Bürgermeister Robert Pötzsch im Interview
„Es geht jetzt ums Eingemachte“: So steht es um Waldkraiburgs Finanzen
Die Stadt muss sparen. So viel steht fest. Doch wie steht es um die Finanzen tatsächlich? Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) erklärt im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen, wo die Stadt den Rotstift ansetzen kann, welche Chancen er für die Stadt sieht oder ob eine Pleite droht.
Waldkraiburg – Bis Juli will die Stadt Waldkraiburg ihren Haushalt aufstellen. Die Schwierigkeit dabei: Noch immer weist der Ergebnishaushalt ein Defizit in Millionenhöhe aus. Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) spricht im OVB-Interview über die finanzielle Lage der Stadt.
Sie haben es beim Sportdialog gesagt: Beim Ergebnishaushalt gibt es noch ein Minus von acht Millionen Euro. Woher kommt dieses Defizit?
Robert Pötzsch: Die Stadt hat wenig Spielraum bei ihren Einnahmen, wir können sie nicht unbegrenzt nach oben schrauben. Wir haben schließlich keine Produkte, die wir verkaufen können. Die größten Einnahmen stammen aus der Gewerbesteuer und der Einkommenssteuerbeteiligung. Diese Summen sind relativ konstant, zum Glück halten die Unternehmen an ihrem Standort fest. Auf der anderen Seite haben wir es mit einer Kostenexplosion zu tun zum Beispiel wegen Inflation, gestiegener Energiekosten oder einem Plus von rund einer Million Euro bei den Personalkostenzuschüssen für externe Kinderbetreuungsträger. Diese Mehrausgaben lassen sich durch unsere Einnahmen nicht decken. Für die Genehmigung unseres Haushalts brauchen wir aber erst einmal ein positives Ergebnis.
Lässt sich das in Zahlen fassen?
Pötzsch: Das Minus im Ergebnishaushalt haben wir mittlerweile auf rund fünf Millionen Euro reduziert. Bei der Kreisumlage haben wir ein Plus von 1,9 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt liegt die Kreisumlage bei rund 18 Millionen Euro, das sind rund 30 Prozent unserer Aufwendungen. Unsere Ausgaben sind im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Millionen Euro gestiegen. Das Minus im Ergebnishaushalt ist den Fraktionen bekannt. Daher sind gerade unsere großen Projekte wie zum Beispiel das Waldbad oder das Rathaus für die nächsten Jahre auf Eis gelegt. Wir müssen selbst kleinere Investitionen verschieben, die aber in den Folgejahren wieder kommen. Deshalb müssen wir uns strukturelle Gedanken machen. Das betrifft alle Bereiche in der Stadt.
Wie steht es generell um die Finanzen der Stadt?
Pötzsch: Seit 2011 hatte die Stadt meistens ein negatives Jahresergebnis. Diese konnten zum Teil durch positive Jahresergebnisse ausgeglichen werden. Wo dies nicht möglich war, musste das Minus vom Eigenkapital abgebucht werden. Die Notwendigkeit, jetzt so stark sparen zu müssen, hat sich in den vergangenen Jahren nicht abgezeichnet. Der Peak ist jetzt aber erreicht. Trotzdem wird es Veranstaltungen wie zum Beispiel das Volksfest oder Begabtenehrung geben, die zum Stadtleben dazu gehören. Das Stadtfest konnten wir in der Kürze leider nicht über Spenden ermöglichen, wie es uns zum Beispiel beim Geburtsbaumpflanzen gelungen ist.
Steht Waldkraiburg vor der Pleite?
Pötzsch: Wir haben in den vergangenen Jahren Schulden getilgt, keine neuen aufgebaut und sind die großen Projekte angegangen. Darüber hinaus haben wir auch Werte geschaffen. Jetzt gilt es, die Ausgaben mit den Einnahmen wieder in Einklang zu bringen.
Angesichts der angespannten Haushaltslage hat die Stadt voriges Jahr eine Arbeitsgruppe installiert. Diese hat sich ein Jahr später neu aufgestellt. Wo setzt sie ihre Schwerpunkte?
Pötzsch: Die Treffen im ersten Jahr waren durchaus sinnvoll, aber wir hatten uns mehr erhofft. Deshalb geht es jetzt im kleineren Kreis weiter. Es wird ein längerer Prozess. Dabei geht es darum, die richtigen Weichen zu stellen und Synergien zu finden. Eine Idee wäre zum Beispiel ein neues kulturelles Zentrum im Haus der Kultur zu schaffen. Dabei braucht es eine Win-Win-Situation, ansonsten brauchen wir uns darüber keine Gedanken machen.
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Wie muss sich die Stadt nun aufstellen?
Pötzsch: Es wird darauf ankommen, wie sich die Stadt organisiert. Wir müssen die Gesamtstruktur im Blick behalten. Manches wird sich nicht mehr wie gewohnt realisieren lassen, stattdessen gehen neue Türen auf.
Was können Sie sich vorstellen?
Pötzsch: Es gibt viele Chancen, dass Waldkraiburg eine attraktive Stadt bleibt – in einer anderen Form des Miteinanders und des Zusammenhalts. Zum Beispiel hat die Stadt bislang den Vereinen den Rücken gestärkt, das geht aktuell nicht mehr in gewohnter Form.
Gleichzeitig kann die Stadt aber den Vereinen nicht mehr so stark den Rücken stärken wie bisher, wie es beim Sportdialog kommuniziert worden ist.
Pötzsch: Das stimmt. Zuschüsse, für die es Verträge gibt, wird die Stadt dieses Jahr auch übernehmen. Beim EHC zum Beispiel haben wir für die kommende Saison eine Lösung gefunden. Der Stadtrat muss aber im Rahmen der Haushaltskonsolidierung künftig entscheiden, in welcher Höhe und Form weitere Unterstützung noch möglich ist. Für die Stadt geht es jetzt ums Eingemachte.
