Von links wie rechts
„Haben Märchen erzählt“: Opposition nutzt Grünen-Rücktritte für harte Hiebe
Ricarda Lang und Omid Nouripour verlassen die Grünen-Spitze. Während die Partei auf „Dynamik“ hofft, geht die Konkurrenz hart mit den Grünen ins Gericht.
Die Grünen-Chefs Omid Nouripour und Ricarda Lang werden abtreten: Beim Parteitag im November soll der gesamte Vorstand neu gewählt werden. Und dann? In ersten Reaktionen gegenüber IPPEN.MEDIA hoffen Grünen-Politiker auf eine neue „Dynamik“. Die Opposition hingegen geht hart mit der Partei ins Gericht – von links wie rechts.
Mona Neubaur, die grüne Wirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, lobte den Rücktritt der beiden Vorsitzenden und äußerte ihren „größten Respekt“. Die NRW-Landeschefs Tim Achtermeyer und Yazgülü Zeybek sagten unserer Redaktion, dass der Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour „Größe“ beweise. Sie betonten: „Jetzt gilt es eine neue Dynamik zu entfachen und gleichzeitig unserer Verantwortung weiter gerecht zu werden.“ An genau der zweifelt allerdings die politische Konkurrenz – auch mit Blick auf die Inhalte.
Ricarda Lang und Omid Nouripour gehen: Linke erwartet „alten grünen Inhalt mit gar nicht so neuen Gesichtern“
„Aktive Fehlerkultur und die Übernahme von Verantwortung stärken das Vertrauen in die Politik“, erklärte der CSU-Politiker Volker Ulrich zwar auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. Er fügte aber hinzu: „Wichtig ist, dass die Grünen bei der angekündigten strategischen Neuaufstellung die Art ihrer Politik ändern. Deutschland braucht einen Kurswechsel bei der Wirtschaftspolitik und vor allem bei der Migrationspolitik.“
Dem könnte wohl auch Linke-Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar zustimmen – allerdings mit völlig anderer Stoßrichtung. „Unter der Führung von Ricarda Lang und Omid Nouripour haben die Grünen sich daran beteiligt, die Reste des Asylrechtes zu schleifen und das Märchen vom grünen Kapitalismus zu erzählen“, sagte er unserer Redaktion. Ein Neuanfang sei nötig und das „nicht in erster Linie“ personell. „Es passiert das Gegenteil: Ich befürchte, dass wir den alten grünen Inhalt mit vielleicht gar nicht so neuen Gesichtern bekommen werden.“ Die Nachfolge-Spekulationen liefen am Mittwoch bereits an.
Grünen-Beben: CDU-Promi stichelt gegen Ampel-Minister – Lang und Nouripour „nicht allein verantwortlich“
Der Koalitionspartner SPD verfolgte die Entwicklungen genau. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast sagte in einer ersten Reaktion: „Ich sehe das als Zeichen, dass sich die grüne Partei neu sortiert“. Sie glaubte jedoch nicht, dass das Beben bei den Grünen Auswirkungen auf die Arbeit der Koalition haben wird. Der Abgeordnete Macit Karaahmetoglu sagte IPPEN.MEDIA: „Ich hatte vor dem Rücktritt der aktuellen Führungsriege nicht den Eindruck, dass dort mit der Ampel-Koalition gehadert wird“. Er fügte hinzu: „Auch von einem neuen Vorstand erwarte ich keinen Bruch mit dem Kurs der Bundesregierung.“
Die Bundesvorsitzenden der Grünen: Von Jürgen Trittin bis Ricarda Lang




Vizekanzler und Ex-Grünen-Chef Robert Habeck bezeichnete den angekündigten Abgang von Lang und Nouripour indes als einen „großen Dienst an der Partei“. Er zeigte sich auf Anfrage der dpa auch selbstkritisch: „Wir tragen hier alle Verantwortung, auch ich. Und auch ich will mich ihr stellen“. Er forderte eine offene Diskussion über eine mögliche Kandidatur auf dem Parteitag und ein ehrliches, geheimes Votum. Danach müsse eine „Aufholjagd“ beginnen.
CDU-Bundesvorstandsmitglied Serap Güler nahm indirekt auch Habeck ins Visier. „Ricarda Lang und Omid Nouripour haben Verantwortung übernommen – auch für Dinge, für die sie nicht allein verantwortlich sind“, sagte sie IPPEN.MEDIA. Sie wünsche sich, dass auch Mitglieder der Ampelregierung diese „Größe“ zeigen würden: Indem sie erkennen, dass viele Menschen in unserem Land das Vertrauen in die Bundesregierung verloren haben. Das jedenfalls wäre ein „Befreiungsschlag“ stichelte sie. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bejubelte unterdessen bereits die „Implosion“ der Ampel. (fn/ps/cd/as/moma)
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