„Das glaubt einem ja kein Mensch“
Trotz Verspätung: Erlbach begeistert sogar die Aperol-Fraktion und träumt von der Regionalliga
Über 1700 Zuschauer, verspäteter Anpfiff – und ein 3:0 wie aus dem Lehrbuch: In Erlbach kochte die Holzbau-Grübl-Arena vor Rekordkulisse über. Selbst die Aperol-Fraktion und die Gäste kamen aus dem Staunen nicht mehr raus.
von Rudi Mayer
Erlbach – Am Freitagabend (9. Mai) um 19.30 stand im Rahmen des 33. Spieltages der Fußball-Bayernliga Süd die Begegnung SV Erlbach gegen den FC Pipinsried in der heimischen Holzbau Grübl Arena an. Die über 1700 (!) angereisten Zuschauer erlebten bei trockenen und frühlingshaften Wetterbedingungen ein Bayernligaspiel der absoluten „High-End-Klasse“, gastierte doch der direkte Konkurrent um die Aufstiegsplätze zur Regionalliga bei den „Holzländlern“.
Die Holzbau-Grübl Arena platzte aus allen Nähten: Noch nie zuvor verfolgten so viele Fans ein Spiel in Erlbach, lange Schlangen bildeten sich vor dem Eingang, Schiedsrichter Stefan Treiber (Zell-Bruck) konnte die Partie erst mit zehn Minuten Verspätung anpfeifen. Die Tabellenkonstellation verriet jedem anwesenden Fan die Brisanz der aktuellen Lage, verweilte doch der SV Erlbach nur drei Punkte hinter dem Tabellenzweiten aus Pipinsried. Wollte man auch weiterhin an den begehrten Relegationsplätzen dranbleiben, so mussten heute gegen den über die gesamte Saison konstant starken Gegner unbedingt drei Punkte her – egal wie!
Erlbach entfacht Regionalliga-Traum und begeistert Aperol-Fraktion
Die in Gelb-Blau gekleideten Gäste aus dem 600-Seelen Dorf an der Ilm legten in stark körperbetonter Manier los wie die Feuerwehr, aber wer dachte, dass sich Erlbach davon beeindrucken lässt, hatte sich an diesem Abend gründlich geirrt. Die Vorzeichen dieses Matches konnten nicht interessanter sein, spielte doch hier die erfolgreichste Abwehr gegen den zweitbesten Sturm der Bayernliga! Heimtrainer Lukas Lechner formierte entsprechend seine Jungs hervorragend in ein variables 4-4-2 auf 3-4-3-System, um den brandgefährlichen Sturm um Torjäger Nico Karger (20 Saisontore) wirkungsvoll an die Leine legen zu können.
Das Laufpensum beider Kontrahenten war überdurchschnittlich hoch, keiner gab auch nur einen einzigen Ball verloren, das Tempo dieser Begegnung war, einfach ausgedrückt, irre! Die Spielanteile wogten hin und her, als sich so ganz langsam ab der 20. Spielminute das Vorteils-Pendel zu Gunsten der Hausherren veränderte. So dauerte es auch nicht mehr lange, bis Leonard Thiel bereits in der 37. Spielminute den Führungstreffer zum 1:0 erzielen konnte. Wer das noch nicht erlebt hat, was jetzt in der Holzbau Grübl Arena abging, dem empfehlen wir unbedingt einmal einen Besuch beim SV Erlbach! Schiffssirenen heulten auf, Rauchschwaden aus den Nebelmaschinen stiegen gen Himmel und die tosenden 1700 Zuschauer schrien sich förmlich in Ekstase!
