Anti-Israel-Demo
Sie fordern ein Kalifat in Deutschland: So schlimm ist das Islamisten-Problem in Essen
CDU-Politikerin Serap Güler will nach dem Islamisten-Aufmarsch in Essen ein staatliches Eingreifen. Ein Lokalpolitiker beobachtet derweil vor Ort ein neues besorgniserregendes Phänomen.
Essen/Berlin – Die Bilder von der Anti-Israel-Demo in Essen wecken schlimme Assoziationen: Männer, die schwarze Fahnen mit weißen arabischen Buchstaben darauf schwenken. Man kennt das von Terrororganisationen wie „Islamischer Staat“ oder „Al-Quaida“, das sogenannte schwarze Banner ist ihr Erkennungsmerkmal. „Ich war entsetzt“, sagt Civan Akbulut. Der Essener Lokalpolitiker (Linke) sitzt im Integrationsrat der Stadt und hat die Demo live miterlebt. „Ich lebe in Essen, bin hier groß geworden. Dass so etwas in dieser Dimension möglich ist, hat mich überrascht. Das sind unverzeihliche Bilder.“
Rund 3.000 Demonstrantinnen und Demonstranten waren am Freitag mit ihren Fahnen durch die Stadt gelaufen, hatten anti-israelische Parolen skandiert. „Ich habe mich gefragt: Was lösen solche Bilder bei Menschen aus, die einst vor dem Terror geflohen sind?“, so Akbulut. Angemeldet war die Veranstaltung als Pro-Palästina-Demo. Doch damit habe das nichts zu tun gehabt, sagt Akbulut. „Das war ein Islamisten-Aufmarsch. Palästina-Flaggen waren unerwünscht, es waren kaum welche zu sehen.“ Der Grund sei klar: „Die Islamisten wollen ein Kalifat unabhängig von Nationalstaaten. Auch Palästina lehnen sie im Grunde ab.“
Islamisten-Aufmarsch in Essen: „Dürfen nicht zuschauen, wie Demokratiefeinde das Kalifat ausrufen“
Organisiert hatte die Veranstaltung die „Generation Islam“, Sicherheitsexperten sehen die Gruppierung im Umfeld der radikalislamischen Hizb ut-Tahrir (HuT). Die Zurschaustellung ihrer Ideologien mitten in NRW hat bundesweit für Bestürzung gesorgt. „Eine Demokratie muss auch Meinungen aushalten, die ihr widersprechen. Das ist der Unterschied zu einer Diktatur. Dennoch dürfen wir nicht dabei zuschauen, wie Demokratiefeinde auf unseren Straßen unbeschwert das Kalifat ausrufen“, sagte die Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU). Der Staat müsse dafür sorgen, dass weder die Meinungsfreiheit noch das Versammlungsrecht für extremistische Zwecke missbraucht würden.
Güler ist im Ruhrgebiet aufgewachsen, hat in Essen studiert. „Es macht für mich am Ende keinen Unterschied, ob ich solche Bilder in Berlin oder Essen sehe. Aber es wird schon sichtbar, dass es in gewissen Bezirken Strukturen gibt, die es ermöglichen, innerhalb kurzer Zeit viele Gleichgesinnte zu mobilisieren.“
Radikale Islamisten in Deutschland: „Diese Leute werden selbstbewusster“
Vor allem im Essener Norden konzentrieren sich seit Jahrzehnten radikalislamische Strömungen. So hatte eine Moschee in Essen-Schonnebeck vor wenigen Jahren mit Auftritten des salafistischen Predigers Marcel Krass geworben. Und der Imam einer Hinterhofmoschee in Katernberg stand 2006 unter Terrorverdacht. „Vor einigen Jahren gab es schon einmal eine Radikalisierungswelle. Damals wurden Menschen, die sich dagegen ausgesprochen haben, bedroht. Ich habe wirklich Angst, dass sich das jetzt wiederholt“, sagt Lokalpolitiker Civan Akbulut. „Diese Leute werden selbstbewusster“, sagt er. „Und immer mehr Jugendliche werden angesprochen.“
Die Rekrutierung junger Menschen durch Islamisten ist in Essen lange ein Problem. Trauriger Höhepunkt im Jahr 2016: Der Bombenanschlag auf einen Tempel der Sikh in Essen, einer aus Indien stammenden Religionsgemeinschaft. Der Täter Yusuf T. aus Gelsenkirchen war damals erst 15 Jahre alt, hatte sich unter anderem in Essen und Duisburg radikalisiert.
CDU-Politikerin Serap Güler setzt als Lösungsansatz auf Prävention und Abschreckung: „Da müssen wir stärker rein: mehr Präventionsarbeit und im Zweifel auch mehr Polizeipräsenz.“ (pen)
