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Verkehrswende

Chinas E-Auto-Importflut: EU-Kommission will Strafzölle – doch nicht allen gefällt das

Elektroautos von BYD sind für den Frachttransport im Hafen von Taicang am Jangtse-Fluss gestapelt.
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Warten auf den Export: Elektroautos von BYD im Hafen von Taicang am Jangtse-Fluss. BYD hat im letzten Quartal 2023 weltweit mehr Elektroautos verkauft als Tesla.

Elektroautos aus China erlebten 2023 einen Exportboom – vor allem nach Europa. Die EU sieht unlauteren Wettbewerb am Werk und liebäugelt mit Strafzöllen. Doch damit könnte sie auch eigenen Firmen schaden.

Es ist eine echte Sensation: Chinas Marktführer BYD hat erstmals weltweit mehr Elektroautos verkauft als jeder andere Autobauer. Im vierten Quartal 2023 ließ das Privatunternehmen aus dem südchinesischen Shenzhen den globalen Platzhirschen Tesla hinter sich. Beide gaben ihre Verkaufszahlen für Oktober bis Dezember diese Woche bekannt: Und da lag BYD bei 526.409 verkauften Elektroautos, und Tesla bei „nur“ 484.507.

Der Wechsel an der Spitze der E-Auto-Weltrangliste zeigt: Chinas aufstrebende Hersteller schicken sich an, die Weltmärkte zu erobern, einschließlich Europa. Dabei feiern sie unerwartete Erfolge. Im ersten Halbjahr 2023 exportierten sie nach Daten der China Passenger Car Association knapp 350.000 E-Autos in neun europäische Länder, mehr als im gesamten Jahr 2022. Die IAA im September in München war ein regelrechter Showroom chinesischer E-Auto-Startups. Auch BYD präsentierte dort zwei neue E-Modelle auch für Deutschland: Im neuen BYD Seal saß sogar Außenministerin Annalena Baerbock Probe; das Gefährt mit einer von dem Unternehmen selbst entwickelten, neuartigen Blade-Batterie wird im Verkauf etwas teurer sein als ein Tesla Model 3, aber etwas billiger als vergleichbare E-Autos von VW.

BYD zeigt seine Neuheiten auf der IAA in München. Außenministerin Annalena Baerbock unternahm eine Sitzprobe.

Chinas Elektroautos mit ersten Erfolgen in Europa

Bis 2030 könnte sich der Anteil chinesischer Autohersteller am Weltmarkt von 17 Prozent auf 33 Prozent verdoppeln, zitierte der US-Sender CNN kürzlich eine Studie der Schweizer Bank UBS. Das würde vor allem zulasten der Marktanteile europäischer Hersteller gehen. Auch, weil die EU derzeit nur zehn Prozent Einfuhrzoll auf E-Autos aus China erhebt – und die USA 27,5 Prozent. Kein Wunder also, dass man in Brüssel besorgt ist.

Im September hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer jährlichen Rede zur Lage der EU angekündigt, Elektroautos aus China hinsichtlich Dumpings und Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen prüfen zu wollen. Globale Märkte würden „mit billigeren chinesischen Elektroautos geflutet“, sagte sie. Das schade der EU-Produktion von E-Autos, die für den Kontinent eine „entscheidende Industrie für eine saubere Wirtschaft mit einem großen Potenzial“ sei. Die Autoindustrie gehört generell zu den tragenden Säulen der Wirtschaft Europas, vor allem in Deutschland.

EU-Kommission lässt Chinas E-Auto-Importe auf Dumpingpreise prüfen

China reagierte verärgert. So kritisierte Handelsminister Wang Wentao die Ankündigung damals als „protektionistischen Akt, der die Zusammenarbeit zwischen China und der EU im Umweltbereich und die Stabilität der globalen Automobilindustrie beeinträchtigen wird“. William Li, Gründer und Chef des Elektro-Startups Nio, sagte bei einer Veranstaltung, er erhoffe sich von Seiten der Regierungen Offenheit statt Isolationismus. Nio produziert eher hochpreisige E-Autos, die in China zum Premium-Segment gehören und auch in der EU nicht als Billigautos gelten können.

Auch die Bundesregierung hat offenbar Vorbehalte gegen Anti-Dumping-Zölle der EU auf E-Autos. „Ausgleichszölle der EU könnten die EU-Industrie schützen, aber auch negativ treffen“, hieß es im Dezember in einem vertraulichen Papier, das dem Fachdienst Table.Media vorliegt. Zum Beispiel, wenn China mit Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Autobauer reagiert.

Unlautere Subventionen in China? Lage nicht eindeutig

Trotz solcher Bedenken leitete die EU-Kommission Anfang Oktober offiziell die Untersuchung ein. Experten rechnen mit Strafzöllen in niedriger zweistelliger Höhe und das etwa ab Juli 2024. Laut Brüssel liegt Chinas Anteil an den E-Auto-Verkäufen in Europa mittlerweile bei acht Prozent. Doch derzeit sind die meisten dieser importierten Autos Modelle, die in China von amerikanischen und europäischen Marken hergestellt werden, wie Tobias Gehrke und Filip Medunic in einem Beitrag für die Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) schreiben. Dazu gehörten zum Beispiel Teslas, die in Shanghai produziert werden. Strafzölle könnten also auch die China-Exporte europäischer Autobauer treffen.

Die Lage ist ohnehin keineswegs so eindeutig, wie sie scheint. Zwar subventioniert China die Branche tatsächlich. Erst im Juni beschloss Peking zum Beispiel ein umgerechnet 66 Milliarden Euro teures Paket, um die zuletzt nachlassende Nachfrage nach E-Autos wieder anzukurbeln. Doch auch in der EU setzen rund 20 EU-Mitgliedsstaaten finanzielle Anreize, um die Verkäufe von Elektroautos anzukurbeln, darunter bis vor kurzem auch Deutschland. Frankreich schließt dabei durch einen komplizierten Umweltschlüssel chinesische Hersteller de facto von seinen Subventionen aus.

EU steht vor Zielkonflikt im Elektrosegment

Ob die günstigen Preise der chinesischen Konkurrenz also tatsächlich auf unlauteren Staatsspritzen basieren oder vorwiegend auf niedrigen Produktionskosten, ist nicht so einfach zu sagen. Der Erfolg von BYD ist laut Bloomberg vor allem auf das viel breitere Angebot günstiger Modelle auf dem Heimatmarkt des Konzerns in China selbst zurückzuführen. Die westlichen Autobauer um VW produzieren in der Volksrepublik – und in der Welt – deutlich teurere E-Modelle, die sich viele Menschen nicht leisten können. Zudem tobt China seit dem Frühjahr 2023 ein gnadenloser Preiskampf im Elektrosegment. Angestoßen hatte die Abwärtsspirale bei den Preisen nicht etwa ein chinesischer Konzern oder die Regierung, sondern die China-Dependance des US-Elektroautobauers Tesla – mit immer neuen Rabattrunden.

Generell steht die EU bei den Elektroautos vor demselben Zielkonflikt wie in der Solarindustrie: wie den Aufbau einer heimischen, resilienten Industrie schützen, ohne die Energiewende durch steigende Preise abzuwürgen? Denn Strafzölle treiben zwangsläufig die Preise hoch. „Um das Ringen in der Elektromobilität zu gewinnen, ohne sich selbst in den Fuß zu schießen, braucht die EU eine umfassende Strategie, die über Zölle hinausgeht“, schreiben Gehrke und Medunic. „In der Elektromobilität bedeutet De-Risking von China, eine komplette alternative Wertschöpfungskette aufzubauen, von der Mine bis zum Auto.“

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