„Durchhaltevermögen ist der Schlüssel“
EU-Geld fließt in Russlands Wirtschaft – Ukraine-Hilfen bleiben auf der Strecke
Europa kauft massiv fossile Rohstoffe aus Russland. Die Ausgaben übersteigen sogar die Ukraine-Hilfen. Neue Sanktionen sollen das Problem lösen.
Brüssel – Ende Februar hatte zunächst Großbritannien ein neues Sanktionspaket gegen das Land angekündigt. Fast gleichzeitig hatte die Europäische Union (EU) das 16. Sanktionspaket verabschiedet. Unter anderem trifft es die russische Schattenflotte, Aluminium und die Infrastruktur. Bei den Energieexporten aber zeigen die Sanktionen nicht die Wirkung, die sie zeigen müssten.
Europa kauft weiter russische Energieexporte – und zahlt dem Kreml mehr als der Ukraine
Trotz aller Sanktionen und dem vom Westen gesetzten Ziel, Russlands Wirtschaft die Einnahmen aus Energieexporten abzugraben, hat die Europäische Union Russland im Jahr 2024 rund 21,9 Milliarden Euro bezahlt, um fossile Energieträger zu importieren. Im Vergleich zu 2023 bedeutet das einen Rückgang um lediglich 1,0 Prozent, wie das Center for Research on Energy and Clean Air (CREA) am Montag (24. Februar) berichtete.
Im Vergleich dazu: Die Ukraine hatte von europäischen Ländern im selben Zeitraum finanzielle Hilfen in Höhe von rund 18,7 Milliarden Euro erhalten. Russlands Energie-Exporte nach Europa waren demnach teurer als die geleistete Hilfe für die von Russland angegriffene Nation. Allerdings habe Europa „deutliche Fortschritte“ in Sachen Energieunabhängigkeit gemacht. Importe von russischem Öl und Gas hätten sich „substanziell“ verringert, so waren zum Beispiel die Gasimporte von 45 Prozent (2021) auf rund 18 Prozent (2024) gesunken.
„Allerdings kommt noch immer ein Viertel der russischen Fossiltreibstoff-Gewinne aus Europa“, zitierte CREA Thomas Pellerin-Carlin, ein Mitglied des Europäischen Parlaments. Trotz aller Mühen, sich von russischen Importen zu lösen, hätten EU-Mitgliedstaaten rund sieben Milliarden Euro in russisches Erdgas gesteckt (plus neun Prozent, verglichen mit 2023). Seit Monaten ruft das CREA dazu auf, die Energiesanktionen zu verschärfen. Diese könnten dafür sorgen, dass die Gewinne des Kremls stärker zurückgehen und der Schaden an Russlands Wirtschaft wächst.
Sanktionen verlieren ihre Wirksamkeit – Schattentanker scheffeln Geld für Russlands Wirtschaft
Laut dem CREA-Report waren die westlichen Sanktionen gegen russische Öl-Exporte 2024 nicht mehr so wirksam wie noch im Jahr 2023. Die Sanktionen hätten die Einnahmen um sechs Prozent vermindert und Russlands Wirtschaft in etwa eine Summe von 2,6 Milliarden Euro entzogen. Russland greife auf seine Schattenflotte zurück, um die Sanktionen immer erfolgreicher zu umgehen – konkret können diese Schiffe den europäischen Ölpreisdeckel ausmanövrieren.
Bei der Schattenflotte handelt es sich um eine Flotte veralteter Schiffe, die generell verschiedene Tricks zur Verschleierung ihrer Handelsaktivitäten anwenden. Zum Beispiel fahren sie häufig unter der Flagge afrikanischer Länder, sie wechseln die Namen und die Besitzerfirmen – oder schalten zwischendurch ihre Ortungsgeräte aus, um etwa dubiose Handelsaktivitäten geheim zu halten. Vor diesen Schattentankern hatten sowohl Verteidigungs- als auch Umweltexperten schon oft gewarnt.
„Sanktionen sind nicht nur ein Werkzeug, sie sind eine strategische Notwendigkeit“, sagte dazu Rasa Juknevičienė, die ebenfalls zum EU-Parlament gehört. „Jetzt ist die Zeit, ruhig und bestimmt damit weiterzumachen und gegen den Druck standzuhalten, die Sanktionen zu lüften.“ Eine vorzeitige Auflösung der Sanktionen würde autoritäre Regime stärken und europäische Prinzipien verletzen. „Durchhaltevermögen ist der Schlüssel zu einem wirklichen Impakt.“
Putin-Verbündete geben Sanktionen nach – Neuer Schaden für Russlands Wirtschaft
In der Tat hatten gerade neue US-Sanktionen im Januar deutliche Resultate gezeigt. Noch unter der Regierung von Joe Biden hatte das Land eine ganze Riege der russischen Schattentanker sanktioniert – woraufhin sogar eigentlich enge Verbündete vom Kreml-Diktator Wladimir Putin die Reißleine gezogen hatten. China zum Beispiel hatte den Tankern die Einreise zu bestimmten Häfen verwehrt. Gleichzeitig droht Russlands Luftfahrtbranche durch die Sanktionen eine Insolvenzwelle.
Mit den neuen Sanktionen versuchen die westlichen Ukraine-Verbündeten, die Daumenschrauben enger zu ziehen. Gleichzeitig hatte der US-Präsident Trump eine neue Front aufgemacht und sich so russlandfreundlich gezeigt wie selten ein US-Präsident zuvor – im Westen kam darum bereits Sorge auf, ob die USA ihre Sanktionspolitik so fortsetzen.
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