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Vor den Landtagswahlen

Deutsche Unternehmen reagieren auf AfD-Parolen: „Wie unpatriotisch muss Björn Höcke sein?“

Björn Höcke
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Thüringens AfD-Chef Höcke hat deutschen Unternehmen den Niedergang gewünscht. (Archivbild)

Björn Höcke, der Anführer der AfD, hat deutschen Familienunternehmen „schwere wirtschaftliche Turbulenzen“ prognostiziert. Diese lassen seine Parolen nicht mehr unkommentiert.

Erfurt – Eine Woche vor der Landtagswahl in Thüringen hat der dortige Landeschef der AfD, Björn Höcke, eine Gruppe deutscher Familienunternehmen angegriffen, weil sie sich für Vielfalt und Demokratie eingesetzt haben. Wörtlich wünschte Höcke auf einer Wahlkampfveranstaltung in Sömmerda den Unternehmern „schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen“. Das wollen die sich nicht gefallen lassen – und geben Konter.

Höcke will bei diesen deutschen Familienunternehmen nichts mehr kaufen

Björn Höcke sagte in Thüringen, dass diese Unternehmen „jahrzehntelange mitangesehen haben, wie dieses Land deindustrialisiert wurde“ und sich daher nicht in die Politik einzumischen haben. Weiter sagte er, dass er in Zukunft bei diesen Familienunternehmen nichts mehr kaufen würde. „Ich habe vor kurzem noch eine Kettensäge von Stihl gekauft – würde ich heute nicht mehr tun. [...] Aber ich will hier nicht zum Boykott aufrufen“.

Hintergrund der Aussagen ist eine Kampagne von über 40 deutschen Familienunternehmern mit dem Namen „Made in Germany – Made in Vielfalt“, das bereits 2019 ins Leben gerufen wurde und im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen nochmal ausgerollt wurde. In einem Interview gegenüber der Welt sagte der Gründer der Kampagne, Timm Mittelsten Scheid, Geschäftsführer bei Vorwerk, dass ihm die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Deutschland Angst machte, weshalb er diese Initiative gegründet habe.

Höcke-Aussagen lösen Wut bei deutschen Unternehmen aus

In einem Gastkommentar im Handelsblatt hat Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“ nochmal zu Höckes Aussagen in Sömmerda deutlich Stellung bezogen. „Wie unpatriotisch muss Björn Höcke sein – und das, obwohl sich die AfD gern als patriotische Partei schmückt –, wenn er Familienunternehmen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den wirtschaftlichen Niedergang wünscht“, schreibt sie darin.

„Um es klar zu sagen: Thüringen und Sachsen stehen bei diesen Landtagswahlen an der Abbruchkante zur wirtschaftlichen Katastrophe“, so Ostermann. Denn der Fachkräftemangel wird in Thüringen und Sachsen aufgrund des demografischen Wandels hart zuschlagen. Ostermann berechnet, dass schon bald jeder vierte Arbeitsplatz in Thüringen nicht besetzt werden könne, bis 2033 geht jeder fünfte Arbeitnehmer in Thüringen in Rente.

„Ohne gesteuerte Zuwanderung – was etwas völlig anderes ist als der ungesteuerte Asyl-Zustrom – können Thüringen und Sachsen bald das Licht ausknipsen“, schlussfolgert die Verbandspräsidentin in ihrem Beitrag. Die AfD sei ein Standortrisiko für diese Länder und die Leidtragenden würden die Beschäftigten vor Ort sein.

Unternehmerin: Ampel hat Mitschuld am Erstarken der AfD

Ostermann nimmt dabei die Ampel-Koalition nicht in Schutz. „Ja, zur Wahrheit gehört, dass die Ampelregierung durch zahlreiche Fehler eine Mitverantwortung für das Erstarken der AfD trägt“. Das Heizungsgesetz, die Flüchtlingspolitik und die Reform des Bürgergeldes – all das habe dazu beigetragen, sagt sie. Doch sollten sich AfD-Wähler in Thüringen und Sachsen überlegen, ob diese in Teilen rechtsextreme Partei die Wirtschaft vor Ort wirklich besser machen würde.

Zu den Unternehmen, die bei der „Made in Germany – Made in Vielfalt“ Kampagne mitmachen, gehören zahlreiche bekannte Firmen: Braun, Fischer, Fiege, Gröning, Lapp, Miele, Rossmann, Sennheiser, Stihl, Trigema, Voelkel, um ein paar zu nennen.

Institut warnt vor der AfD: „Gift für unsere Wirtschaft“

Dass ein Rechtsruck vor allem ostdeutschen Unternehmen Sorgen bereitet, macht eine neue Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ebenfalls deutlich. Demnach sehen nur „maximal 13 Prozent“ der befragten Firmen eine Chance durch die AfD. „Als eindeutige Unterstützer der rechtspopulistischen Partei lassen sich in Ost wie West nicht einmal fünf Prozent der Unternehmen einordnen“, so das arbeitgebernahe Institut.

Der Chef des Instituts, Michael Hüther, nannte die AfD deshalb auch „Gift für unsere Wirtschaft“. Eigentlich habe sich die Konjunktur in den ostdeutschen Ländern in den vergangenen Jahren „prächtig“ entwickelt. Eine aktuelle IW-Befragung zeige aber, dass die Menschen im Osten diese positive Entwicklung nicht wahrnehmen. Jeder fünfte Befragte glaubt demnach, in einer abgehängten Region zu leben.

Populisten machten sich diesen „Unterschied zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit zunutze“, erklärte Hüther. Auch bei der Frage, was der Osten für die Zukunft brauche, ignorierten sie die Fakten. Die AfD und ihre Anhänger wehrten sich etwa hartnäckig gegen den Ausbau erneuerbarer Energien - dabei sorgten sie für günstige Energie. Auch gegen Zuwanderer mache die Partei Stimmung, obwohl die ostdeutsche Wirtschaft stark auf sie angewiesen sei.

Aufruf an SPD, Grüne, CDU und FDP: Erfolge der Wirtschaft nicht kleinreden

Der IW-Chef forderte die Parteien der Mitte auf, wirtschaftliche Erfolge nicht kleinzureden. Genauso müssten die Politiker aber „die offensichtlichen Probleme“ benennen. Das sind laut Hüther ungleiche Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land, überbordende EU-Bürokratie, Unsicherheit in der Bevölkerung durch Zuwanderung und Strukturwandel.

„Gerade weil diese Probleme bestehen und die politischen Ränder sie instrumentalisieren, ist Offenheit gefragt“, argumentierte der IW-Chef, Offenheit „gegenüber anderen Menschen und Kulturen, aber auch gegenüber neuen Technologien und dem Wandel“. Das sei die Basis für den Erfolg der deutschen Wirtschaft und „unseren Wohlstand“. (mit AFP)

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