Halbzeit! Zuschauerin Conelia B. aus Burghausen brachte es auf einen Nenner: „Mir Frauen gehen ja nur ab und zu zum Fußball, meist stehen wir dann irgendwo an der Theke und erfreuen uns an Aperol Spritz. Wenn du aber das mal miterlebt hast, was hier abgeht – mei, die ganzen Leute, die ziehen dich einfach mit, das ist sowas Schönes, das glaubt einem ja kein Mensch!“
Erlbach: Auch Pipinsried-Trainer Steinberger von Rekordkulisse
Was würde nun in Halbzeit 2 passieren, wie würde nun nach dem Rückstand der FC Pipinsried reagieren, um die bombenfeste Abwehr um Mannschaftskapitän Alexander Fischer zu knacken? Ganze sechs Minuten hielt die Zuversicht der Gelb-Blauen an, hier noch ein fruchtbares Ergebnis mit nach Hause nehmen zu können, dann war der Bann gebrochen, als Doppeltorschütze Leonard Thiel in seiner unnachahmlichen Weise das Ergebnis in der 51. Spielminute auf 2:0 schraubte. Sichtlich benommen und angezählt sahen die Gäste von der Ilm jetzt ihre Felle davonschwimmen und mussten nur drei Minuten später in der 54. Spielminute durch Milos Lukic gar das 0:3 hinnehmen, was gleichbedeutend mit dem späteren Endstand war.
Nach Fußballfest vor über 1700 Fans: Für den SV Erlbach lebt der Regionalliga-Traum




Und was meinte ein glücklicher Kapitän Fischer zu der aktuellen Ausgangslage für das anstehende Saisonfinale in Kirchanschöring?: „Unfassbare Leistung der Mannschaft, vor soviel Zuschauer muss man erstmal so spielen können. Wir haben uns für heute zum letzten Heimspiel wirklich alles, was der Körper hergibt, vorgenommen und das haben wir richtig gut umgesetzt. Am kommenden Samstag (17. Mai) zum Derby in Kirchanschöring (Anm.d.Red. im Hinspiel gab es ein Kartenreigen mit gigantischer Stimmung) werden wir nochmal alles mobilisieren und müssen am Schluss schauen, was rauskommt“!
Gästetrainer Josef Steinberger hatte folgende Meinung: „Erlbach hat verdient gewonnen, ob es mit 3:0 sein muss, weiß ich nicht, denn am Schluss hatten wir auch noch die ein und andere Chance, um wenigstens einen Anschlusstreffer zu erzielen. Ich war schon in vielen Stadien, aber was hier der SV Erlbach aufgebaut hat, ist aller Ehren wert. Insgesamt gesehen hat mein Kollege Lechner die Räume sehr eng gestaffelt und damit konnten wir über die gesamte Spieldauer überhaupt nicht zu unserem Spiel finden. Glückwunsch an den SV Erlbach!“
Erlbach freut sich nun auf Bayernliga-Showdown in Kirchanschöring
Sein Gegenüber und Cheftrainer der Heimmannschaft Lukas Lechner meinte unter tosenden Applaus von den Zuschauern: „Ich hab das schon vor dem Spiel gemerkt, dass alle Spieler richtig fokussiert und angespannt waren, jeder wollte heute vor so einer gigantischen Kulisse nur das Beste abliefern. Meine Mannschaft hat heute eine geschlossene Leistung abgeliefert, deshalb kann und möchte ich auch keinen einzelnen Spieler hervorheben, das war richtig gut. Und ich denke, das ist ein großer Applaus für die Mannschaft wert, die heute einen so brachial starken Gegner mit Kampf und Leidenschaft in die Schranken gewiesen hat.“
Last but not least: Wir haben heute in Erlbach ein gigantisches Fußballspiel erleben dürfen, das keine Wünsche offenließ, sei es Aperol Spritz, sei es die allseits beliebte Bosna, die umwerfende Stimmung, die sehr erwähnenswerte Organisation der Freiwilligen Feuerwehr Endlkirchen, oder ganz einfach die ganz in Rot gekleidete Heimmannschaft, die uns Zuschauer, Fotografen und Bedienstete immer wieder in Ekstase versetzen kann. Bleibt nur noch die Frage: Werden wir am kommenden Samstag in Kirchanschöring zum Saisonfinale und der Frage „geht es in die Regionalliga?“ wieder so ein Spektakel erleben dürfen, oder wird das Ganze gar nochmal getoppt? Wir von beinschuss.de jedenfalls werden für unsere Leser wieder vor Ort sein! (rm)