Wo finden sie nun die nötige Hilfe?
So hart trifft die Schließung der Schmerztherapie Mühldorf die dort behandelten Patienten
Das plötzliche Aus für die Schmerztherapie Mühldorf ist ein schwerer Schlag für die Mitarbeiter. Und für die Patienten. Denn sie wissen nicht, wie es nun weitergehen soll.
Mühldorf/Altötting – Die für Ende des Jahres angekündigte Schließung der Schmerztherapie am Klinikum Mühldorf ist für die betroffenen Mitarbeiter ein harter Schlag. Doch nicht nur für sie. Auch die dort behandelten Patienten trifft die Schließung der Abteilung schwer. Gleich nach der Berichterstattung im OVB haben sich ratlose Patienten in der Redaktion gemeldet.
Ärzteodyssee endet im Schmerzzentrum
„Ich habe 2022 einen 7-monatigen Ärztemarathon hinter mich gebracht, bis endlich eine Diagnose gestellt wurde. Ich habe Fibromyalgie“, erzählt Marina Wieser (42) aus Tüßling. Eine Arbeitskollegin habe sie auf die Schmerzpraxis im Krankenhaus Mühldorf aufmerksam gemacht. „Ich hatte Glück, dass ich dort aufgenommen wurde.“ Im November 2022 hat sie die teilstationäre Schmerztherapie gemacht und war seitdem alle drei Monate in der Sprechstunde von Chefarzt Dr. Hans-Helmut Gockel. Für Rezepte musste sie monatlich vorstellig werden. „Wenn die Schmerzen unerträglich wurden, konnte ich mich aber jederzeit an die Praxis wenden.“
Noch am Tag, als die Mitarbeiter über das Aus ihrer Abteilung informiert wurden, hat Marina von der Schließung erfahren. „Das Team steht den Patienten mit Rat und Tat zur Seite und empfiehlt, wo man sich jetzt hinwenden kann“, Marina Wieser ist dankbar für diese Unterstützung. „Aber es wird sehr schwer werden. Ich habe Vilsbiburg kontaktiert, die dürfen die Schmerztherapie abhalten, aber können keine dauerhafte Betreuung der Patienten durch den Schmerzarzt leisten, weil der Antrag auf Kassenzulassung bereits zum dritten Mal abgelehnt wurde.“
Laut Aussage der Kasse würde kein Bedarf bestehen, hat die Tüßlingerin erfahren. „In Burghausen ist die Schmerzpraxis mehr als voll, von dort wurde ich nach Ruhpolding verwiesen. In Landshut wurde mir gesagt, dass es dort schwierig sei, Patienten aus dem Bezirk Oberbayern aufzunehmen, da Landshut Bezirk Niederbayern ist.“
Schwierige Suche nach einer Alternative
Ihre Suche nach einer Alternative hat gerade erst angefangen und schon sagt sie: „Ich bin fix und fertig. Gott sei Dank hat sich mein Hausarzt bereit erklärt, mir in Zukunft die Rezepte für meine Medikamente auszustellen, sonst hätte ich ein noch massiveres Problem.“
„Ich war so froh, endlich einen Arzt beziehungsweise ein ganzes Team gefunden zu haben, dass mich ernst nimmt und gewillt ist, mir zu helfen. Ich habe so eine Odyssee an Ärzten durch und zum größten Teil wird man immer als Simulantin und als austherapiert hingestellt.“ Sie ist frustriert, wollte kommendes Jahr wieder die teilstationäre Schmerztherapie machen, aber das hat sich vorerst erledigt. „Dazu brauche ich erst wieder einen Schmerzarzt.“
Monatelange Wartezeit auf einen Termin
Anton Huber (37) aus Aschau leidet unter mehreren chronischen Krankheiten und hat sich wegen anhaltender Schmerzen an das Schmerzzentrum gewandt: „Ich musste mehrere Monate auf einen Termin warten. Die Wartezeit habe ich aber aufgrund der positiven Erfahrungen anderer gern in Kauf genommen. Und es war die richtige Entscheidung.“ Circa jeden zweiten Monat habe er die Schmerzpraxis aufgesucht.
Lange Anfahrt wird schwierig
Über die Schließung wurde er vom Scherzzentrum telefonisch informiert. Nächstes Jahr hätte er eine teilstationäre Behandlung bekommen: „Jetzt stehe ich vor einem Dilemma. Meine Weiterbehandlung wird schwierig sein. Zum einen muss ich einen neuen Facharzt finden, der Neupatienten aufnimmt und mich mit den Medikamenten versorgt, auf die ich eingestellt bin und nicht einen komplett anderen therapeutischen Ansatz hat. Zum anderen sind lange Anfahrtszeiten für mich auch ein heikles Thema, weil meine Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt ist.“
Kreisrätin Isabella Bathen (AfD), wurde selbst als Schmerzpatientin in Mühldorf behandelt. Sie hat von der Schließung kurz vor der Kreistagssitzung, in der das Aus der Abteilung verkündet wurde, erfahren. „Bis man überhaupt eine solche Behandlung beginnt, haben die meisten Patienten bereits eine lange Zeit mit hohem Leidensdruck hinter sich“, erklärte sie noch in der Sitzung vor versammeltem Gremium.
„Ich war geschockt ohne Ende“
Sie hätte am 13. Dezember ihren nächsten Behandlungstermin gehabt. „Ich war geschockt ohne Ende, als mein Termin abgesagt wurde, mit dem Hinweis, dass die Abteilung am 22. Dezember geschlossen wird“, erinnert sie sich an das Telefonat.
Seit mehr als zehn Jahren leidet Isabella Bathen (64) unter Schmerzen am ganzen Körper. Nach einer langen Ärzte-Odyssee, während der sie oft wie eine Simulantin angesehen wurde, lautete die Diagnose eines Facharztes Fibromyalgie. Dieser Arzt machte sie 2021 auf das neue Schmerzzentrum an der Mühldorfer Klinik aufmerksam.
Lob für Ärzte und Therapieteam
„Dort war ich regelmäßig in der Sprechstunde, um die für mich richtigen Medikamente zu finden“, erzählt Bathen. 18 Tage lang war sie auch stationär in der Klinik Haag. Sie lobt die Ärzte und das Team der Schmerztherapie in den höchsten Tönen, fühlte sich stets gut aufgehoben.
„Es tut einem im Herzen weh“
„Wohin sollen die Patienten jetzt gehen?“, wollte sie in der Kreistagssitzung von Klinik-Vorstand Thomas Ewald wissen. Der Vorstandsvorsitzende des „InnKlinikum Altötting-Mühldorf“ konnte nur allgemein auf Schmerzzentren in Vilsbiburg oder München verweisen. Der Ratlosigkeit der Patienten war er sich sehr wohl bewusst und bedauerte die Schließung der Abteilung, die aus wirtschaftlichen Gründen beschlossen wurde: „Es tut einem im Herzen weh, aber es geht nicht anders.“ Laut Klinik hatte die multimodale Schmerztherapie 284 Patienten im Jahr 2023, etwa ein Drittel von außerhalb der Landkreise Altötting und Mühldorf.
Krankenhauspolitik wird spürbar
„Nach München oder Vilsbiburg zu fahren ist für mich, wie sicher für viele andere Schmerzpatienten auch, nur schwer möglich“, stellt Bathen fest. Sie bekommt die aktuelle Krankenhauspolitik des Bundes, die im Kreistag regelmäßig kritisiert wird, nun am eigenen Leib zu spüren: „Es ist schade, dass die Politik diese Hoffnung für so viele Menschen einfach sterben lässt.“

