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Expansionspläne

Europa-Chef von China-Hersteller über EU-Ermittlungen - „Viele der Angriffspunkte sind obsolet“

Jochen Tüting arbeitet seit knapp zehn Jahren für den chinesischen Autobauer Chery Automobile
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Jochen Tüting arbeitet seit knapp zehn Jahren für den chinesischen Autobauer Chery Automobile.

Chery ist der größte Autoexporteur Chinas. Nun stehen die EU-Märkte im Fokus. Der Europa-Chef räumt mit einem Vorurteil auf, spricht über Strategie und mögliche Strafzölle.

Raunheim/München - Chinesische Autohersteller nehmen die europäischen Automärkte ins Visier. In der EU ist eine Debatte um die Gefahr durch die Konkurrenz aus Asien entbrannt, politisch sind die Handelsbeziehungen diesbezüglich abgekühlt.

Brüssel plant sogar höhere Strafzölle angesichts der Vermutung, dass Konzerne aus der Volksrepublik von illegalen Subventionen profitieren. Mit Chery Automobile plant derweil der größte Autobauer aus dem Reich der Mitte den Sprung nach Europa. Wir haben uns mit dem Geschäftsführer der hiesigen Sparte über die geplante Modelloffensive unterhalten.

Jochen Tüting verrät uns im Exklusiv-Interview, wie die Strategie des Konzerns für die EU-Märkte aussieht, welche Modelle wir erwarten können und was er über die Untersuchungen der EU-Kommission denkt.

China-Hersteller Chery: Nicht nur E-Autos - Technologie-Offenheit ist Trumpf

Herr Tüting, Chery plant mit den Marken Jaecoo und Omoda in Deutschland den Marktstart. Läuft alles nach Plan?
Jochen Tüting: Wir hatten uns früh Spanien als europäischen Pilotmarkt ausgesucht und haben nun erfolgreich den Marktlaunch vollzogen. Wir haben inzwischen vier nationale Sales Organizations gegründet, in den UK eine Vertriebsorganisation, in Spanien natürlich, in Italien ist gegründet und in Polen und den Niederlanden. In der nächsten Welle kommen die verbleibenden Organisationen in Deutschland, Frankreich und Belgien dazu.
Wie sieht die Modellstrategie aus?
Tüting: Wir sind jetzt in Spanien mit dem ersten Modell, Omoda 5, am Markt. Zum Verbrenner kommt in etwa zwei Monaten die Elektrovariante dazu. Spätestens im Juni dann das erste Schwestermodell: der Jaecoo 7 in zwei Verbrenner-Varianten, dazu vermutlich im August die PHEV-Variante. So wollen wir zum Marktstart in Deutschland, den wir um den August herum anvisieren, vier Produkte zur Verfügung haben, die gesamte Palette von BEV über PHEV bis hin zu Verbrenner-Varianten. Wir planen bis Ende 2025 insgesamt drei Modelle pro Marke im Markt zu haben, also ein Portfolio von mindestens sechs Fahrzeugen.

Größter Autoexporteur Chinas: „Verbrenner Teil unserer Zukunftsstrategie“

Stichwort Technologieoffenheit. Planen Sie, bei den Antriebsarten längerfristig mehrgleisig zu fahren?
Tüting: Wir sind seit über 20 Jahren größter Exporteur von Fahrzeugen aus China. Die Voraussetzungen in den globalen Märkten sind sehr unterschiedlich und Europa deutlich weiter fortgeschritten, was konkrete Pläne hinsichtlich Elektrifizierung angeht. Um auf den globalen Märkten zu bestehen, sind auch Verbrenner ganz klar Teil unserer Zukunftsstrategie. 
E-Autos oder Verbrenner: Welche Antriebstechnologie sehen Sie am zukunftsfähigsten? 
Tüting: Ich glaube, dass der Elektroantrieb inzwischen so viel globales Momentum bekommen hat, dass das eine der führenden Antriebstechnologien sein wird. Wenn wir ein bisschen aus dem Pkw-Bereich rausgehen, hat Wasserstofftechnologie eine sehr gute Zukunftsperspektive im Last- und Schwerlastverkehr. Und ich glaube, dass das Thema E-Fuels durchaus noch an Relevanz gewinnen kann.
Wie kommt Ihr Unternehmen mit dem Ausbau des Vertriebsnetzes voran?
Tüting: Wenn man in acht Märkten parallel Vertriebsorganisationen hochzieht, klappt es auf dem einen Markt schneller als auf dem anderen. Aber wir sind flexibel und es war früh klar, dass Spanien der Pilotmarkt wird. Der Grund: Es gibt ein sehr großes Interesse der Händlerschaft. Dazu kommt eine große Markenoffenheit beim Endkunden, sodass es uns relativ leicht gefallen ist, vor Ort ein starkes Team aufzubauen. 
In Deutschland sind wir in vielen Gesprächen mit verschiedenen Händlergruppen. Einige davon sehr, sehr konkret. Aber ob es dann zum Juli oder zum August oder zum September passt, dass wir die richtige Menge an Händlern haben, wird sich noch zeigen.

