Krieg in Israel
Krieg in Israel und Antisemitismus im Netz: TikTok ist „größte Drecksschleuder“
Medienanstalten beobachten seit Beginn des Kriegs in Israel eine enorme Zunahme von antisemitischen Posts. NRW-Minister Nathanael Liminski sagt: „Das ist nur die Spitze des Eisbergs.“
Düsseldorf – Schockbilder, Beschimpfungen, Propaganda: Hass und Hetze in den sozialen Medien im Kontext des Nahost-Konflikts nehmen seit Beginn des Krieges in Israel massiv zu. Das geht aus Zahlen der EU-Kommission hervor, die IPPEN.MEDIA vorliegen. Demnach wurden europaweit im Verlauf der letzten vier Wochen 578 potenzielle Rechtsverstöße im Netz gemeldet. Die allermeisten Fälle (505) kamen aus Deutschland, und dort die meisten wiederum aus NRW (277). Bei den Postings gehe es vor allem um antisemitische, volksverhetzende und gewaltverherrlichende Inhalte – und deren Zahl steige kontinuierlich, heißt es aus der NRW-Staatskanzlei.
Interview mit Nathanael Liminski
Hier gibt es das komplette Interview mit NRW-Medienminister Nathanael Liminski
Antisemitische Hetze im Internet: „Das ist nur die Spitze des Eisbergs“
Deren Chef Nathanael Liminski (CDU) ist auch Landesmedienminister – er zeigt sich alarmiert ob der antisemitischen Hetze und einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft im Netz. „Ich habe mir über den Zusammenhalt und die demokratische Verfasstheit unseres Landes noch nie so viele Sorgen gemacht wie jetzt“, sagte Liminski im Interview mit IPPEN.MEDIA. „Es ist unsere Pflicht, Antisemitismus in jeder Form zu bekämpfen, auch im Netz. In NRW gehen wir bei dem Thema mit der Initiative ‚Verfolgen statt nur Löschen‘ voran. Die Landesanstalt für Medien NRW hat KI-Tools entwickelt, um hier schneller zu reagieren“, so Liminski. NRW sei das Land, das die meisten Verstöße feststelle und zur Anzeige bringe. „Gleichzeitig muss uns klar sein: Das ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs“.
Die potenziell strafbaren Postings wurden von den Landesmedienanstalten in Zusammenarbeit mit der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim Bundeskriminalamt gesammelt und an die EU-Kommission gemeldet. Eine Beobachtung, die Minister Liminski gemacht hat: „Die größte Drecksschleuder im Bereich Antisemitismus ist TikTok.“
Radikale Islamisten verbreiten Propaganda-Videos: „Die größte Drecksschleuder ist TikTok“
Tatsächlich nutzen Gruppierungen wie die islamistische „Generation Islam“ in Deutschland gezielt die Video-Plattform, um Propaganda-Clips zu verbreiten. Darüber hatten sie auch massiv Werbung für den islamistischen Aufmarsch Anfang November in Essen gemacht, der bundesweit für Bestürzung gesorgt hatte. „Die radikalen Islamisten nutzen Mainstreamplattformen, um möglichst viele Leute zu erreichen“, sagte zuletzt Politikwissenschaftler und Kommunikationsberater Johannes Hillje gegenüber IPPEN.MEDIA. Gerade Videos eigneten sich gut, um zu emotionalisieren und „eine Reaktion provozieren, was wiederum die Reichweite steigert“, so Hillje.
NRW-Medienminister Nathanael Liminski setzt unterdessen auf Aufklärung – auch über die Schulen: „Mein Eindruck ist, dass viele Lehrerinnen und Lehrer das durchaus wahrnehmen, aber sich überfordert fühlen. Wir haben die Schulen in den Herbstferien mit Infomaterial versorgt, mit dem Appell: Proaktiv ansprechen, Räume für Diskussion schaffen.“ So wolle man verhindern, dass „dieses Gift unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zersetzt“.
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