Die reichsten Deutschen
Neue Liste der Milliardäre löst Empörung aus: „Jetzt ist der Moment!“
Kurz nach der Veröffentlichung der neuesten Reichenliste für Deutschland, äußert eine Vereinigung von Sozialorganisationen ihren Unmut. Sie plädieren für die Einführung einer Vermögenssteuer.
Berlin – Einmal im Jahr veröffentlicht das Manager Magazin die Liste der reichsten Deutschen. Diese Woche war es also mal wieder so weit – und erneut ist das Vermögen der wohlhabendsten Menschen im Land auf einen Rekordwert gestiegen. Und das, obwohl gerade eine Diskussion über Wohlstandsverlust in Deutschland entbrannt ist.
Die neusten Zahlen haben ein breites Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen empört. In einer Mitteilung fordern sie die Bundesregierung auf, diese Vermögen gerechter zu besteuern und damit in die öffentliche Infrastruktur zu investieren.
Forderungen nach Vermögenssteuer werden lauter: „Eine große Gefahr für die Demokratie“
„Die Zeit ist reif: Superreiche gerecht besteuern“, heißt es in einer am Freitag (4. Oktober) veröffentlichten Erklärung. Dies würde „der zunehmenden Ungleichheit und ihren fatalen Folgen für die Demokratie entgegenwirken“, zudem finanzielle Spielräume für die Politik schaffen. Gefordert wird konkret die Einführung einer Vermögenssteuer - diese wurde 1997 ausgesetzt - und einer Vermögensabgabe.
Seit 2001 seien die hundert größten deutschen Vermögen um 460 Milliarden Euro gewachsen, kritisieren die Unterzeichner der Erklärung. Dies sind unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Sozialverband VdK und die Klima-Allianz Deutschland. „Währenddessen bleibt die Armut in Deutschland mit 16,6 Prozent auf einem inakzeptabel hohen Niveau, jedes fünfte Kind muss in Armut leben.“
Die Organisationen sehen in der wachsenden Ungleichheit „eine große Gefahr für die Demokratie“. Der Politik fehlten zugleich finanzielle Spielräume, um den Sozialstaat abzusichern, die Daseinsvorsorge zu gewährleisten und Deutschland zukunftsfähig zu machen. Um die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen, reiche eine Reform der Schuldenbremse nicht aus, heißt es in der Erklärung weiter. „Jetzt ist der Moment, die Besteuerung großer Vermögen anzugehen.“
Immer mehr Milliardäre: „Steuersystem versagt bei den Superreichen“
Die Steuerpolitik sei dabei eines der wirkungsvollsten Instrumente, um Ungleichheit zu begegnen. „Doch unser Steuersystem versagt gerade bei den Superreichen“, kritisieren die Mitglieder des Bündnisses. Angeführt werden hier das Aussetzen der Vermögenssteuer und weitere Steuerreformen der vergangenen Jahrzehnte. Dies habe dazu geführt, „dass Multimillionär*innen und Milliardär*innen mittlerweile nur halb so hohe Steuer- und Abgabensätze zahlen wie die breite Mitte der Gesellschaft“.
Die Organisationen sehen Superreiche zudem „besonders in der Verantwortung, zur Bewältigung der Klimakrise finanziell stärker beizutragen“, da sie „durch ihr Verhalten extrem viele Treibhausgase“ verursachten.
Teil des Bündnisses ist auch der Sozialverband Deutschland, dessen Vorsitzende Michaela Engelmeier zu IPPEN.MEDIA sagt: „Die in dieser Woche veröffentlichten Zahlen des Manager Magazins zeigen einmal mehr die wachsende Kluft in unserer Gesellschaft. Während die Zahl der Milliardäre steigt und die größten Vermögen weiterwachsen, verharrt die Armut in Deutschland auf einem inakzeptabel hohen Niveau. Deshalb setzen wir uns mit Nachdruck für eine Besteuerung großer Vermögen sowie eine konsequentere Bekämpfung von Steuerflucht ein. Wir brauchen jetzt eine gerechte Finanzierung, um die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern, den Klimaschutz zu fördern und soziale Ungerechtigkeiten abzubauen.“
Grüne schlagen Reform der Erbschaftssteuer vor
Jüngst hatten auch die Grünen im Bundestag mit einem neuen Vorschlag für Aufsehen gesorgt. Sie wollen eine Reform der Steuerpolitik bewirken, um Ungleichheiten zu beheben. Laut Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen, geht es hauptsächlich darum, Ungerechtigkeiten bei der Erbschaftsteuer zu beseitigen. „Wer sehr viel erbt, zahlt häufig gar keine Erbschaftsteuer, während mittelgroße Erbschaften fair besteuert werden und kleinere richtigerweise durch Freibeträge befreit sind“, zitierte der Spiegel die Politikerin. Die Anhäufung von Riesenvermögen in den Händen Einzelner zu stoppen, sei auch als Ziel in der bayerischen Landesverfassung festgeschrieben.
„Aus ökonomischer und sozialer Perspektive, kluge Vorschläge der Grünen“, gab Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf LinkedIn an. Fratzscher lobte den Umstand, dass die Vorschläge keine Steuererhöhungen beinhalteten, sondern stattdessen Mehreinnahmen durch das Schließen von Schlupflöchern generieren könnten.
Das Ranking: Das sind 2024 die reichsten Deutschen
Laut dem Ranking von Manager Magazin sind seit 2023 die Gesamtvermögen der 500 reichsten Deutschen um 53 Milliarden Euro auf über 1,1 Billionen Euro gestiegen – ein neuer Rekordwert. Auch die Zahl der Milliardäre in Deutschland erreichte einen Höchststand: Mittlerweile gibt es 249 Personen mit einem Vermögen im Milliardenbereich, 23 mehr als im Vorjahr. Damit setzt sich ein stetiger Aufwärtstrend fort, seit das Magazin im Jahr 2001 erstmals seine Liste der reichsten Deutschen veröffentlichte. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 waren es „nur“ 69 Milliardäre im Land.
Die zehn reichsten Deutschen sind:
- Platz: Dieter Schwarz; Lidl, Kaufland; 43,7 Milliarden Euro
- Platz: Familie Susanne Klatten und Stefan Quandt; BMW und andere Beteiligungen; 34,4 Milliarden Euro
- Platz: Familie Merck; Pharma; 33,8 Milliarden Euro
- Platz: Familie Reimann; JAB Holding; 31,3 Milliarden Euro
- Platz: Klaus Michael Kühne; Logistik, Hotels, Lufthansa; 29,0 Milliarden Euro
- Platz: Familien Albrecht und Heister; Aldi Süd; 27,0 Milliarden Euro
- Platz: Familie Henkel; Konsumgüter; 24,6 Milliarden Euro
- Platz: Familie Porsche; Automobil; 19,3 Milliarden Euro
- Platz: Familie Theo Albrecht junior und Familie Babette Albrecht; Aldi Nord; 18,9 Milliarden Euro
- Platz: Andreas von Bechtolsheim; Netzwerktechnik; 17,7 Milliarden Euro
Im vergangenen Jahr belegten die BMW-Erben noch den ersten Platz der Rangliste. Bereits 2022 konnte Dieter Schwarz einmal den Spitzenplatz erreichen und sowohl Quandt als auch Klatten auf den zweiten Platz verweisen. Dieses Jahr ist ihm dies erneut gelungen. (mit Material von AFP)
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