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Grundsatzprogamm

Kritik an CDU-Plänen für die Rente: „Lehnen wir kategorisch ab“

Die CDU will bei einem möglichen Machtwechsel an die reformbedürftige Rente rangehen. Ökonomen bewerten die Pläne aus dem Grundsatzprogramm jedoch als zu wenig.

Berlin –  Die CDU hat am Montag (11. Dezember) ihr erstes Grundsatzprogramm seit 2007 vorgestellt. Darin geht sie auch das Thema Rente an - die dringend reformiert werden muss, damit sie in Zukunft noch finanzierbar wird. Denn während die Baby-Boomer nach und nach in Rente gehen, kommen weniger Arbeitskräfte nach, die in die Rentenkasse einzahlen und somit die gesetzlichen Renten finanzieren. 

Wie will die CDU dieses Problem also lösen? In ihrem Grundsatzprogramm nennt die Partei drei wesentliche Punkte, die die Rente und den demografischen Wandel betreffen. 

Kürzungen für Rentner? CDU will Renteneintritt schrittweise erhöhen

„Wenn wir unsere Rente stabil und finanzierbar halten wollen, spricht viel dafür, dass die Lebensarbeitszeit für diejenigen, die arbeiten können, steigen muss, und folglich die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung gekoppelt wird“. So steht es im 170-Seiten schweren Grundsatzprogramm der Christdemokraten. Die Idee wird schon länger diskutiert, in der Vergangenheit sprach sich die CDU für folgendes Modell aus: Pro Jahr gestiegener Lebenserwartung sollten Arbeitnehmer vier Monate länger arbeiten müssen. 

Auf Nachfrage sagt der frühere Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus gegenüber Ippen.Media: „Das Renteneintrittsalter wird sich an der durchschnittlichen Lebenserwartung orientieren. Wenn wir immer länger gesund bleiben und somit länger leben, können und müssen diejenigen, die dazu in der Lage sind, auch länger arbeiten – sonst funktioniert unser Rentensystem nicht mehr.“ 

Statistische Lebenserwartung für Rente-Pläne: So alt werden die Deutschen

Das Statistische Bundesamt erfasst die Lebenserwartung von Männern und Frauen in Deutschland regelmäßig. Diese wird in sogenannten Sterbetafeln dargestellt. Aktuell hat ein 65-jähriger Mann statistische gesehen noch 17,6 Jahre vor sich - wird also 81,6 Jahre alt. Eine gleichaltrige Frau hat sogar 20,9 Jahre noch vor sich und würde damit 85,9 Jahre alt werden. 

Denkbar wäre also, dass sich nach den Plänen der CDU ab 2032 das Rentenalter an diese statistischen Größen richtet. 

Aus Sicht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, hat die CDU damit war den richtigen Riecher - aber beweist zu wenig Mut, wenn es um die Details geht. Sollte dieses Modell umgesetzt werden, würde sich Deutschland an das Vorbild anderer europäischer Nachbarländer orientieren - keine Revolution also. Weiter kritisieren die Ökonomen des IW, dass sich die CDU zu Vorruhestandsoptionen wie der Rente mit 63 überhaupt nicht äußert. Auf Nachfrage schweigt die CDU zu diesem Thema - doch aus der Partei wurden in der Vergangenheit immer wieder Stimmen laut - beispielsweise vom einstigen Gesundheitsminister Jens Spahn - die eine Abschaffung der Frührente forderten.

Für Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung und Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, reicht das Modell der CDU nicht aus, um die Probleme des demografischen Wandels zu begegnen. „Für einen vollständigen Ausgleich der Effekte der steigenden Lebenserwartung müsste das Rentenalter pro zusätzlichem Lebensjahr um acht Monate angehoben werden“, sagt er im Gespräch mit Ippen.Media. „Der Sachverständigenrat hat vorgerechnet, dass das gesetzliche Rentenalter dann ab 2031 alle zehn Jahre um ein halbes Jahr steigen müsste.“

Professor Martin Werding: Der Wirtschaftsweise sieht großen Reformbedarf ab der Rente mit 63.

