Vom Erfolgsrezept bis zu finanziellen Hürden
„Sorry“: Kirchanschörings Sportlicher Leiter Sven Vetter im ehrlichen Gespräch mit beinschuss.de
Der sportliche Leiter des SV Kirchanschöring, Sven Vetter (mittig), stellte sich den Fragen von beinschuss.de.
© Christian Mühlhofer
Kirchanschöring schreibt derzeit sportliche Erfolgsgeschichten, doch der Weg an die Spitze ist nicht ohne Herausforderungen. Im exklusiven Interview mit beinschuss.de spricht der Sportliche Leiter Sven Vetter über viele Themen – und warum manche Fragen unbeantwortet bleiben müssen.
von Rudi Mayer
Kirchanschöring – Es ist momentan ein Genuss für jedes Fußballherz, den Bayernliga Süd-Kickern den SV Kirchanschöring bei ihren reihenweisen Siegeinfahrungen zuzuschauen. Das rief natürlich beinschuss.de auf den Plan, denn wir wollten es diesmal etwas genauer wissen, wie es sein kann, dass eine Mannschaft nach einem desolaten Saisonbeginn einen solch kuriosen Aufwärtstrend zeigt und die Tabelle von hinten aufrollt.
Dazu hat sich kein Geringerer als der sportliche Leiter, Sven Vetter zu uns gesellt, um uns Rede und Antwort zu stehen für die furiose Leistungsexplosion des Bayernligisten SV Kirchanschöring – auch bei der Reserve, die in der Kreisklasse 4 die Tabelle anführen.
In unmittelbarer Nähe des Stadions fällt dazu eine kleine Holzhütte auf, überall Rauchschwaden, ein Feuer lodert unaufhaltsam unter einem glühenden Kupferkessel, die Dorfälteste „Kunigundix“ schmeckt den Sud aus geriebenen Spinnenbeinen, gehackten Schlangenköpfen, Mäuseschwänzen und Hühneraugen ab mit einer leichten Brise getrockneten Fliegenpilz! „Ist gleich fertig Jungs!“, schreit sie in die anstehende gelb-schwarze Spielerschlange…
Kirchanschöring: Sportlicher Leiter Sven Vetter im Interview
…Sag mal Sven, muss ich mir ein solches Szenario bei Euch vorstellen, oder kannst Du uns mit etwas einfacheren „Zutaten“ erklären, was hier gerade in Kirchanschöring passiert?
Sven Vetter: (muss nach einem Lachanfall erstmal tief Luft holen!) Ja, es ist momentan einfach nur schön zum Zuschauen, wenn die Jungs aus sich rauskommen, um voll 100 Prozent abzuliefern. Unsere „Zutaten“ sind eigentlich ganz einfach damit erklärt, dass das gesamte Mannschaftsgefüge sehr ausgeglichen und stabil auf dem Rasen die Farben unseres Vereins vertreten, da spielen viele Aspekte eine Rolle, angefangen vom Trainergespann, über den Vorstand bis hin zum Betreuer und Helfer – alle hier im Verein sind sich ihrer Verantwortung bewusst und liefern entsprechend im Sinne der momentan herrschenden „gelb-schwarzen“ Euphorie ab.
Bis zum 5. Spieltag war Euer Mario Demmelbauer in der Verantwortung des Cheftrainers, wie siehst Du die vergangene Zeit mit dem bekanntlich erfahrenen und verdienten A-Lizenzinhaber und woran scheiterte es Deiner Meinung nach letztendlich an seinem Arrangement?
Ich bin ja erst zum 1. Januar dieses Jahres vom Verein als Sportlicher Leiter bestellt worden, d.h. ich kannte ihn ja nur bis zum August etwa acht Monate. Aber ich kann nur sagen, dass er ein super erfahrener Trainer war, der schon weit vor meiner Zeit im Verein viel bewegt hat – ja, woran es letztendlich gelegen hat, ist gar nicht so leicht zu dokumentieren. Es waren verschiedene Punkte zusammengekommen, die beide Seiten veranlasste, sich zusammenzusetzen und im gegenseitigen Einvernehmen das bestehende Beschäftigungsverhältnis zu beenden – mehr möchte ich zu diesem Thema nicht weiter erörtern.
Was hat sich Deiner Meinung nach mit der Übernahme durch Thomas Leberfinger in der „Seele der Mannschaft“ verändert – es muss ja irgendwas passiert sein?
Der Thomas ist einfach einer von uns, er hat selbst in dieser Mannschaft gekickt, wie kein anderer kennt er jeden einzelnen Spieler und hat halt genau die drei bis vier Hebel gefunden und umgelegt, die die Mannschaft, vor allem was ihr Selbstbewusstsein, Spaß am Fußball, Abwehrorganisation und Kraft im Verbund mit Ausdauer, nach vorne gebracht hat. Man darf natürlich auch seinen Stabmitarbeiter und Co-Trainer Christoph Dinkelbach nicht vergessen – diese beiden zusammen haben letztendlich das Ruder herumgerissen.
Zur neuen Saison habt ihr den Übertorjäger (28 Saisontreffer!) Gabriel Öllerer vom SV Laufen aus der Kreisklasse geholt, hat er bis jetzt Eure Erwartungen erfüllt?
