Nachruf
Ein aufrechter Kämpfer und Waldkraiburger Urgestein: Walter Kraus (✝︎91) ist verstorben
„Die wahren Demokraten sind die Ehrenamtlichen“: Walter Kraus prägte über Jahrzehnte als Betriebsrat, Gewerkschafter, Sozialdemokrat und nicht zuletzt auch als Musiker Waldkraiburg mit. Jetzt ist er im Alter von 91 Jahren verstorben.
Waldkraiburg – Er war ein Kämpfer und ein Waldkraiburger Urgestein; er prägte seine Mitmenschen und Waldkraiburg; er war keiner, der sich groß in den Vordergrund spielte, er ließ sein Wirken für sich sprechen, als Betriebsrat, Gewerkschafter und Sozialdemokrat: Walter Kraus. Am 22. Januar ist er im Alter von 91 Jahren verstorben.
„Er wollte nicht mehr“, erzählt sein Sohn Werner Kraus.
Viertes Kind in einer sudetendeutschen Arbeiterfamilie
Am 7. Juni 1933 wurde Walter Kraus in Heinrichsgrün, Kreis Graslitz geboren. Als jüngstes von vier Kindern wuchs er in einer typischen sozialdemokratisch und gewerkschaftlich geprägten Arbeiterfamilie auf. Sein Vater war Eisenwerksarbeiter; seine Mutter fertigte in Heimarbeit geklöppelte Spitzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste auch Walter Kraus seine Heimat verlassen und kam 1947 im Alter von 14 Jahren zunächst nach Niederbergkirchen. Hier lernte er das Schmiedehandwerk, wurde 1953 Geselle. Von Oktober 1954 bis 1993 war Walter Kraus ununterbrochen bei der Waldkraiburger Firma Südstall beschäftigt - fast 40 Jahre. 1957 wurde er erstmals zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt und hatte das Amt dann 33 Jahre lang inne.
Ein Leben im Zeichen der Gewerkschaften und Sozialdemokratie
1957 zog er auch nach Waldkraiburg, fand hier eine Heimat. 1960 heiratete er seine Ingeborg, die 1994 nach langer Krankheit verstarb. Aus der Ehe gingen die Kinder Werner und Karin hervor, die ihm mit Florian, Thomas und Daniel sowie mit Felix drei Enkel und einen Urenkel schenkten. „Auf die war er stolz“, erinnert sich sein Sohn.
Das Leben und Wirken von Walter Kraus stand im Zeichen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie. Vielen ist er in dieser Eigenschaft in Erinnerung.
„Die wahren Demokraten sind die Ehrenamtlichen“
Walter Kraus war Betriebsrat, bei der IG Metall, beim DGB und 24 Jahre lang ehrenamtlicher Arbeitsrichter. 1968 trat er auch in die SPD ein. Er hatte zahlreiche Ehrenämter inne: Arbeitnehmervertreter in der AOK-Vertreterversammlung, Vorstandsmitglied der Seliger-Gemeinde sowie Leiter des DGB-Seniorenstammtisches. „Ich bin halt so erzogen“, sagte der Jubilar dazu bei seinem 90. Geburtstag. „Die wahren Demokraten sind die Ehrenamtlichen.“
Für sein Engagement bekam er 1997 von Bundespräsident Roman Herzog 1997 das Bundesverdienstkreuz am Bande. 2018 folgte die Willy-Brandt-Medaille, die bundesweit höchste Auszeichnung der SPD. Die „Dr. Kriegisch-Ehrennadel“ sowie die Ehrennadel der Stadt Waldkraiburg zeugten davon, dass auch seine Heimatstadt sein Wirken würdigte.
„Er wollte Gerechtigkeit“
„Er war immer unterwegs“, erinnert sich sein Sohn. „Das war damals ganz normal. Das war eine andere Zeit. Er wollte Gerechtigkeit.“ Das habe seinen Vater angetrieben.
Der Waldkraiburger SPD-Stadtrat und Gewerkschafter Richard Fischer kannte Walter Kraus seit 1974 und hielt bis zuletzt mit ihm Kontakt. „Er hat zu uns immer gesagt: Buam, tuats langsam, das kriegen wir schon.“
„Er hat einen geraden Blick gehabt“
Fischer erinnert sich an die vielen Gespräche mit Walter Kraus. „Die waren immer sehr hilfreich.“ Kraus sei einer gewesen, der immer alles kritisch hinterfragt hat, der nicht immer mit dem Strom schwamm. „Er hat einen geraden Blick gehabt“, erzählt Fischer. „Ich habe von ihm gelernt, aus dem, was man erlebt hat, seine Lehren zu ziehen und dann zu gestalten.“
Walter Kraus hatte aber auch eine musische Leidenschaft: die Diatonische. Mit fünf Jahren hatte er sich das Quetschen-Spiel selber beigebracht und bis zuletzt gepflegt. „Die Musik hält mich jung“, sagte er zu seinem 80. Geburtstag.
Begeisterter Musiker bis zum Schluss
In und um Waldkraiburg war er mit seiner Knopf-Ziach als „Johnny“ unterwegs, begeisterte mit Liedern aus dem Sudetentland und alten Schlagern. Im November war er noch im Cafe Howaschen. „Die Musik hat ihn bis zum Schluss aufrecht erhalten“, erzählt sein Sohn.
„Er war ein Kämpfer, ein brutal zäher Hund“, erinnert sich sein Sohn. Er habe sich nicht unterkriegen lassen, auch nicht vor zehn Jahren als sich die Hüfte gebrochen hatte. Drei Operationen hatte er damals und mit 82 Jahren eine künstliche Hüfte bekommen. „Danach hat er sein Leben wieder normal weiter gelebt.“ Er fuhr Auto, ging zum Einkaufen, konnte sich wieder bewegen. „Er hat alles alleine machen können: Treppen steigen, kochen, waschen.“
Zum Schluss ließ die Kraft nach
Erst in den letzten Monaten und Wochen ließ die Kraft mehr und mehr nach. „Er ist immer schwächer geworden“, berichtet Werner Kraus. Am 2. Januar musste Walter Kraus dann in ein Pflegeheim, wo er am 22. Januar starb.
„Nach einem erfüllten Leben hat ihn die Kraft verlassen. Es war schön, dass er so lange und gesund leben konnte“, resümiert sein Sohn Werner. „Da geht viel verloren“, sagt Richard Fischer. „Da geht ein Aufrichtiger aus unseren Reihen.“
Der Trauergottesdienst mit Urnenbeisetzung findet am Freitag, 21. Februar, um 13 Uhr im Waldfriedhof Waldkraiburg statt.
