„Nicht so erfolgreich, wie wir sein sollten“
Lindner kämpft um Investitionen – gegen Deutschlands beschädigtes Image
Christian Lindner strebt danach, das beschädigte Bild der deutschen Wirtschaft zu reparieren und wirbt in den USA für Investitionen. Aber auch hier ist ein Kulturwechsel erforderlich.
New York – Die deutsche Wirtschaft durchläuft im zweiten Jahr in Folge eine Rezession. Und auch die Aussichten sind nicht ideal: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognosen für Deutschland in seinem Jahresbericht erneut gesenkt und erwartet auch für 2025 lediglich ein Wachstum von 0,8 Prozent. Zudem stellte die Bundesbank in einer Analyse fest, dass die Direktinvestitionen „signifikant“ abgeflacht sind: Die Aussichten sind schlecht – die Politik muss und will handeln.
Gegen die Rezession: Lindner will Image Deutschlands bei internationalen Investoren aufpolieren
Das versucht auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei seiner New York-Reise anlässlich des IWF-Treffens. Dort will er vor allem Investoren für deutsche Unternehmen und Start-ups gewinnen. Denn – wie auch die Analyse der Bundesbank zeigt – Deutschland gerät dabei immer weiter ins Hintertreffen. So hat es etwa auch Christian Kaeser im Bundestag vergangene Woche ausgedrückt: „Es gibt eigentlich nichts, was dafür spricht, in Deutschland zu investieren“, sagte der Siemens-Manager bei einer Anhörung des Finanzausschusses.
Lindner will die Stimmung bei Gesprächen mit Unternehmen und Investoren in New York ändern. Dazu war er am Dienstag, 22. Oktober, im University Club zu Gast. „Wir sind im Moment nicht so erfolgreich, wie wir sein sollten“, erklärte der deutsche Finanzminister laut dem Handelsblatt. Seit 2014 habe Deutschland viel Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Zu viel Regulierung habe Investoren daran gehindert, in junge deutsche Firmen zu investieren, räumte der FDP-Chef ein.
Deutsche Wirtschaft ist im Kern immer noch stark – sagt Lindner gegenüber Investoren
Doch Lindner betonte auch, was Deutschland weiterhin attraktiv machen soll. Die deutsche Wirtschaft sei im Kern immer noch stark und habe alle Voraussetzungen für einen Wandel. Er habe die regulatorischen Hürden für Investitionen in Start-ups erleichtert, was sich direkt in höheren Investitionen niedergeschlagen habe. „Gute Wirtschaftspolitik geht also auch, ohne dafür einen Cent auszugeben“, sagte Lindner dem Handelsblatt zufolge.
Lindner verwies dabei auf die Wachstumsinitiative der Bundesregierung. Sein Fokus sei, die Bedingungen für Unternehmen zu verbessern. Zudem habe die Ampel-Koalition einen zwölf Milliarden Euro schweren Fördertopf für Start-ups aufgelegt. Der soll sich aus privatem Kapital speisen. Er traue seinen Kollegen nicht, dass sie wissen, welche Technologie die beste sei. „Statt Steuerzahler-Geld müssen wir deshalb privates Geld mobilisieren“, erklärte der Finanzminister.
Lindner plädiert für Kapitalmarktkultur in Deutschland – um „Wachstumsunternehmen“ zu finanzieren
Doch nicht nur in den USA warb Lindner für mehr Investitionen in Deutschland. Auch im Land selbst forderte der FDP-Chef eine stärkere Kapitalmarktkultur. „Unser Finanzmarkt ist nicht tief und leistungsfähig genug“, sagte Lindner RTL und NTV beim Besuch der New Yorker Börse. Das sei nötig, „damit Wachstumsunternehmen und Start-ups finanziert werden können“.
Dazu will Lindner die Hürde für eine Leistung an der Börse reduzieren. „Und auf der anderen Seite brauchen wir mehr Kapital auch in unserem eigenen Markt in Deutschland.“ Dazu sollen auch „die Ersparnisse, die Deutsche anlegen wollen“ beitragen. Bei der Gelegenheit sprach Lindner seinen Plan an, jeden in Aktien, Fonds oder börsengehandelte Indexfonds (ETFs) investierten Euro mit 20 Cent zu fördern. Das sieht sein Vorschlag zur Reform der privaten Altersvorsorge vor. „Wir müssen etwas lernen. Denn wenn Menschen ihre Ersparnisse nur auf das Girokonto legen, dann erzielen sie keine Erträge“, sagte Lindner.
Wachstumsfinanzierung von Unternehmen über Kapitalmärkte funktioniert in den USA anders
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte beim Arbeitgebertag erklärt, dass viel dafür getan werden müsse, „dass unser Finanzsystem, dass der Finanzstandort in der Lage ist, das Wachstum mitzufinanzieren“. Der Unterschied zwischen Europa und den USA sei, dass die Wachstumsfinanzierung von Unternehmen über Kapitalmärkte in Europa nicht in gleicher Weise funktioniere wie dort. Wirtschaftsminister Robert Habeck plant dagegen einen „Deutschlandfonds“. (mit dpa)
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