Zwei-Klassen-System vorbei?
Grüne verlangen Beiträge von Beamten zur Rentenkasse: Tiefgreifende Reform bei der Rente
Die Rentenfrage wird für alle politischen Parteien zum Brennpunkt im Wahlkampf. Nachdem CDU und SPD ihre Pläne vorgelegt haben, folgen nun auch die Grünen mit einem Entwurf für die Alterssicherung.
Berlin – Der Wahlkampf kommt jetzt so richtig in Fahrt, nach und nach legen die Parteien ihre Wahlprogramme für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 vor. Großes Wahlkampfthema ist die Rente, die dringend reformbedürftig ist. Den Auftakt machte die CDU, die eine Reform der privaten Altersvorsorge und eine Abschaffung der Pflicht-Steuererklärung für Rentner und Rentnerinnen anstoßen will. An der Rente mit 63 will die Union nun doch festhalten. Die SPD zog am Wochenende nach und machte deutlich: Eine Koalition komme mit ihr nur dann zustande, wenn das Rentenniveau stabilisiert werde. Nun sind die Grünen auch am Zug – und haben eine ganz andere Idee für die Rente.
Grüne wollen Abgeordnete und Beamte in die Rente holen: Erster Schritt zur Bürgerversicherung
Genau wie die Sozialdemokraten sprechen sich die Grünen in ihrem Wahlprogrammentwurf für eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens aus. Sie halten zudem an der Rente mit 67 fest, wollen aber mehr Anreize für ältere Menschen schaffen, auch über die Regelaltersgrenze hinaus zu arbeiten.
Des Weiteren will die Partei eine Reform der Altersteilzeit und spricht sich dafür aus, Abgeordnete „und perspektivisch Beamte“ in die gesetzliche Rente zu holen. Auch nicht anderweitig abgesicherte Selbständige wollen die Grünen „unter fairen Bedingungen“ einbeziehen. Die Partei spricht bei dem Konzept von einem „ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bürgerversicherung“.
Dass es ein unterschiedliches System für Beamte gibt, ist für viele Menschen im Land ein Dorn im Auge. Denn die gesetzliche Rente liegt deutlich unter dem Niveau der staatlichen Pensionen, die Beamten im Ruhestand erhalten. Im Alterssicherungsbericht für 2023 wurden die neusten Zahlen veröffentlicht. Im Schnitt wurden 1093 Euro an gesetzlicher Netto-Rente im vergangenen Jahr ausgezahlt. Dem gegenüber stehen zwischen rund 2500 und 3500 Euro Pension für Staatsdiener wie Richter, Beamte und Soldaten.
Rente liegt deutlich niedriger als Pensionen: Vorbild Österreich?
Betonen muss man allerdings auch, dass die gesetzliche Rente eigentlich nur als eine von drei Säulen der Altersvorsorge gedacht ist. Über die betriebliche und die private Altersvorsorge sollen sich die Menschen zusätzlich absichern. Dass das nicht immer gut funktioniert, liegt aber auf der Hand: Rund 17 Prozent der Menschen über 65 Jahre sind laut Statistischem Bundesamt hierzulande armutsgefährdet. Das Versorgungssystem für Beamte dient sowohl als gesetzliche als auch als betriebliche Säule, das ist eine Begründung für ihre Höhe.
Das Zwei-Klassen-System bei der Rente wird aber - ob sie nun gerechtfertigt ist oder nicht - von der Bevölkerung als ungerecht empfunden. Sozialverbände und linke Parteien werben daher schon seit Jahren dafür, das System in eine Bürgerversicherung umzuwandeln, in die alle Erwerbstätigen einzahlen. Das wäre das österreichische Modell, wo in der Tat diese Reform schon vor etwa 20 Jahren angestoßen wurde. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung sind die Renten in Österreich auch höher, bei etwa 500 Euro mehr im Monat. Noch dazu erhalten Rentner und Rentnerinnen in Österreich 14 Renten im Jahr anstatt wie bei uns nur 12.
Rente wie in Österreich wäre nicht besser für die Finanzen der Rentenversicherung
In Österreich liegt der Beitragssatz allerdings noch höher als in Deutschland bei 22,8 Prozent. Das wird aber nicht, wie in Deutschland, paritätisch gezahlt, sondern der Arbeitgeber zahlt mit 12,55 Prozent mehr als die Arbeitnehmer. Und es gilt eine längere Wartezeit: In Österreich muss man 15 Jahre lang einzahlen, bevor man Anspruch auf eine Rente bekommt; in Deutschland ist das nach fünf Jahren schon der Fall.
Würde eine Bürgerversicherung aber der Rentenkasse helfen auf finanziell bessere Beine zu kommen? Dazu haben Ökonomen eine klare Meinung: Nein, an den Finanzen der Rentenkasse würde das wenig ändern. Wie der Rentenexperte Axel Börsch-Supan im Sommer in München erläuterte: Beamte sind teuer, weil sie im Schnitt lange leben und es viele von ihnen gibt. Sie würden die Rentenkasse also nicht entlasten sondern tendenziell eher noch mehr belasten. Trotzdem ist auch er dafür, diese Reform anzugehen. „Das würde endlich Gerechtigkeit bringen“, sagte der Ökonom.
Diese „Gerechtigkeit“ wollen die Grünen also laut Wahlprogramm mit dieser Reform schaffen. Sie wollen auch die Beiträge in die Krankenkassen, die 2025 nochmal deutlich steigen sollen, abdämpfen – indem die Privatversicherten mehr an den Kosten der Gesundheitsversorgung beteiligt werden. Zum Beispiel sollen die Privaten Krankenkassen auch an der jüngst von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beschlossenen Krankenhausreform beteiligt werden.
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