Landratsamt lobt Bauprojekt in Aschau am Inn
„Erdrückende Wirkung“: Harsche Kritik der Nachbarn an „Wohnen in Gemeinschaft“
Die Gemeinde Aschau möchte im Herzen des Ortes für Senioren „Wohnen in Gemeinschaft“ ermöglichen. Die Nachbarn üben aber deutliche Kritik an den vorgelegten Plänen. So reagieren die Gemeinderäte.
Aschau am Inn – Auf den ersten Blick ist es eine bestechende Idee: Im Herzen von Aschau soll unter dem schönen Namen „Wohnen in Gemeinschaft“ zwischen Sonnenfeld und Rathausstraße eine Wohnanlage entstehen, die älteren Bürgern und Menschen mit Handicap ein Zuhause gibt. Allein, die Anwohner sind von den vorgelegten Plänen gar nicht begeistert, wie die jüngste Gemeinderatssitzung zeigte.
„Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschritten“
„Die Schwelle der Rücksichtslosigkeit wird im vorliegenden Fall überschritten“, kritisieren die Anwohner den bisherigen Entwurf für den Bebauungsplan.
Der geplante Bau mit zwei dreistöckigen Häusern und einer gemeinsamen Tiefgarage würde sich, so die Nachbarn, „offensichtlich nicht innerhalb des Rahmens der vorhandenen Bebauung“ halten, diesen „deutlich überschreiten“, er habe eine „erdrückende Wirkung für die Nachbargrundstücke“. „Diese überdimensionalen Gebäudekomplexe sind Fremdkörper und verändern das Erscheinungsbild der Wohnsiedlung kolossal“, so die Anwohner. „Einfache Investoren- oder Betreibermodelle optimiert auf Masse dürfen nicht verwirklicht werden.“
Anwohner wollen bei Planung mitreden
Die Anwohner wollen eine andere Planung und betonten, „dass es nicht um die Verhinderung der angedachten Bebauung geht. Vielmehr sollten die berechtigten Anliegen der Anwohner gehört und mit in die Planungen einbezogen werden.“
Bürgermeister Christian Weyrich (CSU) nannte die Bedenken nachvollziehbar, verteidigte aber die Pläne und das Vorgehen: Der Gemeinderat sei „als Entscheidungsgremium immer zuerst“ an der Reihe, erst danach kämen die „Mittel der Öffentlichkeitsarbeit“. Es handele sich um ein „Allgemeines Wohngebiet“, das von Einzel-, Doppel-, Reihen- oder Mehrfamilienhäusern sowie von Geschäften des täglichen Bedarfs geprägt sei. Der Bau eines Seniorenwohnheimes sei zulässig und keine gebietsfremde Nutzung.
„Wohnen in Gemeinschaft“ hält alle Vorgaben ein
Auch würden die Pläne alle Vorgaben hinsichtlich Abstandsflächen, zulässiger Grundfläche und Geschossfläche einhalten. Die überbaubare Fläche hänge von der Größe des Grundstückes ab. „Bei den umliegenden Grundstücken sind die Grundstücksflächen geringer, somit auch die Bebaubarkeit“, heißt es in der Beschlussvorlage. So sei vorgesehen, dass laut Grundflächenzahl (GRZ) bis zu 40 Prozent des Grundstücks bebaut werden können.
„Das Gebäude ist schon massiv“
„Das Gebäude ist schon massiv“, gestand Thomas Wintersteiger (CSU) zu, „das braucht es wohl für die Wirtschaftlichkeit. Aber muss die Höhe so sein? Können wir die GRZ reduzieren?“ Er nannte als Beispiel 30 Prozent.
Hinsichtlich der Raumhöhen sah Architekt Herbert Friedl keine Möglichkeiten; die seien für die Nutzung erforderlich. Die Firsthöhe könne aber etwas niedriger ausfallen; zumal das Gelände leicht schräg sei und die Rathausstraße gut einen Meter höher liege als Sonnenfeld. Wenn auf dem Niveau vom Sonnenfeld geplant werde, passe die Gebäudehöhe zur Umgebung. Auch eine reduzierte Grundflächenzahl sei möglich. Friedl: „Damit wird man zurechtkommen. Das hängt vom Bauwerber ab.“
Bedenken wegen der Höhenunterschiede
Daniela Reingrubers (CSU) Bedenken hinsichtlich des Höhenunterschieds zwischen Sonnenfeld und Rathausstraße hielt Weyrich entgegen, dass Verbindungswege sanft ansteigen würden und ohne Treppen auskämen. Auch Starkregenereignisse seien in den Planungen berücksichtigt.
Karl-Heinz Jekler (Bündnis Aschau) machte sich Sorgen um den Schattenwurf. Laut Weyrich ist der durch normale Wohnhäuser wesentlich größer: „Die rücken bis zu drei Meter an den Nachbarn heran.“ Der Neubau ist dagegen 15 Meter von der östlichen Grundstücksgrenze entfernt.
„Verkehr durch Sonnenfeld sollte nicht mehr möglich sein“
Die Anwohner befürchten zudem durch den Verkehr „eine Mehrbelastung der angrenzenden Wohnstraßen“. Weyrich verwies auf die gemeinsame Tiefgarage unter den beiden Gebäuden. Oberirdisch gebe es nur Stellplätze für das Personal sowie nur eine einzige Zufahrt in der Nähe des Supermarktes. Der Lieferverkehr muss auf dem Grundstück wenden; lediglich Rettungs- und Müllfahrzeuge bekommen eine Möglichkeit zur Durchfahrt. „Ein Verkehr durch das Wohngebiet Sonnenfeld sollte nicht mehr möglich sein“, resümierte Jekler.
Lob aus dem Landratsamt: „Das ist mir noch nie passiert.“
Ansonsten gab es seitens der Öffentlichkeit und Behörden keine gravierenden Anmerkungen mehr zum Entwurf für den Bebauungsplan. Im Gegenteil: Weyrich konnte sich sogar über ein Lob freuen: „Das ist mir noch nie passiert.“ Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises schrieb nämlich: „Die Flächen sparende Bauweise (insbesondere Tiefgarage) sowie die Herstellung großzügiger Grünflächen wird nachdrücklich begrüßt.“
Am Ende wiesen die Gemeinderäte die Einwände der Nachbarn einstimmig zurück, reduzierten aber den Anteil der bebaubaren Grundstücksfläche auf 30 Prozent und legten die Höhe von Sonnenfeld als Bezugspunkt für die Planungen fest. Abschließend gaben sie einstimmig die entsprechende Korrektur für den Bebauungsplan „Wohnen in Gemeinschaft“ in Auftrag.
