Offener Brief von Mitarbeitern der Gemeinde
„Es ist eine Lüge!“: Nach der Kündigungswelle verhärten sich die Fronten im Rathaus Polling
Nächste Runde im Streit um das Arbeitsklima im Pollinger Rathaus. Gemeinderat Thomas Jobst (CSU) widerspricht der Aussage von Geschäftsleiterin Gabriele Springer zum Offenen Brief der Rathaus-Mitarbeiter. Weshalb er sie der Lüge bezichtigt.
Von Josef Enzinger und Markus Honervogt
Polling – Im Streit um das Arbeitsklima im Rathaus Polling haben sich Mitarbeiter in einem offenen Brief hinter die Rathausführung gestellt und erklärt: „Wir, die Mitarbeiter des Rathauses, arbeiten gerne bei unserem Arbeitgeber, wollen nur unsere Arbeit erledigen und nicht in ein politisches Machtgeplänkel hineingezogen werden.“ Dieser Brief ist auf der Internetseite der Gemeinde einsehbar. Die Unterschriftenliste zu diesem Brief liegt nach Angaben der Gemeinde in einem Safe im Rathaus, laut Geschäftsleiterin Gabriele Springer hat Thomas Jobst ihn gesehen: „Gemeinderat Thomas Jobst, der gerade im Haus war, wurde das Dokument kurz gezeigt.“ Jobst nennt diese Aussage „Lüge“.
„Mit einem Zettel gewedelt“
Im Gespräch mit den OVB Heimatzeitungen und während der Pollinger Bürgerversammlung am Freitagabend, 24. November, erklärte Jobst: „Es ist eine Lüge, dass mir die Unterschriften gezeigt wurden!“ Er sei zur Protokolleinsicht im Rathaus gewesen. Aus einem anderen Raum heraus habe Geschäftsleiterin Springer aus fünf Metern Entfernung, „mit einem Zettel gewedelt“ und behauptet, dass dies der offene Brief der Mitarbeiter inklusive Unterschriften sei.
Ob es sich tatsächlich um diesen Brief und die Unterschriften gehandelt habe, habe er aus der Distanz nicht feststellen können, betonte Jobst. In der Bürgerversammlung fügte er hinzu: „Ich habe diesen Zettel nicht anschauen dürfen und es hat geheißen: Den wirst du nicht sehen!“ Springers Darstellung sei eine Frechheit.
Bürgermeister Lorenz Kronberger tat die Aussagen Jobsts während der Bürgerversammlung ab: „Ich sag Dir ganz klar: Deine 5-Meter-Angaben stimmen nicht, weil ich persönlich dabei war!“ Er bestätigte aber, dass Jobst die Namen nicht gezeigt worden seien. Der Bürgermeister verwies auf ein Gespräch mit Gemeinderatsmitgliedern, in dem die Mitarbeiter des Rathauses die gute Stimmung im Haus bestätigt hätten. „Aber Du glaubst nichts und akzeptierst nichts!“
Gespräch als Fake-Show bezeichnet
Dieses Gespräch bezeichnete Jobst während der Bürgerversammlung als „Fake-Show“. Nur vier ausgesuchte Mitarbeiter hätten sich geäußert, den offenen Brief habe die Oberneukirchener Bürgermeisterin Anna Meier vorgelesen. Jobst sagte, dass Mitarbeiter diesen Brief zum Teil nicht einmal gekannt hätten. Kronberger sagte: „Ich darf und werde mich zu diesen Personalangelegenheiten nicht äußern!“
Auch Geschäftsleiterin Springer weist die Vorwürfe zurück. Über ihren Anwalt lässt sie erklären, sie habe „das Dokument“ Thomas Jobst „zur Einsichtnahme vorgelegt“. Er habe ausreichend Zeit gehabt, und die Erklärung der Mitarbeiter und die Unterschriftenliste etwa 30 Minuten „eingesehen“.
Landratsamt: Personalführung wurde nicht allgemein geprüft
Unterschiedliche Angaben gibt es auch zu Aussagen Springers über eine Prüfung durch die Kommunalaufsicht des Landratsamts. Die Geschäftsleiterin nennt über ihren Anwalt die „Personalführung in der Verwaltungsgemeinschaft Polling“ als Grund für den Besuch der Kommunalprüfer im Rathaus. Das habe man ihr gegenüber angegeben.
Diese Prüfung hat laut Springer ergeben, „dass es hierzu keinerlei Feststellungen gibt“. Mit andern Worten: Das Landratsamt hat in Sachen Personalführung nichts gefunden, was kommunalaufsichtlich zu beanstanden sei.
Springer legte dazu eine Niederschrift des Landratsamts Mühldorf vom 25. September vor, in der es heißt: „Prüfungsanlass waren Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Personalführung. Die Prüfung verlief ohne Feststellungen.“
Nur konkreten Fall geprüft
Das Landratsamt betont dagegen auf Nachfrage des OVB, es sei bei der Prüfung nicht um das Verhältnis der Geschäftsleiterin zu ihren Mitarbeitern gegangen. So erklärt Sprecher Wolfgang Haserer, „dass die Kommunalaufsicht keine generelle Prüfung zu Fragen des Arbeitsklimas und der Fairness im Umgang mit Mitarbeitern vorgenommen hat. Ebenso wenig wurden die Art und Ausgestaltung der Personalführung in der Verwaltungsgemeinschaft Polling im Generellen untersucht“.
Die Rechtsaufsicht werde grundsätzlich nur dann tätig, wenn Hinweise auf konkrete Rechtsverstöße vorlägen. Gegenstand der Prüfung im Juli sei ein „ganz konkreter Vorgang“ gewesen, bei dem sich herausgestellt habe, „dass die Schwelle zum rechtswidrigen Handeln nicht überschritten wurde“. Um welchen konkreten Vorgang es dabei ging, wollte das Landratsamt aus Datenschutzgründen nicht mitteilen.

