Umfassendes Maßnahmenpaket nötig
„Dramatische Lage“: Mit diesen Sparmaßnahmen will Waldkraiburg der Geldnot begegnen
Die finanzielle Zukunft der Stadt steht auf dem Spiel, ein erneutes Defizit belastet den städtischen Haushalt belastet. Welchen Spielraum hat Waldkraiburg noch, welche Strategien braucht es jetzt?
Waldkraiburg – Eine erste Hausnummer für den städtischen Haushalt gibt es, doch noch ist nichts in trockenen Tüchern. Denn bevor der Stadtrat über den Haushalt abstimmen konnte, wurde das Thema wieder von der Tagesordnung genommen. Und damit auch alle anderen Themen, die mit dem Haushalt verbunden sind. Weil es noch Abstimmungsbedarf zwischen Verwaltung und Stadtrat gibt.
Fest steht bislang nur, dass der städtische Haushalt vermutlich mit einem Minus enden wird. Wieder einmal. Zum dritten Mal in Folge, siebenmal in den vergangenen zehn Jahren. Die Folge: Das Eigenkapital schmilzt mehr und mehr. „Wir leben von der Substanz. Wenn es so weiter geht, dann ist in fünf bis sieben Jahren das Eigenkapital aufgebraucht. Dann hat die Stadt keinen Spielraum mehr“, sagt Bürgermeister Robert Pötzsch bei einem Gespräch zum städtischen Haushalt.
Ein Defizit von rund 4,3 Millionen Euro könnte zum Jahresende zu Buche stehen. Trotz Einsparungen und dem Verzicht auf größere Investitionen. „Die Franz-Liszt-Mittelschule oder der Anspruch auf Ganztagsbetreuung sind in diesem Haushalt noch nicht abgebildet“, erklärt Pötzsch. Es sei in der Vergangenheit zu wenig investiert worden, das „fällt der Stadt jetzt auf die Füße“. Das Straßenbau-Programm ist auf Null gefahren, Rathaus und Tiefgarage stehen irgendwann an. „Es fehlen die finanziellen Mittel, wir wissen, was uns erwartet.“
Ein Plus von 3,8 Millionen Euro beim Gebäudeunterhalt
Während die Einnahmen in den vergangenen Jahren relativ stabil geblieben sind, sind die Ausgaben immer weiter gestiegen. Höhere Bau-, Energie- und Personalkosten sowie die gestiegene Inflation haben ihren Anteil daran. Die Stadt liefert dazu eine Zahl: Die Kosten für den Unterhalt und die Bewirtschaftung der städtischen Gebäude und Einrichtungen sind 2023 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 3,8 Millionen Euro gestiegen.
Wie will die Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt schaffen? An Pauschalkürzungen kommt die Stadt nicht vorbei. Geplant sind 25 Prozent Kürzungen für Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, 20 Prozent bei freiwilligen Leistungen wie Vereinsförderungen oder Sportzuschüsse, darüber hinaus eine Anhebung des Gewerbesteuersatzes von 360 auf 390 Prozent und um rund 20 bis 25 Prozent höhere Gebühren bei der Kinderbetreuung.
Manches sei vorerst nicht mehr so möglich, wie es zum Beispiel Vereine und Verbände bislang gewohnt waren. „Wo kann sich jeder mehr einbringen?“, lautet für Pötzsch eine zentrale Frage rund um die Konsolidierung. Weniger Zuschüsse, höhere Gebühren: „Es braucht ein Gesamtpaket“, betont Pötzsch. Ein Paket, zu dem jeder seinen Teil dazu beiträgt.
Aber noch bevor der Haushalt vom Stadtrat beschlossen worden ist, wurden erste Stimmen laut, nicht an allen Ecken zu sparen, die Gebühren zu erhöhen oder ein Antrag für einen Notbetrieb im Waldbad gestellt. „Es sehen noch nicht alle die dramatische Lage“, sagt Pötzsch.