China-Hersteller Chery arbeitet „mit nahezu allen globalen Zulieferern zusammen“

Wie ist es um die Zusammenarbeit mit hiesigen Zulieferern bestellt? 
Tüting: Im Grunde kann man sagen, dass wir mit nahezu allen globalen Zulieferern zusammenarbeiten. Viele davon, Continental ist ein gutes Beispiel, haben große Produktionsstandorte - auch bei uns in direkter Nähe zum Headquarter in Wuhu (China, Anm. d. Red.). Wir arbeiten weiter mit Bosch zusammen und, ob es Hella ist oder wer auch immer, wir machen auch mit deutschen Zulieferern Geschäfte.
Wie bewerten Sie die Untersuchungen auf EU-Ebene im Hinblick auf illegale Subventionen durch China für heimische Autobauer?
Tüting: Wir beobachten natürlich genau, was passiert und wie die politische Stimmung ist. Wenn Sie konkret auf die Untersuchung der EU anspielen, da geht es ja konkret um batterieelektrische Fahrzeuge. Wir zeigen glaube ich relativ deutlich, dass wir jetzt in Spanien mit einem Verbrenner anfangen, das ist ein gut ausgestattetes Crossover-SUV, das wir ab 25.900 Euro anbieten. Die Untersuchung hinsichtlich Subventionierung spielt für dieses Fahrzeug dementsprechend keine Rolle. Das zeigt grundsätzlich, dass wir durch unsere Lieferkette in der Lage sind, sehr kosteneffizient zu entwickeln und zu produzieren. Das liegt unter anderem an über 80 Minderheitsbeteiligungen von Chery an Zulieferbetrieben. (...) Wenn Sie sich Chery weltweit angucken, haben wir mehr als zehn internationale Werke, wo wir entweder reine Endmontage haben oder tatsächliche Produktionswerke. Damit sind viele der potenziellen Angriffspunkte hinsichtlich Strafzöllen oder was auch immer obsolet.

Spannungen zwischen Europa und China? „Es geht um fairen, gerechten Wettbewerb“

Halten Sie die Untersuchungen der EU für gerechtfertigt?
Tüting: Grundsätzlich steht Chery zu offenen Märkten. Wir erwarten Transparenz und faire Marktbedingungen, genauso wie unsere Wettbewerber das tun. Ich glaube, dass China sich in den letzten Jahren sehr geöffnet hat, zum Beispiel in der Automobilproduktion. Sie sehen das an Übernahmen zum Beispiel von BMW, die Teilbereiche ihrer Joint-Venture-Partner übernehmen. Sie sehen es bei VW, Sie sehen es bei Tesla, die 100-prozentiger Eigentümer ihrer Firma in China sind und entsprechend unterstützt werden. Insofern geht es uns um gerechten und fairen Marktwettbewerb.

Zum Thema Strafzölle durch die EU hat Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius kürzlich ein Statement abgegeben.