Kürzungen für Rentner: CDU will Privatrente verpflichtenden machen – „Ein wichtiger Schritt“

Ebenfalls Teil der CDU-Pläne sind eine verpflichtende private Altersvorsorge. Also: Neben der gesetzlichen Rente sollen alle Arbeitnehmer eine private Rente abschließen. Wie genau das aussehen könnte, da lässt sich die Partei aber nicht in die Karten gucken. Auch Ralph Brinkhaus bleibt auf Anfrage vage: „Da sind mehrere Modelle denkbar. Menschen mit geringem Einkommen brauchen dabei in jedem Fall staatliche Zuschüsse“. 

Das IW kritisiert auch hier den fehlenden Mut der Partei. Dass es eine kapitalgedeckte Altersvorsorge geben solle, sei eine „Binsenwahrheit“. Dass diese verpflichtend eingeführt werden solle, sei aber keine gute Idee, so die Ökonomen: „Das würde Freiheiten und Eigenverantwortung der Bürger unnötig einschränken. Zum einen drohen manchem Bürger die Mittel für das Eigenheim oder andere Vorsorgeformen abhandenzukommen, wenn zwangsweise in bestimmten Vorsorgeprodukten gespart werden soll.“

Wirtschaftsweise Martin Werding teilt diese Meinung nicht. „Die ergänzende kapitalgedeckte Vorsorge verpflichtend zu machen, anders als bei den Riester-Renten, ist ein wichtiger Schritt. Wenn es seit 2001 flächendeckend eine solche Vorsorge gäbe, wären die Finanzierungsprobleme bei der Rente heute wesentlich weniger drängend“, so seine Einschätzung. Aktuell gebe es ja schon viele Formen der privaten Altersvorsorge, die Arbeitnehmer nutzen könnten. „Aber fast 20 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nutzen derzeit keine davon.“

Sozialverband zu Renten-Plänen der CDU: „Lehnen wir kategorisch ab“

Auf Anfrage kritisiert der Sozialverband Deutschland beide CDU-Vorschläge. Eine Anhebung des Rentenalters und eine verpflichtende private Vorsorge bei den Renten-Plänen „lehnen wir kategorisch ab“, so die SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier. „Das Renteneintrittsalter wird ja schon schrittweise angehoben und entspricht nach wie vor nicht dem reellen Renteneintritt der meisten Menschen. Diese nehmen stattdessen Abschläge im Kauf, weil sie – häufig aus gesundheitlichen Gründen – einfach nicht länger arbeiten können. Jede weitere Anhebung der Regelaltersgrenze bedeutet daher eine Rentenkürzung.“

Durch die Einführung einer verpflichtenden kapitalgedeckten Altersvorsorge sieht Engelmeier ein Abschreiben der gesetzlichen Rentenversicherung. „Wir sagen dagegen: jeden zusätzlichen Euro besser in die gesetzliche Rente stecken! Denn diese sichert nicht nur das Alter ab, sondern auch die Risiken Krankheit und Tod. Außerdem wird die Kindererziehung und Zeiten der Pflege in der gesetzlichen Rente positiv berücksichtigt. Das sind Leistungen, die man sich bei einer kapitalgedeckten Alterssicherung teuer dazu kaufen muss.“

Aktivrente: Senioren sollen für längeres Arbeiten belohnt werden

Die letzte Idee, die die CDU zum Thema parat hat, nennt sich „Aktivrente“. Hier sollen steuerliche Anreize genutzt werden, um ältere Menschen im Alter dazu zu bringen, weiterzuarbeiten. Das soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken, so die Christdemokraten. Wer über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet, soll „bis zu einem bestimmten Betrag“ - hier ist von 2000 Euro die Rede - das Gehalt steuerfrei bekommen. 

Diese Idee kritisiert das IW am schärfsten, es sei eine „gänzliche schlechte Idee“. Denn: „Das widerspricht dem Bekenntnis zur Tarifautonomie – Lohnfindung ist ein Fall für die Sozialpartner, nicht für den Staat. Es widerspricht auch dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit, schließlich erhalten Mitarbeiter im Rentenalter für die gleiche Arbeit mehr Geld als jüngere Kollegen“, so das arbeitgebernahe Institut. 

Auch wenn die Details noch sehr schwammig sind und die CDU sich wohl viel Spielraum geben möchte: Martin Werding begrüßt, dass die CDU die Diskussion um eine Renten-Reform überhaupt eröffnet. Die CDU zeige „Mut, wenn sie die absehbaren Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung beim Namen nennt und Lösungen vorschlägt.“

Rubriklistenbild: © IMAGO/Jürgen Heinrich

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