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Konflikt mit China

Sie töteten Osama bin Laden: US-Eliteeinheit bereitet sich auf Krieg um Taiwan vor

Einem Medienbericht zufolge trainiert die US-Elitetruppe „Seal Team 6“ für einen möglichen Konflikt mit China um Taiwan. Derweil wächst der Druck auf die Inselrepublik.

Die Elitetruppe „Seal Team 6“ wird immer dann gerufen, wenn es heikel wird. Das geheimnisumwitterte Sonderkommando der US Navy war an der Tötung von Al-Qaida-Terrorist Osama bin Laden beteiligt und befreite 2009 den Containerschiff-Kapitän Richard Phillips und seine Crew aus der Hand somalischer Piraten. Mit Tom Hanks in der Hauptrolle schaffte es die spektakuläre Aktion ein paar Jahre später sogar auf die Kinoleinwand.

Nun bereiten sich die Elitesoldaten offenbar auf einen noch einmal deutlich brisanteren Einsatz vor: Wie die Financial Times unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen berichtet, trainiert die Truppe für einen möglichen Krieg zwischen China und Taiwan. Seit mehr als einem Jahr würden in Dam Neck, dem Hauptquartier der Einheit im US-Bundesstaat Virginia, Vorbereitungen für den Ernstfall laufen. Was genau dort trainiert wird, wurde allerdings nicht bekannt. Das für „Seal Team 6“ zuständige Navy-Kommando wollte sich der Financial Times gegenüber nicht äußern; das Pentagon teilte der Zeitung lediglich reichlich allgemein mit, die US-Streitkräfte „bereiten sich auf ein breites Spektrum von Eventualitäten vor und trainieren dafür“.

Marinesoldaten aus Südkorea und den USA bei einer gemeinsamen Übung: Die Lage in Ostasien spitzt sich zu.

Konflikt zwischen China und Taiwan: Auch Deutschland zeigt Präsenz

„Dass das ‚Seal Team 6‘ mögliche Einsätze im Zusammenhang mit Taiwan plant, sollte nicht überraschen“, sagte der Sicherheitsexperte Sean Naylor der Financial Times. „Mit der Neuausrichtung des Pentagons in den letzten Jahren auf den Wettbewerb der Großmächte war es unvermeidlich, dass selbst die Eliteeinheiten der Nation zur Terrorismusbekämpfung nach Rollen in diesem Bereich suchen würden, denn das führt zu Relevanz, Aufträgen und Geld.“

Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und droht seit Jahrzehnten damit, sich den demokratisch regierten Inselstaat notfalls mit Gewalt einzuverleiben. Dabei versucht Peking auch, die Regierung in Taipeh international zu isolieren. Mit Erfolg: Nur noch zwölf meist kleinere Staaten unterhalten diplomatische Beziehungen mit Taiwan; auch die USA erkennen die Regierung um Präsident Lai Ching-te nicht an. Washington betont allerdings, dass der Konflikt nur friedlich gelöst werden dürfe, und hat sich dazu verpflichtet, Taiwan mit Waffen zur Verteidigung auszurüsten. Zudem bildet das US-Verteidigungsministerium schon seit Jahren taiwanische Soldaten aus.

Auch Deutschland unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Die Bundesregierung pocht allerdings ebenfalls auf eine friedliche Lösung des Konflikts. Wohl noch in dieser Woche will Berlin zudem erstmals seit 22 Jahren ein Kriegsschiff durch die Taiwanstraße schicken, die Meerenge, die China von Taiwan trennt. Mit dem symbolischen Akt will die Bundesregierung zeigen, dass sie – wie viele andere westliche Staaten auch – die Taiwanstraße als internationales Gewässer betrachtet.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

Wann startet China einen Angriff auf Taiwan?

Unterdessen bleibt der militärische Druck auf Taiwan hoch. Täglich schickt China Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel, am Donnerstag etwa zählte das taiwanische Verteidigungsministerium 29 Kampfjets und acht Schiffe der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Zuletzt hielt China nach der Vereidigung von Taiwans neuem Präsidenten Lai Ende Mai großangelegte Militärmanöver rund um Taiwan ab.

Auch psychologisch macht Peking weiter Druck auf Taipeh. So veröffentlichte die chinesische Regierung vor wenigen Wochen eine Liste mit den Namen von zehn taiwanischen Politikern, die Peking als „unbelehrbare Separatisten“ bezeichnet, darunter auch Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim. Zuvor hatte Peking angeblichen Separatisten mit der Todesstrafe gedroht.

Völlig unklar ist, ob und wann China Ernst macht und einen Angriff auf Taiwan startet. Vor allem in den USA gehen Beobachter davon aus, dass die Volksbefreiungsarmee 2027, zum 100. Jahrestag ihrer Gründung, militärisch dazu in der Lage sein könnte. Neben einem großangelegten Angriff halten Experten aber auch noch andere Szenarien für denkbar, etwa eine Blockade der Insel oder eine Quarantäne.

Rubriklistenbild: © Anthony Wallace/AFP

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