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Solarboom sorgt für Probleme

Bedeutende Förderung für Eigentümer vor dem Aus: Bald hunderte Euro weniger Geld für Hausbesitzer?

Die Solarenergie erfährt in Deutschland einen Aufschwung. Der Ausbau schreitet unaufhaltsam voran, während Photovoltaik weiterhin staatlich subventioniert wird. Dies belastet den Staatshaushalt, weshalb der Finanzminister Korrekturen vornehmen möchte.

Berlin – Am Donnerstag, dem 22. August 2024 wurden in Deutschland innerhalb einer Stunde 40.468 Megawattstunden (MWh) Strom aus Photovoltaik erzeugt. Zum Vergleich: Die Gaskraftwerke im Land produzieren im Schnitt pro Stunde etwa 3.000 MWh, aus Braunkohle werden zwischen 6.000 und 7.000 MWh stündlich ins Netz eingespeist. In dieser einen Stunde mitten am Tag war Solarenergie also der wichtigste Energieträger im Land und deckte 57 Prozent des Stromverbrauchs ab.

Solarstrom erlebt den Boom: Nicht nur eine gute Nachricht

Das war auch keine Ausnahme. Die Bedeutung der Solarenergie nimmt immer weiter zu. Auf Anfrage an das Bundeswirtschaftsministerium erfuhren in dieser Woche die Zeitungen der Funke-Mediengruppe, dass im gesamten Juli 10,1 Terrawattstunden Solarstrom erzeugt wurden. Das war ein neuer Rekord, und für den Minister Robert Habeck (Grüne) ein Zeichen dafür, dass wir „auf Zielkurs, um unsere Ausbau- und Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen“, sind.

Der Ausbau der Photovoltaik im Südwesten kommt voran.

Doch der Zubau durch Solar ist nicht nur eine gute Nachricht. Zumindest aus finanzieller Sicht läuft das Land gerade sehenden Auges in ein Desaster. Der Grund ist die Solarförderung, also die Marktprämie und die Einspeisevergütung, die Betreiber von PV-Anlagen momentan bekommen. Für Eigentümer und Eigentümerinnen einer privaten Solaranlage auf dem Dach gibt es pro eingespeister Kilowattstunde Solarstrom 8,03 Cent – und das völlig unabhängig von der aktuellen Marktsituation. Diese Einspeisevergütung hat auch eine garantierte Laufzeit: 20 Jahre lang erhalten Betreiber dieses Geld.

Solarförderung hat PV-Ausbau beschleunigt – jetzt kostet die Förderung viel Geld

Bisher war das auch eine sinnvolle Maßnahme, um den Solarausbau zu fördern. Wer eine PV-Anlage aufstellt, sollte nicht nur von der Idee der Autarkie überzeugt werden, sondern auch die Aussicht auf Einnahmen haben. Offenbar hat das auch gut geklappt, Solar boomt – so sehr, dass regelmäßig an Sonnentagen ein Überschuss an Strom auf dem Markt ist, was den Preis in den Keller drückt. Es entstehen sogar negative Strompreise, da das Angebot die Nachfrage stundenweise deutlich übersteigt.

Und trotzdem bekommen Einspeiser ihre 8,03 Cent pro kWh, obwohl der Strom zwischenzeitlich wertlos geworden ist. Das belastet 2024 erstmals den Bundeshaushalt in erheblichem Maße: 20 Milliarden Euro wird der Staat nach aktuellen Berechnungen der Netzbetreiber in diesem Jahr dafür aufbringen müssen. Gegenüber IPPEN.MEDIA berechnete kürzlich der Energieökonom Christof Bauer, dass diese Kosten schrittweise bis 2029 um etwa fünf Milliarden Euro steigen werden, wenn sich nicht schleunigst etwas an der Förderung ändert.

Wenig verwunderlich ist es daher auch, dass der Finanzminister da nun Alarm schlägt. In Zeiten knapper Haushaltskassen kann der Bund eigentlich keine 20 Milliarden Euro ausgeben – vor allem nicht für etwas, das diese Förderung wahrscheinlich nicht mehr bräuchte. Gegenüber der Funke-Mediengruppe kündigte Christian Lindner (FDP) deshalb auch an: „Die neue Kleinanlage auf dem Hausdach habe ich von der Mehrwertsteuer befreit, das ist bereits Förderung genug. Als Sofortmaßnahmen wird die Regierung zudem jede Förderung bei negativen Strompreisen, also wenn Energie im Überfluss im Netz ist, beenden.“

Aus für Solarförderung würde für Hausbesitzer 600 Euro weniger bedeuten

Ein Aus der Solarförderung also soll die Belastung für den Haushalt zumindest nicht noch weiter steigen lassen. Da die Vergütung für bestehende Anlagen auf 20 Jahre garantiert ist, würde eine Abschaffung jetzt nur neue Anlagen treffen.