Absolut! Absolut! Er ist eine Persönlichkeit, die zu 100 Prozent zu diesem Verein passt und mit dazu beiträgt, die Mannschaft weiter zu verjüngen, ihn zeichnet ganz besonders sein ungeheurer Trainingsfleiß, sein Einsatz auf dem Spielfeld und seine Mannschaftsdienlichkeit aus – also das war eine richtig gute Verpflichtung!
Ein weiterer, mir sehr auffälliger Spieler ist Manuel Omenalowsky. Habt ihr diesbezüglich auch mit Abwerbungsversuchen anderer Vereine zu kämpfen, wenn JA, wie begegnet ihr denen?
Der Manuel ist ein sehr erfahrener und altgedienter Spieler beim SV Kirchanschöring, ich persönlich glaube nicht, dass er sich jetzt noch von einem anderen Verein abwerben lässt. Er hat ja noch Vertrag bis 2025, was die Erneuerung des Vertrages bringt, das kann noch keiner absehen, aber im Großen und Ganzen denke ich, dass wir den Kader für die Zukunft zusammenhalten können. Anfragen für den einen oder anderen Spieler hat man immer, aber unsere Leute wissen, was sie an uns und diesem Verein haben!
Wie stemmt man eigentlich, in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht gesehen, als kleiner Dorfverein mit etwas mehr als 3000 Einwohnern, die erheblichen Unterhaltskosten einer Bayernliga?
JA, die Kosten für die Bayernliga sind für so einen kleinen Dorfverein natürlich immens, ohne unsere Sponsoren und Gönnern wäre definitiv eine Bayernliga in Kirchanschöring nicht möglich. Wir sind diesbezüglich vor allem den vielen „Ehrenamtlichen“, Freunde des Vereins, freiwillige Helfer und auch der Gemeinde unheimlich dankbar!
SV Kirchanschöring gegen TSV 1860 München II
Wäre denn für den SV Kirchanschöring, gesetzt den Fall des sportlichen Erfolges, es überhaupt machbar, in die nächsthöhere Liga, sprich der Regionalliga, aufzusteigen? Ich spreche hier insbesondere das Verhalten des SV Erlbach an, der ja bekanntlich mit Ablauf der letzten Saison als Tabellenerster auf den Aufstieg verzichtet hatte.
Ich glaube, wir sind gut beraten, hier den Ball etwas flacher zu halten. In erster Linie gilt es im Sinne des angestrebten Klassenerhalts soviel Punkte zu sammeln als möglich. Wenn sich dann aus sportlicher Sicht wirklich einmal so eine Chance bieten sollte, dann muss man natürlich darüber reden, aber davon sind wir im Moment noch weit entfernt.
Mir ist aufgefallen, dass Eure A- und B-Jugendlichen eher Mittelmaß darstellen. Macht Euch das im Moment für die kommende Generation Bayernliga-Fußballer Kopfzerbrechen?
Eigentlich gar nicht, wir spielen mit beiden Mannschaften in der KOL (Kreisoberliga), wir haben einen sehr guten Nachwuchstrainer am Werk, der die Leute fördert. Zum Teil trainieren sie schon mit den Aktiven mit – also da ist mir eigentlich nicht bange. Generell muss ich dazu mal sagen, dass bei uns die Jugendarbeit sehr großgeschrieben wird.
Ihr habt eine eigene Scoutabteilung. In welchen Bereichen, Bambinis, Schüler, Jugend oder Senioren sind die aktiv und tragen diese Leute Deiner Meinung nach zum Erfolg des Vereins bei?
So wie die Scoutabteilung auf unserer Homepage dargestellt wird, existiert sie im Moment nicht! Wir wechseln uns diesbezüglich untereinander ab, wenn mal wieder ein Tipp bei uns ankommt, aber das Hauptaugenmerk liegt hier eindeutig darauf, dass die jungen Menschen Spaß am Fußball entwickeln sollen.
Mir ist ganz besonders aufgefallen, dass Euer Fußballverein vorbildlich und den Profis gegenüber in nichts nachstehend durchorganisiert ist. Wenn man den einzelnen Leuten dabei ins Gesicht schaut, erkennt man zweifelsfrei die Begeisterung und Hingabe dieser Menschen! Warum ist das so?
Ja, warum ist das so? Das ist das Elixier aus dörflichem Zusammenhalt, hier kennt jeder jeden, hier ist sich keiner zu schade für nicht so tolle Aufgaben, wie z.B. Kassieren, Imbiss oder Ordnung zu machen – wenn helfende Hände gefragt sind, dann sind die immer da. Das zeichnet unseren Verein, den SV Kirchanschöring, aus! Ich selbst diene diesem Verein mit allergrößter Hingabe und JA, ich werde meinen Vertrag hier verlängern, wenn es erwünscht ist. Es ist eine Ehre, hier wirken zu dürfen!
Zu guter Letzt eine Frage, auf die ich vor allem im Interesse unserer Leser nicht verzichten darf: Was verdient eigentlich im Durchschnitt ein Bayernliga-Spieler vom SV Kirchanschöring?
Die Leser mögen es bitte akzeptieren, dass wir über Geld nicht sprechen möchten. Sorry! (rm)