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Im ARD-„Sommerinterview“

Kein „Modell John Wayne“: Scholz verteidigt seinen Stil – Kanzler äußert sich zu Sesselmann-Prüfung

Olaf Scholz hat das ARD-„Sommerinterview“ überstanden. Kritische Fragen gab es zu Heizungsgesetz, AfD oder auch Mindestlohn.

Berlin - Olaf Scholz hat im ARD-„Sommerinterview“ die monatelangen Diskussionen der Ampel-Koalition über Robert Habecks Heizungsgesetz verteidigt - der SPD-Bundeskanzler bewertete die Zusammenarbeit in der Regierung trotz des Dauerstreits weiterhin positiv. „Es musste so lange gefeilt werden“, sagte er am Sonntag (2. Juli) im Gespräch mit Moderatorin Tina Hassel.

Das könne man sich angesichts der vielen nicht ausverhandelten Positionen in der Gesellschaft auch gut erklären, sagte er mit Blick auf die Frage, wie Klimaschutzmaßnahmen am besten umgesetzt werden sollten. „Und deshalb war das wohl leider notwendig, so viele Einzelheiten so lange zu besprechen.“ Man müsse eben schauen, ob überhaupt Handwerker verfügbar und der Umbau finanzierbar sei, fügte er hinzu - und versicherte: „Wir werden die Klimaziele in Deutschland einhalten und erreichen.“

Die Stimmung in der Koalition mit FDP und Grünen bewertete Scholz insgesamt positiv. Im persönlichen Umgang herrsche sehr viel Vertrauen. Das sei immer sehr freundlich, sogar bei ganz lange dauernden Koalitionsausschüssen. „Das Menschliche funktioniert. Das ist ja schon mal eine gute Grundlage.“ Der Kanzler mahnte aber auch eine Mäßigung im Umgangston an: „Ich wünschte mir schon, dass manche Diskussionen leise stattfinden, dass sie deshalb weniger lange stattfinden, wenn es so schwierige Probleme sind. Das kann man nicht immer hoffen.“

„Sommerinterview“ mit Scholz: Kanzler äußert sich zum Fall Sesselmann - Immer Einzelfall prüfen

Zum jüngsten Umfrage-Höhenflug der AfD sagte Scholz, es sei nötig, den Menschen eine positive Zukunftsperspektive zu geben und ihnen Respekt zu zeigen. Es gebe das Phänomen rechtspopulistischer Parteien in vielen europäischen Ländern, deshalb müsse man Kurs halten. „Die AfD ist eine Partei, in der sehr viele rechtsextremistische Positionen vertreten werden“, fügte Scholz hinzu. „Mit der kann es und darf es keine Zusammenarbeit geben von den demokratischen Parteien, die im Bundestag vertreten sind.“

Die These, der Heizungsstreit sei Grund für die AfD-Erfolge, wies Scholz zurück: Man dürfte es sich „nicht zu leicht“ machen. Gute Umfragewerte für rechtspopulistische „Schlechte-Laune-Parteien“ geb es auch in anderen europäischen Ländern. Hassel konterte mit der These von einem „Schlechte-Laune-Land“ - 79 Prozent der Deutschen seien unzufrieden mit der Ampel-Regierung. In einer ARD-Fragestunde kurz zuvor hatte der Kanzler prophezeit, die AfD werde kein besseres Wahlergebnis erzielen, als 2021 - damals war die Partei auf 10,3 Prozent der Zweitstimmen gekommen.

Kanzler Olaf Scholz und ARD-Journalistin Tina Hassel am Rande des „Sommerinterviews“.

In Thüringen wird derzeit geprüft, ob der erste AfD-Landrat Robert Sesselmann überhaupt Beamter werden darf. Scholz betonte dazu, dass er die genauen Landesregeln in Thüringen nicht kenne. Natürlich könne aber niemand Beamter werden, wenn er rechtsextreme Ansichten habe. Nur sei dies nicht automatisch mit der Zugehörigkeit zu einer Partei verbunden, sondern müsse immer im Einzelfall überprüft werden. Zu einer möglichen Parteigründung der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sagte Scholz, dass deren politische Positionen „nicht besonders attraktiv sind“. Er hoffe, dass nicht viele Wähler Wagenknecht „auf den Leim gehen“.