Philipp Schröder, der CEO des Ökostromanbieters 1Komma5°, hat berechnet, dass Hauseigentümer mit dem kompletten Wegfall der Solarförderung bis zu 600 Euro weniger in der Tasche pro Jahr hätten, als es aktuell der Fall ist. Dabei geht er von einer jährlichen Einspeisung von 7.000 bis 7.500 kWh aus. Wer einen Batteriespeicher zusätzlich hat – was heutzutage in über 90 Prozent der Fälle so ist – kann nach Schröders Rechnung mit 330 Euro weniger durch den Wegfall der Einspeisevergütung rechnen.

So ganz passt die Rechnung Schröders aber nicht ins Bild, denn sie vereinfacht die Situation stark. Der CEO geht hier davon aus, dass die Solarförderung ganz wegfällt, also: Wer einspeist, erhält gar nichts mehr für seinen Strom. Das ist aber nicht das, was Lindner bisher zumindest angekündigt hat. Der Finanzminister will lediglich die Vergütung in Zeiten negativer Strompreise stoppen.

Förderung fällt weg bei negativen Strompreisen: 38 Euro weniger im Jahr

Im Gesamtjahr 2023 hat es insgesamt 301 Stunden negativer Strompreise gegeben, wie Daten der Bundesnetzagentur zeigen. Ausgehend von 8,03 Cent pro kWh Einspeisevergütung und einer stündlichen Einspeisung von rund 1,56 Kilowatt aus der PV-Anlage (Durchschnittswert, hängt von der Sonnenleistung ab) würde der durchschnittliche Haushalt knapp 38 Euro weniger im Jahr (bei 301 Stunden negativer Preise) an Vergütung bekommen. Da sich negative Strompreise aber nicht sicher vorhersagen lassen, soll diese Rechnung nur als grober Richtwert dienen.

Nochmal anders würde es aussehen, wenn die Bundesregierung ein Marktsystem schafft, also: Wer Solarstrom einspeist, bekommt eine Vergütung gerichtet nach dem aktuellen Marktpreis. Das würde auch den Anreiz stärken, zu Zeiten negativer Strompreise nicht weiter einzuspeisen, da man zu dieser Zeit auch kein Geld bekäme. Dafür gäbe es die Aussicht auf mehr Geld, wenn man frühmorgens oder in den Abendstunden einspeist.

Einspeisung aus einem Batteriespeicher ist kaum möglich – ein Hebel für die Energiewende?

Im Pendant dazu wäre es möglicherweise auch sinnvoll, die Regeln zur Einspeisung aus Batteriespeichern zu vereinfachen. Wie die Geschäftsführerin des Solarunternehmens Zolar, Sarah Müller, gegenüber dieser Redaktion erklärt, ist das aktuell nämlich kaum möglich. „Ich speichere entweder oder ich speise ein“, schildert sie.

Noch strenger vorgehen würde der Energieökonom Christof Bauer, der sogar Strafzahlungen für Einspeiser zu Zeiten negativer Strompreise ins Gespräch bringt. „Wir brauchen eine Pönale fürs Einspeisen“, sagt er zu IPPEN.MEDIA. Dies dürfte allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen, da man sich innerhalb der Erneuerbaren-Energien-Branche vor einem Effekt der Abschreckung sorgt. Ähnlich wie die Debatten um das Heizungsgesetz im vergangenen Jahr eine tiefe Verunsicherung auslösten, was die Heizungsbranche zum Erliegen brachte, sorgt man sich bei Solarunternehmen vor solch einer Verunsicherung.

„Wenn wir unser Ziel von 30 Gigawatt schaffen wollen, dann brauchen wir bis 2030 doppelt so viele Solaranlagen wie jetzt gerade in der Installation. Jetzt eine Debatte über Strafzahlungen für die Produktion von Solarstrom aufzumachen, würde das aus meiner Sicht gefährden“, sagte daher auch Müller.

Rubriklistenbild: © Bernd Weißbrod/dpa

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