„Das Wasser steht uns bis zum Hals“
Aber mit geringeren Einsparungen geht das Gesamtpaket nicht auf: „Wenn etwas verändert wird, braucht es eine Gegenfinanzierung, wo eingespart werden kann“, konkretisiert es Bauamtsleiter Carsten Schwunkck. Der Haushalt sei auf Kante genäht, dass die Stadt in den nächsten Jahren verfolgen werde. „Das Wasser steht uns bis zum Hals. Der Druck ist an allen Stellen so groß“, fasst es Stefan Süße, Leiter Abteilung Steuerung/Finanzen.
Mit Einsparungen allein ist es aber nicht getan. „Die Stadt hat viele Liegenschaften“, erklärt Pötzsch. Die müssen unterhalten werden und das kostet Geld. Lässt sich also Geld sparen, Synergien beim städtischen Einrichtungen und Grundstücken zu finden? Ein Netzwerkplan soll mittel- und langfristige Entwicklungschancen aufzeigen. „Ein solcher wird in den nächsten zwei Jahren noch keinen Effekt auf den Haushalt haben, der Netzwerkplan ist auf die nächsten zehn bis 15 Jahre angelegt. „Wir müssen jetzt den Einstieg schaffen, die Weichen stellen“, sagt Pötzsch.
Aktuelles Beispiel ist die Franz-Liszt-Mittelschule, die baulich in einem desolaten Zustand ist. Anstatt Neubau oder Sanierung steht nun eine Zusammenführung der beiden Mittelschulen im Raum. „Eine Studie wird zeigen, was nötig sein wird“, sagt Pötzsch. Das frei werdende Grundstück könne verkauft werden und als Gegenfinanzierung dienen.
Über Alternativen nachdenken
Auch einen Umzug vom Haus des Buches ins Haus der Kultur will Pötzsch nicht ausschließen. „Ist es an anderer Stelle sinnhafter? Der Unterhalt kostet viel Geld, die Besucherzahlen sind aber nicht mehr die wie früher.“ Man müsse über Alternativen nachdenken, nicht nur beim Haus des Buches. „Der Start muss passieren, mit der Schule gehen wir den ersten Schritt“, sagt Pötzsch.
Hat Waldkraiburg in den vergangenen Jahrzehnten über seinen Möglichkeiten gelebt? „Die Stadt hat sich in der Vergangenheit vieles geleistet, aber nicht in die Struktur investiert“, sagt Pötzsch. Die Stadt habe es nicht geschafft, Rücklagen zu schaffen, jetzt seien viele Gebäude zur gleichen Zeit sanierungsbedürftig.
Eine erfolgreiche Konsolidierung meint für Pötzsch mehr als kurzfristige Einsparungen. „Wir müssen uns breiter aufstellen, die Bevölkerung mitnehmen.“ „Wir laufen ansonsten Gefahr, dass die Stadt nicht mehr leistungsfähig ist. Dass in Zukunft manches so vielleicht nicht mehr möglich ist.“ Wie der mittel- und langfristige Weg aussehen kann, darüber will Pötzsch auch bei der Bürgerversammlung am 13. und 14. Mai sprechen.
Waldbad im Netzwerkplan berücksichtigt
Im Netzwerkplan mit abgebildet ist auch das Waldbad. „Welches Bad braucht es für die Stadt?“, stellt Pötzsch in den Raum. Möglicherweise ein kleineres als das bestehende, was die Stadt auch finanzieren kann. „Wir müssen bereit sein, in die Diskussionen einzusteigen, was möglich ist.“ Vielleicht muss man Abstriche machen, vielleicht braucht es einen anderen Standort, eine interkommunale Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen.
„Nicht nur beim Waldbad, sondern auch bei der Geothermie kann das ein Baustein sein“, sagt Pötzsch. Es mache keinen Sinn, dass jede Gemeinde alles für ihre Bürger vorhält. Es braucht ein Umdenken und die Bereitschaft, Themen anzugehen.
„Wir müssen beim Einsparpotenzial vorankommen, aber wir dürfen nichts über‘s Knie brechen. Im Netzwerkplan stecken viele Chancen drin“, sieht Bauamtsleiter Carsten Schwunck auch die positive Seite.