vergangenen Monaten in verschiedensten Bereichen Berichtspflichten auf ihren Sinn und Zweck. „Dabei herausgekommen ist jetzt ein Ergebnis, dass wir 80 Berichts- und Informationspflichten abschaffen werden beziehungsweise bündeln werden, zusammenfassen und reduzieren“, sagte Habeck zum geplanten Bürokratieabbau am Dienstag. Bei 60 weiteren sei dies nach weiterer Prüfung auch denkbar. „Jede gestrichene, jede vereinfachte Berichtspflicht hilft den Unternehmen konkret“, so der Wirtschaftsminister weiter.

Die geplanten Maßnahmen könnten Schätzungen zufolge die Kosten in deutschen Firmen um einen dreistelligen Millionenbetrag reduzieren, wie das Handelsblatt aus internen Kreisen erfuhr. Künftig sollen Unternehmen beispielsweise nicht mehr die gleichen Daten zum Energieverbrauch an unterschiedliche Stellen melden müssen. Stattdessen werde die Energiestatistik zusammengeführt, sodass etwa das Statistische Bundesamt ebenso wie die Bundesnetzagentur auf die Daten zugreifen können. Zudem soll die Meldepflicht für 40.000 Geräte entfallen. Das gilt etwa für Waagen in Lebensmittelfabriken bis hin zu Wasserzählern. Dafür werde das Mess- und Eichgesetz angepasst, hieß es.

Verbesserungspotenzial ist riesig: 12.000 Berichtspflichten im Bund hemmen Wirtschaftsstandort

Das Potenzial, Deutschland mit einem Bürokratieabbau als Wirtschaftsstandort voranzubringen, ist groß: Fast drei Viertel (72 Prozent) aller Unternehmen in Deutschland halten die Verwaltungsprozesse für zu langsam und unflexibel, wie eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ergab. Deutsche Firmen sehen neben dem Fachkräftemangel, den hohen Energiepreisen und der sinkenden Nachfrage die Bürokratie als eines ihrer Hauptprobleme. „Der Bürokratie-Frust und die Regulierungsflut verärgern die Unternehmen enorm“, sagte Karl Heusgen, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau am Dienstag und forderte eine „kollektive Anstrengung.“

Rund 12.000 Berichtspflichten gibt es auf Bundesebene. Nicht alle Berichtspflichten hat der Bund aber selbst in der Hand, bei manchen liegt die Verantwortung in den Bundesländern oder der Europäischen Union. Auch hier wolle Habeck Druck machen, um Vereinfachungen durchzusetzen, hieß es im Handelsblatt-Bericht unter Berufung auf Beteiligte. Hinzukommt, dass manche Regelungen Verbraucher schützen, Standards durchsetzen oder Grauzonen in der Gesetzgebung ausleuchten. Man wolle nun neue Gesetze daraufhin prüfen, dass sie möglichst berichtspflichtarm sind. Das bedeute auch, dass sie besonders klar formulieren, was erlaubt und was verboten sei. Da wo es geht, werde man in Zukunft auf Berichtspflichten verzichten, sagte Habeck.

Wirtschaftsressort prescht bei Bürokratieabbau vor – andere Ministerien „in der Pflicht“

Eigentlich hatte die Bundesregierung bei ihrer Kabinettsklausur Ende August in Meseberg Maßnahmen zum Bürokratieabbau auf ganzer Linie angekündigt. Doch abgesehen von Habecks Wirtschaftsressort lieferten die anderen Ministerien bislang noch wenig Konkretes. Alle Ministerien seien „in der Pflicht“, hieß es laut Handelsblatt-Informationen vom Nationalen Normenkontrollrat, dem Kontrollgremium der Bundesregierung. PraxisChecks machten im Wirtschaftsministerium zuletzt Schule. Dabei bindet das Ministerium Betroffene, Firmen oder andere relevante Akteure ein, die in der Regel ganz genau wissen, wo der Schuh drückt. Sinnlose oder zu aufwendige Regelungen lassen sich so identifizieren.

„Einen neuen Weg beschreitet die Bundesregierung mit dem PraxisCheck“, hieß es indes im in Meseburg beschlossenen 10-Punkte-Papier für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Auch vonseiten des Nationalen Normenkontrollrats hieß es, der Praxischeck sei ein wichtiges Instrument, um die Qualität der Gesetze zu steigern. Allerdings wenden andere Ministerien laut Handelsblatt-Informationen die Praxischecks bislang nicht an. „Es reicht nicht, hehre Ziele für den Bürokratieabbau auszurufen, sich dann aber nicht um die Umsetzung zu kümmern“, brachte Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, das Dilemma auf den Punkt.

Bürokratieabbau würde Kapazitäten für Energiewende freimachen, doch stockt auch auf EU-Ebene

Dabei würde das Ende der Formularflut nicht nur die Kosten senken, sondern auch Kapazitäten für Wichtigeres freimachen. Diese Kapazitäten brauche es für Aufgaben, die bei der Energiewende anstehen, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer schlug indes einen „Beschleunigungsmanager“ für weniger Bürokratie vor. „Wie in einem Unternehmen brauchen wir ein funktionierendes Projektmanagement, das Probleme erfasst, analysiert und löst“, so die Forderung. Immerhin fasste man zuletzt auf dem Bund-Länder-Gipfel einen konkreten Beschluss: Den Beschleunigungspakt, um Verfahren zu verschlanken.

Auf EU-Ebene hatte man sich jüngst ebenfalls auf die Fahnen geschrieben, den Bürokratieabbau voranzutreiben. Insgesamt kündigte die EU-Kommission 26 Vorhaben an, um kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten. Doch auch hier geht es offenbar recht schleppend voran. Die Zeit werde knapp, befand der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU). „Bis zum Ende der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments bleiben nur noch wenige Monate übrig“. Die Vorhaben könnten womöglich nicht mehr rechtzeitig mit den anderen EU-Institutionen vor der Wahl ausgehandelt und danach verabschiedet werden, so die Befürchtung des CSU-Politikers.

Kommentare