„Sommerinterview“: Scholz scheint SPD-Genossen Mindestlohn-Dämpfer zu erteilen

Unzufrieden zeigte sich Scholz über den jüngsten Vorschlag der Mindestlohn-Kommission. „Was klar ist, ist, dass wir alle ein bisschen enttäuscht sind von dem konkreten Vorschlag“, sagte er. Das Gremium habe keine gemeinsame Position gefunden, rügte er. „Für die Anerkennung wäre das wichtig, dass in der Zukunft möglichst gemeinsame Entscheidungen gesucht werden“, mahnte er. Die jüngste Empfehlung war gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter in der Kommission gefallen. Der Mindestlohn soll nun von aktuell 12,00 Euro nächstes Jahr auf 12,41 Euro steigen, 2025 dann auf 12,82 Euro.

Neuer Streit könnte folgen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, die Empfehlung wie gesetzlich vorgesehen per Rechtsverordnung umzusetzen. SPD-Chef Lars Klingbeil will allerdings auf anderem Wege für eine stärkere Anhebung sorgen: „Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland die europäische Mindestlohnrichtlinie im nächsten Jahr umsetzt“, sagte er der Bild am Sonntag. Der Mindestlohn werde dann voraussichtlich „zwischen 13,50 und 14 Euro“ liegen.

„Aber ich möchte mal erleben, wie man da gemeinsam in den Urlaub fährt als Familie, wenn dann einer in der Familie mal sagt, was weiß ich, Mallorca! Keine Kompromisse!“

Olaf Scholz erteilte dem Führungsstil „John Wayne“ im ARD-„Sommerinterview“ eine Absage.

Scholz äußerte sich dazu nur indirekt. Er verwies auf den Koalitions-Plan, nach der außerplanmäßigen Anhebung des Mindestlohns auf 12,00 Euro im Oktober 2022 die weiteren Erhöhungsschritte der Kommission zu überlassen. Daran werde man sich „natürlich“ halten. Zuvor hatten bereits mehrere FDP-Politiker Klingbeils Vorstoß zurückgewiesen.

Auf die Frage, ob er nicht mehr Orientierung geben und weniger Moderator sein müsste, antwortete er: „Ich glaube, dass ich sehr viel Orientierung gebe, sonst wären ja die Entscheidungen nicht zustande gekommen.“ Man habe „sehr, sehr viele Entscheidungen getroffen in viel größerem Tempo, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall war“, sagte Scholz. Man müsse es schon hinkriegen, dass alle mitmachten. „Und das ist auch meine Aufgabe, zu der ich mich bekenne.“ Das Standardmodell, dass der eine oder andere „super“ finde, sei „John Wayne“, sagte Scholz: „Aber ich möchte mal erleben, wie man da gemeinsam in den Urlaub fährt als Familie, wenn dann einer in der Familie mal sagt, was weiß ich, Mallorca! Keine Kompromisse!“

Scholz im ARD-Sommerinterview: Frankreich-Krawalle machen Kanzler „natürlich besorgt“

Er schaue „natürlich besorgt hin“, was gerade in Frankreich passiere, sagte Scholz zugleich in dem „Sommerinterview“ zu den Krawallen in Frankreich. „Ich hoffe sehr und bin auch sicher überzeugt, dass der französische Präsident Wege finden wird, dafür zu sorgen, dass diese Situation sich schnell wieder bessert.“ Auslöser der Unruhen war der Tod von Nahel M., der am Dienstag von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden war. Seither kam es jede Nacht zu Krawallen, die zuletzt aber abflauten.

Er rechne nicht damit, „dass Frankreich instabil wird, auch wenn die Bilder natürlich sehr bedrückend sind“, versicherte Scholz. Er wünsche dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron „eine gute Hand bei der Bewältigung der ja nicht kleinen Herausforderung“. „Es kann nicht sein, dass Gewalttaten verübt werden“, sagte Scholz. „Und gleichzeitig gilt natürlich immer: Wir müssen alles dafür tun, das der Zusammenhalt in unseren Gesellschaften gut funktioniert.“

Wegen der Ausschreitungen sagte Macron seinen Staatsbesuch in Deutschland ab, der am Sonntag hätte beginnen sollen. Scholz äußerte Verständnis für die Entscheidung des Präsidenten, im eigenen Land zu bleiben. „Das hätte ich genau so gemacht.“ Gleichwohl habe er sich auf den Staatsbesuch „sehr gefreut“, sagte der Kanzler. Sorgen um das deutsch-französische Verhältnis wies Scholz zurück. Er habe Macron in den vergangenen Wochen „fast jede Woche“ gesehen. (dpa/AFP/rtr/fn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Political-Moments

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