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Ärger wegen Rechnungsprüfung 

VG Polling verklagt Freistaat Bayern: Hat das Landratsamt Mühldorf die Befugnisse überschritten?

Die Verwaltungsgemeinschaft Polling hat den Freistaat Bayern verklagt. Bürgermeister und VG-Vorsitzender Lorenz Kronberger (links oben) und seine Verwaltungsleiterin Gabriele Springer stehen auf der einen Seite – Ministerpräsident Markus Söder und Landrat Max Heimerl (rechts unten) auf der anderen.
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Die Verwaltungsgemeinschaft Polling hat den Freistaat Bayern verklagt. Bürgermeister und VG-Vorsitzender Lorenz Kronberger (links oben) und seine Verwaltungsleiterin Gabriele Springer stehen auf der einen Seite – Ministerpräsident Markus Söder und Landrat Max Heimerl (rechts unten) auf der anderen.

Die Verwaltungsgemeinschaft Polling hat den Freistaat Bayern wegen Vorgängen rund um die überörtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde Oberneukirchen durch das Landratsamt verklagt. Und: Es gibt noch weitere Vorwürfe gegen das Landratsamt Mühldorf.

Oberneukirchen – Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Polling und das Landratsamt Mühldorf sind keine Freunde – mehr. Dafür wird die VG unter ihrem Vorsitzenden Bürgermeister Lorenz Kronberger und Geschäftsstellen-Leiterin Gabriele Springer inzwischen zu Anwalts Liebling. Das wurde bei der Dezember-Sitzung des Gemeinderates Oberneukirchen deutlich, als es um die „Stellungnahme zur überörtlichen Prüfung der Jahresrechnung 2020 bis 2022 der Gemeinde Oberneukirchen“ ging, die am Ende einstimmig beschlossen wurde.

Die Prüfung ergab eigentlich nur zwei Beanstandungen: Zum einen sei die Haushaltssatzung zu spät erlassen worden. Das war aber, so Bürgermeisterin Anna Meier (parteilos), der damaligen „Personalsituation“ geschuldet. Zum anderen wurden 2022 ganze 17,20 Euro im falschen Jahr verbucht, so Gabriele Springer.

„Das war wie bei der Stasi“

Doch dann schilderte Springer, wie sich die unangekündigte Prüfung durch den staatlichen Rechnungsprüfer Jürgen Schuster aus ihrer Sicht abgespielt hat. Springer: „Das war wie bei der Stasi.“ 

Der Prüfer habe, so Springer, als er die Verwaltungsgemeinschaft sowie die beiden Mitgliedsgemeinden prüfte, seine Befugnisse überschritten und Mitarbeiter auch „zu Kündigungsgründen“ befragt. Diese seien dazu in ein Nebenzimmer geführt, einer sei sogar aus dem Urlaub zurückgeholt worden. „Das war offensichtlich rechtswidrig“, glaubt Springer.

Dem widerspricht auf Nachfrage der OVB Heimatzeitungen Karin Huber, Sprecherin im Landratsamt Mühldorf. Die staatlichen Rechnungsprüfer hätten ein „gesetzlich verankertes vollumfängliches Einsichtsrecht“, das zeitlich nicht begrenzt sei. „Daher waren auch Vorgänge aus der Zeit nach dem Jahr 2022 prüfbar.“ Die Prüfung durch den staatlichen Rechnungsprüfer der Regierung von Oberbayern sei in Methode und Umfang „dem pflichtgemäßen Ermessen des Prüfers überlassen“. Huber weiter: „Es lagen keine Verstöße des staatlichen Rechnungsprüfers vor.“ 

Und Landratsamts-Sprecher Wolfgang Haserer führt weiter aus: „Die Überprüfung der Kommunalaufsicht vom 28. Juli 2023 bezog sich auf eine personalrechtliche Angelegenheit. Diese wurde durch die Kommunalaufsicht am zeitgleich stattfindenden regulären Prüfungstermin der staatlichen Rechnungsprüfungsstelle durchgeführt.“

Verwaltungsgemeinschaft Polling verklagt den Freistaat Bayern

Gabriele Springer sah das anders: „Wir werden das so nicht mehr hinnehmen und jetzt gerichtlich überprüfen lassen.“ Es handele sich um ein Vorgehen der VG, erklärte auf Nachfrage Oberneukirchens Bürgermeisterin Meier: „Seitens der Gemeinde Oberneukirchen werden in keiner Form rechtliche Schritte eingeleitet.“

Wegen der überörtlichen Rechnungsprüfung möchte Oberneukirchens Bürgermeisterin Anna Meier (rechts bei der Jubilarin Anna Linner) keine rechtliche Schritte einleiten. Das sei eine Angelegenheit der Verwaltungsgemeinschaft.

