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Zuhause für den letzten Lebensabschnitt

Trotz Lob von Gästen und Palliativ-Gesellschaft: Zukunft der Hospizinsel in Waldkraiburg ungewiss

Marianne Wacker ist in der Hospizinsel in Waldkraiburg „wunschlos glücklich“, wie sie sagt. Nun hat die Einrichtung auch einen anerkannten Preis erhalten. Doch der Fortbestand ist dennoch ungewiss.
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Marianne Wacker ist in der Hospizinsel in Waldkraiburg „wunschlos glücklich“, wie sie sagt. Nun hat die Einrichtung einen anerkannten Preis erhalten. Doch der Fortbestand ist dennoch ungewiss.

Von den Gästen gelobt, von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin ausgezeichnet: Die Arbeit der Hospizinsel in Waldkraiburg wird hochgeschätzt. Trotzdem ist die Zukunft der Einrichtung ungewiss.

Von Helena Gennutt und Markus Honervogt

Waldkraiburg – „Ich habe mir den Lebensabend schon anders vorgestellt”, sagt Marianne Wacker. Die große Wanduhr in der Küche der Hospizinsel erinnere sie immer daran, dass ihre Zeit abläuft. Wacker ist 73 Jahre alt und an Krebs erkrankt, seit drei Wochen lebt sie in der Einrichtung. Zuhause bleiben konnte sie nicht mehr. „Die Krankheit ist so weit fortgeschritten.”

Die Räume der Hospizinsel in Waldkraiburg sind wohnlich eingerichtet und liebevoll dekoriert. Kaum etwas erinnert hier an ein Krankenhaus. Marianne Wacker fühlt sich von Anfang an zuhause und gut betreut.

Wacker schläft viel und hört nicht mehr so gut. Gegen ihre starken Schmerzen bekommt sie Schmerzmittel. „Da bin ich so gut eingestellt, dass ich keine Schmerzen mehr habe”, sagt sie. Nach einer Schmerztherapie im Krankenhaus und anschließender Kurzzeitpflege kam sie zur Hospizinsel. Ein guter Zufall sei das gewesen, sagt Simone Wagner, die als Sozialpädagogin in der Hospizinsel arbeitet. Zu akzeptieren, dass es zu Hause nicht mehr geht, sei sowohl für die Betroffenen als auch Angehörigen schwierig. Und in diesem Moment müsse ein Platz frei sein.

„Hier bin ich so gut aufgehoben und umsorgt“

Vier Zimmer gibt es in der Hospizinsel, meist sind alle besetzt. Dank mitgebrachter Bettwäsche, durch Fotos und persönliche Gegenstände können die Gäste ihre Zimmer gestalten. Auch sonst ist die Hospizinsel eine kleine Oase, kaum etwas erinnert an ein Krankenhaus. Schon der Eingang durch das Adalbert-Stifter Seniorenwohnen in Waldkraiburg ist mit bunten Schmetterlingen an einer künstlichen Hängepflanze und einem Spruch auf einer Holztafel wohnlich gestaltet. Drinnen schmücken Bilder die Wände und in der Küche stehen Deko-Kürbisse, Kastanien und Maiskolben passend zur Jahreszeit auf einem Schrank, auf dem ein Fernseher steht.

Betritt man von den Gängen des Adalbert-Stifter-Heims die Hospizinsel, ändern sich Einrichtung und Flair. Schon der Eingang ist einladend dekoriert.

All das trägt dazu bei, dass Marianne Wacker sich in der Hospizinsel von Anfang an zu Hause fühlt. Es gibt Physiotherapie oder die Arbeit mit Klangschalen bis zur Akupunktur, sie lernt sogar noch Neues kennen. „Hier bin ich so gut aufgehoben und umsorgt“, sagt sie. Nach einem anderen Ort für ihre letzten Tage sehnt sie sich heute nicht mehr.

Finanzierung beruht nach wie vor auf Spenden

So lebenswichtig die Hospizinsel für die Gäste ist, die Finanzierung ist nach wie vor nicht gesichert. Mit dem Start im Jahr 2018 wurde die Hospizinsel zunächst durch die Weihnachtsspendenaktion der OVB Heimatzeitungen ermöglicht. Seit Anbeginn versucht der Hospizverein, eine Bezahlung der Leistungen durch die Krankenkassen zu erhalten. Diese sogenannte Regelfinanzierung gibt es aber bis heute nicht.

Nach der Anschubfinanzierung durch die OVB-Spendenaktion gelang es dem Verein Jahr für Jahr bis zu 200.000 Euro aufzutreiben, um weiterhin Menschen in den letzten Tagen und Wochen ihres Lebens begleiten zu können. Geschäftsführerin Petra Zimmermann-Schwier ist dankbar, dass das gelingt: durch Spenden von Privatleuten und Firmen, durch die Unterstützung des Landkreises und vieler Städte und Gemeinden, durch Fördergeld.

