Geplanter Transit
Trotz Warnung aus China: Deutsche Kriegsschiffe fahren durch Taiwanstraße
Die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ durchquert die Taiwanstraße, sehr zum Ärger Chinas. Eine Expertin für Seerecht sagt: Deutschland darf das.
Update vom 13. September 2024, 13.52 Uhr: Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid hat sich hinter den Einsatz der deutschen Kriegsschiffe in der Taiwanstraße gestellt. „Dies ist ein völlig normaler Vorgang. Solche Durchfahrten, so wie jetzt im Rahmen der Teilnahme an der Indo-Pacific Deployment, sind internationale Routine“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion zu IPPEN.MEDIA. „Auch andere Staaten wie die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich oder die Niederlande sind in den letzten Jahren durch die Straße von Taiwan gefahren. Deutschland hält sich dabei an die Regeln des Seevölkerrechts und des VN-Seerechtsübereinkommens. Diese gelten selbstverständlich auch in der Straße von Taiwan.“
Update vom 13. September 2024, 12.50 Uhr: Wie aus Daten der Seite MarineTraffic hervorgeht, sind die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ und ihr Begleitschiff, die „Frankfurt am Main“, in die Taiwanstraße eingefahren. Die beiden Schiffe befanden sich am Freitagvormittag etwa auf Höhe der taiwanischen Stadt Hsinchu.
Update vom 13. September 2024, 10.50 Uhr: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat erstmals bestätigt, dass die Fregatte „Baden-Württemberg“ die Taiwanstraße durchfahren wird. „Das Signal ist ein ganz einfaches, was wir immer vertreten haben und auch ich immer vertreten habe: Internationale Gewässer sind internationale Gewässer“, sagte Pistorius am Freitagvormittag am Rande einer Pressekonferenz mit seinem litauischen Amtskollegen Laurynas Kasciunas. „Es ist der kürzeste Weg. Es ist angesichts der Wetterlage der sicherste Weg, und es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.“ Die Regierung in Peking hatte bereits vor einigen Tagen gegen den geplanten Transit protestiert (siehe Erstmeldung).
Ebenfalls am Freitag stellte sich Agnieszka Brugger, die stellvertretende Vorsitzende der Grünen im Bundestag, hinter den Einsatz der Fregatte. „Gerade in diesen Zeiten braucht es ein klares Bekenntnis zur Freiheit der Seewege. Es würde daher mehr Fragen aufwerfen, wenn die Straße von Taiwan bewusst umfahren werden würde. Es ist richtig, mit einer souveränen Selbstverständlichkeit diese Route zu wählen“, so Brugger in einer Stellungnahme.
Eine mit der Situation vertraute Sicherheitsquelle sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Schiffe würden die Meerenge wahrscheinlich am Samstag vollständig passieren.
Update vom 13. September 2024, 8.54 Uhr: Die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ nimmt offenbar Kurs auf die Taiwanstraße. Wie aus Daten der Seite MarineTraffic hervorgeht, befand sich das Schiff am Donnerstagabend deutscher Zeit mehrere hundert Meilen nordwestlich von Taiwan. Wo sich die „Baden-Württemberg“ und ihr Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ derzeit befinden, ist unklar. Die Bundeswehr hatte bis zuletzt offen gelassen, ob die Schiffe die Meerenge zwischen China und Taiwan tatsächlich durchfahren werden (siehe Erstmeldung).
Die „Baden-Württemberg“ befindet sich derzeit im Rahmen des „Indo Pacific Deployment“ in der Region. Zuletzt hatte sie am Hafen von Incheon (Südkorea) festgemacht. Als nächstes Ziel wurden die Philippinen genannt.
China hatte schon im Vorfeld gegen eine mögliche Durchfahrt der Taiwanstraße protestiert. Peking betrachtet Taiwan als Teil des eigenen Staatsgebiets. Gemäß UN-Seerechtsübereinkommen besitzen Krieggschiffe das Recht zur friedlichen Durchfahrt durch sämliche Gewässer, dazu zählt auch die Taiwanstraße.
Trotz Protest aus China: Deutsche Kriegsschiffe nehmen offenbar Kurs auf umstrittene Taiwanstraße
Erstmeldung vom 10. September 2024: Da war es wieder, das Reizwort, das Peking regelmäßig in Rage bringt. „Wir nehmen hier die Freiheit der internationalen Gewässer wahr“, sagte Axel Schulz, Flottillenadmiral der deutschen Marine, am Montag in Incheon. Von der südkoreanischen Hafenstadt aus will die Bundeswehr in diesen Tagen die Fregatte „Baden-Württemberg“ in Richtung Philippinen schicken – und dabei wahrscheinlich auch die Taiwanstraße durchfahren, die Meerenge zwischen dem kommunistischen China und dem demokratischen Taiwan, das Peking als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet. Zuletzt hatte ein deutsches Marineschiff die Taiwanstraße vor 22 Jahren durchquert.