Elektroauto-Markt in China boomt: Zehn Marken, die Sie kennen sollten

Elektrotransporter von Maxus.
Platz 10 – Maxus: Ford, VW und Mercedes aufgepasst. Mit Maxus greifen die chinesischen Hersteller auch bei den Nutzfahrzeugen an. Die Modelle der 2011 gegründete Tochter von SAIC Motors sind unter anderem bei der österreichischen Post und Ikea im Einsatz. Verkauft werden die Transporter über eigene Händler. © GlobalImagens/Imago
Der Aiways U5.
Platz 9 – Aiways: 2017 ging der Hersteller in China an den Start. Schon zwei Jahre später folgte die erste Niederlassung in Europa. Im selben Jahr kam mit dem U5 das erste Auto in China auf den Markt. 2020 folgte Deutschland.  © Aiways
Der Wey Coffee 01
Platz 8 – Wey: Ihr Debüt feierte die Marke 2016 im Rahmen der Guangzhou Auto Show. Ab 2017 wurden die ersten Autos verkauft. In Europa ist Wey seit 2022 vertreten. Mit dem Coffee 01 will die Tochter von Great Wall in Deutschland durchstarten. Mit dem Plug-in-Hybrid Cooffee 02 legen die Chinesen im Herbst nach. Vertrieben werden die Fahrzeuge vom Importeur Emil Frey. © Wey
Lynk & Co 01
Platz 7 – Lynk & Co: Auch hinter diesem Hersteller, der 2016 gegründet wurde, verbirgt sich wieder Geely. Der Plug-in-Hybrid 01 wird dabei vor allem im Abo vertrieben. Das Modell kann aber auch gekauft oder geliehen werden. Entwickelt und entworfen wurde der Lynk & Co in Schweden bei der Konzernschwester Volvo.  © Lynk & Co
Der MG 4 EV.
Platz 6 – MG: Tot gesagte Leben länger. Das gilt auch für die britische Traditionsmarke MG. Allerdings nicht mehr unter der Flagge ihrer Majestät. Nach der Insolvenz erwarb zunächst die Nanjing Automobile Group im Juni 2005 die Markenrechte für 53 Millionen Pfund Sterling (ca. 61 Millionen Euro). Inzwischen gehört der Hersteller zu SAIC Motor. Dort wurde MG mit Roewe in der Abteilung Passenger Vehicle zusammengefasst. Seit Januar 2021 ist MG auch wieder auf dem deutschen Markt vertreten – unter anderem mit dem 4 EV. © MG
Der Xpeng P7.
Platz 5 – Xpeng: Wie viele chinesische Hersteller ist auch Xpeng noch relativ jung. Erst 2014 wurde das Unternehmen gegründet, konnte in den vergangenen Jahren seine Stückzahlen aber immer weiter steigern. In Europa ist Xpeng bisher lediglich in Schweden, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden vertreten. Wann der Hersteller nach Deutschland kommt, ist unklar. © Zuma Wire/Imago
Der Zeekr 001.
Platz 4 – Zeekr: Auch wenn der Name so gar nicht chinesisch klingt, stammt der Hersteller dennoch aus dem Reich der Mitte. Der Markenname setzt sich aus Generation Z und dem Begriff Geek zusammen. Hinter dem erst 2021 gegründeten Autobauer steckt Geely. Mit der neuen Tochter möchte man im Premiumsegment Fuß fassen. Zeekr arbeitet zudem mit Waymo an einem vollelektrischen, autonom fahrenden Ride-Hailing-Fahrzeug für die USA. Zusammen mit Mobileeye will man bis 2024 autonomes Fahren in Serie bringen. 2023 soll die Marke in Schweden und den Niederlanden mit den Modellen 001 und X ihren Europa-Start feiern. © Zeekr
Der Ora Funky Cat.
Platz 3 – Ora: Wie Wey gehört auch Ora zu Great Wall Motor. Gegründet wurde die Elektro-Tochter erst im Jahr 2018. Trotz ihrer noch recht jungen Geschichte hat die Marke schon für einen Aufreger gesorgt und eine dreiste Kopie des VW Käfer auf den Markt gebracht. In Europa gibt es das Modell jedoch nicht, dafür aber den Funky Cat. © Ora/GWM
Der NIO ES6 steht auf einer Messe.
Platz 2 – NIO: Der Name des 2014 gergründeten Herstellers ist eine Anspielung auf den Smog über den Großstädten Chinas. Nio,in chinesischen Schriftzeichen „Weilai“, bedeutet übersetzt „Der Himmel wird blau“. Eine Besonderheit der Marke ist die Battery-Swap-Technologie. In fünf Minuten wird der Akku gegen einen neuen ausgetauscht. Sein Europa-Debüt gab Nio 2021 in Norwegen. Seit 2022 sind die Elektroautos auch in Deutschland erhältlich. © VCG/Imago
Der BYD Seal.
Platz 1 – BYD: Unter den chinesischen Autobauern ist Built Your Dreams (BYD) fast schon so was wie der Opa. Seit 1995 gibt es das Unternehmen bereits. Autos spielten am Anfang jedoch noch keine Rolle, stattdessen baute man wiederaufladbare Batterien. Erst 2003 stieg man durch den Kauf der angeschlagenen Xian Qinhuan Automobile in das Automobilgeschäft ein. Inzwischen ist BYD einer größten Automobilproduzenten Chinas und der Welt. In Deutschland sind die Chinesen derzeit mit den Modellen Atto3, Han und Tang vertreten. © VCG/Imago

Cherys Europa-Chef: „In Deutschland ist die Markentreue noch deutlich größer“

Vor langer Zeit haben die Japaner, vor 20 Jahren auch die Koreaner den Sprung auf europäische Märkte vollzogen. Glauben Sie, dass chinesische Autobauer längerfristig ähnlich erfolgreich sein können?
Tüting: Ich glaube, zu Zeiten, als die japanischen Mitbewerber nach Europa gekommen sind, war der Markt noch sehr traditionell und fokussiert auf lokale Hersteller. Das war zu großen Teilen auch noch so, als die Koreaner kamen. Ich sehe heute eine deutlich größere Markenoffenheit beim Endkunden, da gehören wir in Deutschland sogar noch zu den konservativsten. Das heißt, hier ist die Markentreue gegenüber den etablierten europäischen Herstellern noch deutlich größer als in Märkten ohne eigene Herstellerindustrie.

Deutsche oder chinesische Elektroautos: Geht es nach dem Test eines Fachmagazins, gibt es beim Sieger keine Zweifel.

Das Interview führte Patrick Freiwah

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