Renommierter Preis geht an Hospizverein

Jetzt kam Anerkennung und etwas Geld von übergeordneter Stelle: Der Hospizverein erhält für seine Hospizinsel einen Preis der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). Geschäftsführerin Petra Zimmermann-Schwier freut sich über diese „Anerkennung unserer Arbeit.“ Der Vorsitzende des Vereins Peter Coellen hofft, dass durch den Preis ein zusätzliches Schlaglicht auf das Konzept fällt: „Wir kommen raus aus der Regionalität.“

Der mit 5000 Euro dotierte Hauptpreis ging an das Johannesstift Diakonie Evangelische Lungenklinik in Berlin, den zweiten Preis von 2.500 Euro teilen sich die Mühldorfer mit der Hospizhilfe Wetterau. Die DGP würdigt innovative Projekte, die wissenschaftlich begleitet werden.

Günstige Preise durch Anschluss an Pflegeheim

Beides verbindet die Hospizinsel in Waldkraiburg. Sie ist aus der Erfahrung heraus entstanden, dass auch auf dem Land Hospize wichtig sind, um Menschen in ihren letzten Lebenstagen medizinisch und pflegerisch gut begleiten zu können. Ein komplettes Hospiz, macht Thomas Kitzeder klar, hatte damals keine Chance, eine Anerkennung durch die Krankenkassen hätte es nie gegeben. So entwickelten er und andere Verantwortliche des Vereins das Konzept der Hospizinsel. Angedockt an ein Pflegeheim, kann es eine gute Versorgung zu günstigeren Preisen bieten als eine eigenständige Einrichtung. Von 50 bis 60 Prozent der Kosten eines Hospizes spricht Zimmermann-Schwier.

Die erhoffte Finanzierung durch die Krankenkassen blieb aber aus. Deshalb sagt die Geschäftsführerin: „Wir kämpfen von Jahr zu Jahr.“ Hinzu kommt, dass ein Teil des Adalbert-Stifter-Heims in Waldkraiburg abgerissen werden soll. „Dann werden wir die Insel schließen müssen.“ Termin dafür könnte Ende 2026 sein oder 2027 sein. Er steht noch nicht fest.

Zusage der Krankenkassen nötig

Der Verein sucht nach Alternativen: ein neuer Standort, eine bessere Finanzierung, eine Erweiterung. Auch ein eigenständiges Hospiz sei denkbar, sagt Kitzeder. Aber dazu bräuchte es eine Zusage der Krankenkassen.

Alle weiteren Pläne für eine neue Hospizinsel oder ein Hospiz laufen landkreisübergreifend, neben Mühldorf ist Altötting im Boot. Denn nur gemeinsam, davon sind die Mühldorfer Hospizler überzeugt, lässt sich eine Einrichtung betreiben. Wie wichtig das wäre, macht Vereinsvorsitzender Peter Coellen deutlich: „Der Bedarf wird größer.“

Noch einmal Weihnachtsplätzchen backen

Wird in der Waldkraiburger Hospizinsel eines der vier Zimmer frei, schaut Sozialpädagogin Simone Wagner, auf die Warteliste. „Mit vier Plätzen können wir die Versorgungslücke nicht füllen“, sagt sie. Ob jemand einen Platz erhält, hängt unter anderem von der Erkrankung ab, davon, wie die Versorgung sein muss, und vom Pflegeaufwand. „Wir können zum Beispiel niemanden nehmen, der in der Nacht ständige Beobachtung braucht.“

Simone Wagner arbeitet als Sozialpädagogin in der Hospizinsel Waldkraiburg und ist auch für die Wartelisten zuständig. „Mit vier Plätzen können wir die Versorgungslücke nicht füllen“, sagt sie.

Aber natürlich gibt es einen Nachtdienst, der bei Bedarf vorbeischaut. „Letzte Nacht war ich so traurig. Da war die Nachtschwester so lieb und hat sich zu mir ans Bett gesetzt und sich meine Sorgen angehört“, erzählt Marianne Wacker. Sie schätzt es sehr, dass sie nicht alleine ist, freut sich, im Hospiz andere Menschen aus der Region kennenzulernen. 186 Gäste haben in den letzten rund sechs Jahren ihren letzten Lebensabschnitt in der Hospizinsel verbracht. Üblicherweise bleiben sie zwischen zwei und vierzig Tagen. „Jeder, der hier reinkommt, fühlt sich wohl. Ich bin so wunschlos glücklich, ich kann es nicht anders sagen“, betont Wacker.

Aber einen Wunsch hat sie doch: Gemeinsam mit den ehrenamtlichen Hospizbegleitern möchte sie für Weihnachten Plätzchen backen. Das hat sie früher so gerne gemacht. „Da haben wir gestern drüber geredet. Es steht noch gar nicht fest, aber es gibt wieder Auftrieb.“ Wie viel Zeit ihr dazu noch bleibt, weiß sie nicht. Sie sagt: „Vielleicht bis zum Ende.“

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