„Wir sehen das Land schon“
Rente, Ukraine, Beamte: Scholz gibt vor „Sommerinterview“ Versprechen - und eine AfD-Prognose
Olaf Scholz macht den Sommerinterview-Auftakt bei der ARD - einige Versprechen, ausweichende Antworten und Kuriositäten inklusive.
Berlin - Noch vor der Sommerpause im Bundestag startet die Sommerinterview-Saison bei ARD und ZDF. Den Anfang macht Kanzler Olaf Scholz (SPD) persönlich. Der „Tagesschau“ hat er am Sonntagnachmittag (2. Juli) zunächst Zuschauerfragen beantwortet. Dabei machte er ein Versprechen in Sachen Kindergrundsicherung, äußerte sich zum Thema Rente, verteidigte sich gegen Cum-Ex-Vorwürfe - und bedachte die Wünsche der Ukraine mit kleinen Dämpfern. Das eigentliche Sommerinterview mit Scholz folgte später am Vorabend.
Scholz in Fragerunde vor dem „Sommer-Interview“: Versprechen zu Kindergrundsicherung, Rente, Beamten
„Die Kindergrundsicherung kommt“, versicherte Scholz ARD-Moderatin Tina Hassel in dem Youtube-Stream unter dem Titel „Frag selbst“. Man sei sich einig, „dass wir das jetzt ganz schnell abschließend untereinander klären wollen, wie das ausgestaltet sein soll“ - bis zum Ende der Sommerpause solle der Plan stehen.
Auch beim Thema „Klima-Geld“ musste sich Scholz indes für den Zeitplan rechtfertigen. Weiterhin sei es „nicht trivial“, die technischen Voraussetzungen zu schaffen - also etwa Kontonummern aller Bürger parat zu haben. „Das schaffen wir jetzt aber“, versicherte Scholz. Dass das im Koalitionsvertrag vorgesehene Geld tatsächlich kommt, sagte Scholz allerdings nicht: „Wir werden dieses Gesetz vorbereiten, damit wir das machen können, wenn wir eine Entscheidung dieser Art schaffen wollen.“
Ich führe und ich tue das in einer Demokratie.
„Ich bin gegen jede weitere Anhebung des Renteneintrittsalters“, betonte der Bundeskanzler darüber hinaus. An Sonderregeln unter anderem bei der Altersvorsorge von Beamten will er ebenfalls festhalten. „Das ist ja eine alte Tradition in Deutschland, dass wir für diejenigen, die loyal zum Staat die Aufgaben dort wahrnehmen, eine andere Versorgungssituation haben“, sagte er. „Das stammt ja noch aus der Zeit des Preußentums.“ Wichtig sei es deshalb, dass sich alle „fair behandelt“ fühlen - auch unter Beamten gebe es Menschen mit sehr geringen Vergütungen.
Ukraine-Krieg Thema für Scholz: Keine Waffen, um russisches Territorium zu erreichen
„Wir haben sehr viele Panzer geliefert“, sagte Scholz auf die Frage nach weiteren Leopard-Lieferungen und möglichen Langstreckenwaffen für die Ukraine: „Und das machen wir auch weiter“. Gleiches gelte für Ausbildungsmaßnahmen oder für die Luftverteidigung, etwa in Form des Systems Iris-T. Es gebe aber einen Grundsatz: „Wir wollen nicht, dass Waffen, die wir liefern, eingesetzt werden, um russisches Territorium zu erreichen.“
Ungeklärte Grenzkonflikte dürfe es bei einem Nato-Beitritt nicht geben, sagte Scholz zu Forderungen nach einer klaren Beitrittsperspektive beim nahenden Nato-Gipfel in Vilnius. Deutschland fühle sich aber in der Verantwortung, Sicherheitsgarantien zu ermöglichen. „Die Krim gehört schon seit sehr, sehr lange Zeit zur Ukraine“, betonte der Kanzler zugleich auf eine entsprechende Frage. Die Zukunft der Halbinsel könnte ein entscheidendes Thema im Ukraine-Krieg werden.
Scholz äußert sich zur AfD: „Wird nicht viel besser abschneiden als bei der letzten Wahl“
Ein Thema der Zuschauerfragen waren auch die jüngsten Wahlerfolge der AfD. „Die AfD wird nicht viel besser abschneiden als bei der letzten Wahl und diese Regierung wird ein neues Mandat bekommen“, prophezeite der Kanzler. Scholz nannte an anderer Stelle der Fragerunde drei Punkte, um die Wahlerfolge der AfD einzudämmen. Es müsse klar sein, dass es für alle Bürger des Landes „eine gute Zukunft“ gibt. Zugleich sei „Respekt und Zusammenhalt“ nötig - ebenso wie „Gelassenheit“.
„Wir haben die richtigen Projekte vereinbart, und nachdem wir nun alle Varianten erörtert haben, haben wir bei den großen Projekten ja auch Land in Sicht“, sagte Scholz zu den Plänen des Koalitionsvertrags und dem Zustand der Ampel-Koalition. „Wir sind über einen rauen Ozean gefahren, aber wir sehen das Land schon und die Möwen fliegen schon über unser Schiff“, sagte er. Die eine oder andere Materie sei womöglich „zu komplex“ gewesen, um schon auf Anhieb die richtige Lösung zu kennen.
Betont gelassen gab sich Scholz auch angesichts der nach wie vor schwelenden Cum-Ex-Vorwürfe aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister. „Immer wieder kam eins raus: Es gibt nichts, was vorwerfbar ist“, sagte er. „Ich frag mal jeden, an was er sich noch in seinem Leben, was nicht so entscheidend oder weniger entscheidend war, wie die großen Entscheidungen, die man selbst getroffen hat, erinnert und ich bin ganz sicher, dass das eigentlich entscheidende ist: Was ist da dran, an den Vorhalten?“ Das Ergebnis „all der Untersuchungen, die bis ins kleinste Detail getrieben worden sind, ist: Es hat keine Beeinflussung gegeben“, erklärte Scholz. (fn)