Für Peking eine Provokation mit Ansage, denn von „internationalen Gewässern“ will China in der Taiwanstraße nichts wissen. Das Konzept gebe es gar nicht, teilte das Außenministerium in Peking schon vor Jahren mit. Am Montag legte eine Sprecherin nach: Die Volksrepublik, erklärte Mao Ning in Peking vor Journalisten, „wendet sich entschieden gegen die Provokation und Gefährdung der Souveränität und Sicherheit Chinas durch die betreffenden Länder unter dem Banner der Schifffahrtsfreiheit“. Auch wenn Mao es nicht explizit aussprach: Das gilt wohl auch für die „Baden-Württemberg“ und ihren Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“, die seit Monaten in der Pazifik-Region unterwegs sind.
China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt




Deutsche Fregatte in der Taiwanstraße: So ist die rechtliche Lage
Peking will selbst bestimmen, welche Schiffe die Meerenge durchqueren dürfen und welche nicht. Deutschland hingegen pocht auf die Freiheit der Meere. China verlangt zudem, dass sich ausländische Militärschiffe eine Passage durch die Taiwanstraße vorher genehmigen lassen – was Deutschland laut einem Bericht des Spiegel allerdings nicht vorhat. So solle unterstrichen werden, dass die Route als völlig normal angesehen wird.
„Ich finde es durchaus sinnvoll, dass Deutschland die Taiwanstraße durchfahren und dort Präsenz zeigen will – solange das Risiko einer ernsthaften militärischen Auseinandersetzung nicht besteht“, sagt Nele Matz-Lück, Professorin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Und Deutschland habe auch das Recht dazu. Geregelt ist das im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, dem auch China beigetreten ist. Dort heißt es in Artikel 17, dass „die Schiffe aller Staaten, ob Küsten- oder Binnenstaaten, das Recht der friedlichen Durchfahrt durch das Küstenmeer“ genießen.
Aber gilt das auch für Kriegsschiffe? „Das steht dort zwar nicht explizit“, sagt Matz-Lück. Allerdings besage Artikel 20, „dass U-Boote beim Transit auftauchen und Flagge zeigen müssen. Und weil U-Boote in aller Regel immer Kriegsschiffe sind, schließt man daraus, dass auch alle anderen Militärschiffe das Recht zur friedlichen Durchfahrt haben.“ „Friedlich“ bedeute etwa, dass Schiffe einen Hafen anlaufen oder Gewässer queren dürfen. „Nicht friedlich wäre zum Beispiel: wenn ein Militärschiff Flugzeuge starten oder landen lässt, wenn es Waffen testet, Meeresforschung betreibt oder Ressourcen ausbeutet. Oder wenn es einen Zickzackkurs fährt, um andere Schiffe abzuhängen.“
Vor zwei Jahren war Deutschland vor China noch eingeknickt
In den vergangenen Jahren waren es vor allem die USA, die Präsenz in der Taiwanstraße gezeigt haben. Im Mai etwa durchquerte der Zerstörer „USS Halsey“ die Meerenge, unter lautem Protest aus China. Als Deutschland vor gut drei Jahren die Fregatte „Bayern“ in die Region schickte, hatte das Schiff die Meerenge noch gemieden, offenbar nach Druck aus Peking. Diesmal dürfte Deutschland nicht einknicken, forderte am Montag der SPD-Politiker Michael Roth im Deutschlandfunk.
Auch Seerechtsexpertin Matz-Lück glaubt, dass eine Durchfahrt durch die Taiwanstraße „ein taugliches Mittel ist, um die Rechte des Seerechtsübereinkommens durchzusetzen und nicht einem Recht des Stärkeren das Wort zu reden“. Das chinesische Propagandablatt Global Times zitierte am Wochenende vorsorglich einen anonymen Experten mit den Worten, die geplante Durchfahrt „wirft sicherlich einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Peking und Berlin“.
Matz-Lück hält es für möglich, dass China die „Baden-Württemberg“ bei ihrer Durchfahrt durch die Taiwanstraße begleiten wird. „Ich gehe zwar davon aus, dass das mit gebotenem Abstand passiert“, so Matz-Lück. „Aber solche Manöver bieten immer auch Anlass für Spannungen oder im schlimmsten Fall für Eskalationen, weil es beim Begleiten zu Kollisionen kommen kann.“ (sh)
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