Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Appell an Regierung

Industrie schlägt Alarm: „Deutschland nahezu überall zurückgefallen“ – Habeck antwortet

Wirtschaftsminister Habeck besucht Energie Hub Moorburg
+
Die Industrie wendet sich mit einer alarmierenden Studie an die Ampel-Regierung. Wirtschaftsminister Robert Habeck reagiert. (Archivbild)

Die deutsche Wirtschaft schwächelt – ohne Ausblick auf Besserung. Die Industrie wendet sich nun mit einer alarmierenden Studie an die Ampel-Regierung. Wirtschaftsminister Habeck reagiert.

Berlin – Die deutsche Industrie wendet sich mit einem alarmierenden Appell an die Bundesregierung. Sie sieht den Standort Deutschland mehr als je zuvor unter Druck. Rund ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung sei bedroht, ergab eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Um auch in Zukunft international wettbewerbsfähig zu sein, seien private und öffentliche Mehrinvestitionen in Höhe von 1,4 Billionen Euro bis 2030 nötig. 

BDI-Präsident Siegfried Russwurm sprach am Dienstag (10. September) in Berlin von einem erschütternden Lagebild. Deutschland sei im internationalen Vergleich nahezu überall in den vergangenen Jahren zurückgefallen und habe ein fundamentales Standortproblem. „Das Risiko einer De-Industrialisierung durch die stille Abwanderung und Aufgabe gerade vieler Mittelständler nimmt kontinuierlich zu und ist teils schon eingetreten.“ Der Aufruf war so alarmierend, dass auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch (11. September) dazu Stellung nahm.

Industrie mit Weckruf: „Die Probleme im Land türmen sich“

Im BDI-Auftrag legten die Strategieberatung Boston Consulting Group und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) dazu eine breit angelegte Analyse vor – zu Schwächen, aber auch Chancen der deutschen Industrie mit Millionen von Beschäftigten. Die Ergebnisse sind aus Sicht der Industrie ähnlich alarmierend wie die eines Berichts des früheren italienischen Regierungschefs und EZB-Chefs Mario Draghi zur Lage in der EU. Draghi schrieb, die europäische Wirtschaft müsse deutlich innovativer werden, um nicht den Anschluss im Wettbewerb mit den USA oder China zu verlieren. 

Die Ergebnisse seiner Studie bezeichnete der BDI als Weckruf. „Die Probleme im Land türmen sich“, sagte Russwurm. Die Industrie leiste mit rund 20 Prozent der Bruttowertschöpfung einen erheblich größeren Beitrag für den Wohlstand des Landes als in den meisten anderen entwickelte Volkswirtschaften. „Doch aktuell ist das Geschäftsmodell Deutschlands in ernster Gefahr.“ 

Studie: Deutschland muss sich als Industrienation neu erfinden

Russwurm nannte im internationalen Vergleich höhere Energiepreise, eine marode Verkehrsinfrastruktur, ein nicht wettbewerbsfähiges Steuersystem und politische Unsicherheiten. Dazu kämen hohe Arbeitskosten, zunehmender Arbeitskräftemangel, eine ausufernde Bürokratie, ein zu langsamer Ausbau der Stromnetze und eine schleppende Digitalisierung. 

Beispiel: Die für modernste digitale Anwendungen notwendige Glasfaserabdeckung falle weit gegenüber anderen Ländern ab. Mit derzeit nur 39 Prozent erreichten Unternehmen liege Deutschland weit hinter Ländern wie Spanien oder Frankreich. „Auf die anstehende KI-Revolution ist Deutschlands digitale Infrastruktur damit denkbar schlecht vorbereitet“, heißt es in der Studie. 

Russwurm forderte mit Blick auf die Politik einen „großen Wurf“, um Deutschland im internationalen Wettbewerb wieder nach vorne zu bringen und Ziele bei der klimafreundlichen Transformation der Wirtschaft erreichen zu können. Branchen wie die Stahlindustrie müssen ihre Produktionsprozesse umstellen. Deutschland müsse sich als Industrienation neu erfinden, heißt es in der Studie. Der Umbau erfordere eine der größten Transformationsanstrengungen seit der Nachkriegszeit. 

Habeck über deutsche Wirtschaft: „Wir müssen den Schalter umlegen“

Der dringliche Appell wurde von Wirtschaftsminister Habeck offenbar gehört. In einer Mitteilung des Wirtschaftsministeriums nimmt er dazu Stellung: Die Berichte von Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit der EU und vom BDI zur deutschen Industrie würden deutlich zeigen, dass viel auf dem Spiel stehe, so Habeck. „Wir müssen den Schalter umlegen. Wir müssen unsere Wirtschaft modernisieren und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes sichern.“ Er stimme mit dem BDI ausdrücklich überein: „Deutschland ist Industrieland und soll es bleiben, von der Grundstoff- bis zur Hightech-Industrie.“

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der Umsetzung einer „Wachstumsinitiative“, um der deutschen Wirtschaft zu helfen. Geplant sind zum Beispiel Verbesserungen bei Abschreibungen von Investitionen, der Abbau von Bürokratie sowie Anreize für längeres Arbeiten. Der BDI hält die Pläne aber für nicht ausreichend. Der Verband fordert grundlegende Reformen zum Beispiel bei Steuern und Energie. So benötige die energieintensive Industrie zielgerichtete finanzielle Unterstützung und besseren Zugang zu CO₂-armen Energieträgern.

Dazu meinte Habeck, dass die Maßnahmen Wirkung entfalten werden. „Doch beide Berichte unterstreichen, dass es mehr braucht. Wir müssen jetzt den Willen, die Fähigkeiten und die Ressourcen aufbringen, um die deutsche und die europäische Wirtschaft global wettbewerbsfähig zu machen und den Umbau hin zu Klimaneutralität zu stemmen.“

Dies sei eine Generationenaufgabe. „Deshalb finde ich es einen guten Vorschlag vom BDI, klar definierte Sondervermögen zu schaffen. Dafür müssten alle demokratischen Parteien bereit sein, einen neuen wirtschafts- und finanzpolitischen Konsens zu prägen. Deutschland braucht einen kräftigen Modernisierungsschub“, meint Habeck – wahrscheinlich mit Blick auf die Haushaltsstreitigkeiten mit der FDP, die die Schuldenbremse ohne Sondervermögen einhalten möchte. Mit Material der dpa

Kommentare