Landratsamts-Sprecherin Huber bestätigt, dass es wegen der Vorgänge bei der Kassenprüfung inzwischen eine „Klage der Verwaltungsgemeinschaft Polling gegen den Freistaat Bayern vertreten durch das Landratsamt Mühldorf“ gibt. Diese richte sich „gegen Vorgänge im Zuge einer Überprüfung der Kommunalaufsicht sowie der staatlichen Rechnungsprüfungsstelle“, so das Landratsamt.

Damit liegt die Verwaltungsgemeinschaft Polling nicht nur mit Gemeinderäten, sondern auch mit dem Freistaat in einem Rechtsstreit.

Weiterer Streitpunkt: Mitgliedschaft im Kommunalen Prüfungsverband

In diesem Zusammenhang kam in der Dezember-Sitzung des Gemeinderates noch ein anderes Thema zur Sprache: der Wunsch der Gemeinden Polling und Oberneukirchen, Mitglieder im Kommunalen Prüfungsverband (KPV) zu werden, der dann die Prüfungen vornimmt. Das hatten die jeweiligen Gemeinderäte im Herbst 2023 beschlossen. Das sei sinnvoll. Springer nannte in diesem Zusammenhang auch die Kläranlage und das geplante Kommunalunternehmen zur Nutzung der Geothermie und den damit verbundenen Prüfungsaufwand. 

Im KPV sind normalerweise Kommunen über 5.000 Einwohnern Mitglied. Den Beitritt muss aber das bayerische Innenministerium genehmigen, nachdem es eine Stellungnahme des Landratsamtes Mühldorf eingeholt hat. Die sei bereits angefragt, aber „noch nicht ergangen“, so Sprecherin Huber. 

Mitgliedschaft solle verhindert werden

Springer: „Es soll mit aller Macht verhindert werden, dass die Verwaltungsgemeinschaft Polling dem Kommunalen Prüfungsverband beitritt.“

Landratsamts-Sprecher Wolfgang Haserer hatte bei anderer Gelegenheit bereits erklärt: Das Innenministerium entscheide „unter Berücksichtigung des Umfanges und der Schwierigkeit der anfallenden Prüfungsgeschäfte. Allein der Betrieb eines Kommunalunternehmens stellt üblicherweise keine besondere Schwierigkeit der Prüfungsgeschäfte dar.“

Landratsamt widerspricht

Zur angeblichen Blockadehaltung des Landratsamtes erklärt Sprecherin Huber: „Im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts einer Kommune bleibt es dieser grundsätzlich selbst überlassen, einen Beitritt zum Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband anzustreben.“ 

Oberneukirchens Bürgermeisterin Meier und ihre Gemeinderäte gehen diesen Schritt „als Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft“ mit, so Meier. Welche Kosten für die Mitgliedschaft und Prüfungen durch die KPV zu erwarten sind, kann Meier noch nicht beziffern. Das hänge vom Prüfungsaufwand ab. Meier: „Auch der jetzige Prüfer hatte einen hohen Tagessatz.“ Die überörtliche Prüfung durch das Landratsamt habe die Gemeinde zuletzt 1.900 Euro gekostet.

Prüfung durch das Landratsamt weiterhin möglich

Aber selbst als KPV-Mitglied könnte die Gemeinde durch Mitarbeiter des Landratsamtes geprüft werden, wie Springer auf Nachfrage von Gemeinderätin Theresia Mayerhofer (parteilos) einräumte: Auch die KPV habe Personalmangel und vergebe dann Prüfaufträge an die Landratsämter. 

„Wenn es blöd läuft, dann müssen wir trotzdem das Landratsamt bezahlen“, so Mayerhofer. Die Antwort von Gabriele Springer: „Hoffen wir, dass es normal läuft.“

Hinweis der Redaktion: Die Verwaltungsgemeinschaft Polling hat – im Gegensatz zu der Gemeinde Oberneukirchen und dem Landratsamt Mühldorf – die Fragen zu den Vorgängen bis zur Veröffentlichung nicht beantwortet.

Überörtliche Rechnungsprüfung

Die Gemeinden müssen sich alle drei Jahre einer überörtlichen Rechnungsprüfung stellen. Diese wird bei Mitgliedern des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (KPV) vom Verband durchgeführt; bei allen anderen von der staatlichen Rechnungsprüfungsstelle, die im jeweiligen Landratsamt angesiedelt ist.

Im Rahmen der überörtlichen Rechnungs- und Kassenprüfung können diverse gemeindliche Angelegenheiten turnusmäßig geprüft werden. Hierunter fallen beispielsweise die Kassenführung sowie der Vergleich der Jahresrechnung mit den Haushaltsansätzen der Gemeinde. Zudem können beispielsweise das Anordnungswesen, der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit oder auch Themenbereiche wie die ordentliche Umsetzung von Satzungen und Verordnungen beziehungsweise die EDV-Sicherheit geprüft werden. Der staatliche Rechnungsprüfer ist hier in seiner Tätigkeit frei.

Quelle: Landratsamt Mühldorf

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