Sesselmann geeignet?
Chance in Sonneberg verpasst: Verfassungs-Check für AfD-Landrat kommt laut Juristen zu spät
Als erster AfD-Politiker wird Robert Sesselmann zum Landrat gewählt. Nun wartet ein politischer Check auf ihn. Das sieht ein Jurist kritisch.
Sonneberg – Die Wahl zum Landrat von Sonneberg hat Robert Sesselmann bereits gewonnen. Doch noch muss der AfD-Politiker eine Hürde überwinden, um das Amt auch wirklich ausüben zu können. Wie Thüringens Innenstaatssekretärin Katharina Schenk (SPD) verkündete, werde wegen Amts wegen geprüft, ob sich der 50-Jährige zur demokratischen Grundordnung bekennt. So will es das Thüringer Kommunalwahlgesetz.
Für Michael Brenner stimmt hier die zeitliche Reihenfolge nicht. Der Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Jena hält die nachträgliche Überprüfung von Sesselmann für „politisch heikel“, auch wenn sie rechtlich möglich sei. Wie er der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erklärte, wäre auch vor der Wahl genügend Zeit dafür gewesen: „Dann hätte ein unabhängiges Verwaltungsgericht geprüft, ob eine Nicht-Zulassung zur Wahl rechtmäßig gewesen wäre oder nicht.“
Sesselmann zum Verfassungs-Check: Thüringen wendet laut Innenminister „Recht und Gesetz“ an
Immerhin wird die von Björn Höcke angeführte Thüringer AfD vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie gilt als gesichert rechtsextrem. Da ist eine genauere Überprüfung verständlich. Dennoch würden wohl nicht nur die Wähler von Sesselmann die Welt nicht mehr verstehen, sollte ihm am Ende das Amt des Landrats verweigert werden, weil er dafür als nicht geeignet angesehen würde. Zuständig ist dafür das Landesverwaltungsamt.
Torben Braga, parlamentarischer Geschäftsführer der Thüringer AfD-Fraktion, sorgte bereits vor und nannte die Überprüfung seines Parteifreundes einen „Angriff auf die Demokratie“. Derweil verteidigte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) gegenüber dem Deutschlandfunk das Vorgehen: „Das ist Recht und Gesetz, das ist die Gesetzeslage in Thüringen. Und die wenden wir an.“ Es gebe keinen Handlungsspielraum und kein Ermessen.
Das Thüringer Kommunalwahlgesetz legt fest, dass nicht gewählt werden kann, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt“. Brenner erklärt laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „In Thüringen hat man es zur weiteren Voraussetzung gemacht, dass die kommunalen Wahlbeamten auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen. Damit will man verhindern, dass wie 1933 Verfassungsfeinde auf legalem Wege in ein Amt kommen können.“
Sesselmann nicht als Landrat geeignet? Wahl-Wiederholung ohne AfD offenbar möglich
Der Jurist hegt in diesem Fall Zweifel: „Bei der Nähe zu den rechten Strömungen der Partei und als Mitglied des Thüringer AfD-Landesverbandes hätte man bei einer Prüfung wahrscheinlich zum Schluss kommen müssen, dass Sesselmann nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht.“ Wäre bereits vor der Wahl der Daumen gesenkt worden, hätten letztlich wohl Gerichte entscheiden müssen, schätzt Brenner.
Doch nun ist der Zug quasi abgefahren – mit Sesselmann an Bord. „Die Prüfung nach der Wahl kommt zu spät“, moniert Brenner: „Sesselmann ist gewählt. Ihn aus dem Amt zu entfernen, wird rechtlich sehr schwierig.“ Im Gespräch mit der dpa erklärt der Rechtsexperte, worauf es ankommen dürfte: Nötig sei eine umfassende Gesamtbeurteilung. Etwa werde geschaut, ob und vor welchen Zuhörern sich Sesselmann verfassungsfeindlich geäußert hat.
Solle der AfD-Politiker tatsächlich für nicht geeignet erachtet werden, wäre das Amt des Landrats laut Brenner vorübergehend unbesetzt. Und die Wahl müsste ohne Sesselmann und die AfD wiederholt werden. (mg/dpa)
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