Nachfrage nach Fernwärme mit Geothermie
Preisdebatte in Polling und Mühldorf wegen Geothermie: Welche Lösung bietet der Betreiber?
Eigentlich haben sich ja alle über das heiße Tiefenwasser aus Polling gefreut: Aktuell bremsen aber Preisverhandlungen die Euphorie. Doch nun zeichnet sich eine neue Lösung ab.
Polling – Vor gut einem Jahr war die Freude in Polling und Mühldorf bei Bürgern, Unternehmern und Politikern riesig: Die privaten Bohrungen der Erdwärme Inn Bayern (EWI) in Polling waren erfolgreich. Sie stießen auf ausreichend heißes Wasser aus der Tiefe, um damit nicht nur die Gewächshäuser des Reichenspurner Hofs in Tüßling und Weiding zu heizen. Auch Wohnhäuser und Unternehmen in Polling, Mühldorf und Umgebung könnten in den Genuss kommen. Doch jetzt steht die EWI wegen zu hoher Preisforderungen am Pranger. Zu Recht?
Den ersten Aufschlag machte am 15. Januar Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl. Die Stadt habe die Verhandlungen mit der EWI gestoppt, „weil wir preislich nicht zusammenkommen“. Von „überzogenen Preisforderungen“ war die Rede, von 20 Cent je Kilowattstunde. Am Ende hätten die Kunden „mehr als doppelt so viel für eine Kilowattstunde bezahlen müssen wie Waldkraiburg“.
Ende Februar sprach bei der Bürgerversammlung auch Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger von „schwierigen Verhandlungen“: „Das Angebot ist nicht so attraktiv, dass wir es unterschreiben können.“ Alles sei „mit einem großen Fragezeichen“ versehen. Im Moment sei es zu teuer. „Ich will kein Millionengrab hinterlassen.“
„Sonst werden wir keine Anschließer finden“
Ernst Weinberger meinte in der Pollinger Bürgerversammlung, ein Abnahmepreis von „neun bis elf Cent“ wäre interessant. „Sonst werden wir keine Anschließer finden.“
Die öffentlichen Aussagen zu den Kosten für die Endverbraucher weisen die EWI-Gesellschafter Peter Reichenspurner und Ferdinand Schmack gegenüber den OVB Heimatzeitungen zurück. „Wir haben keine Gespräche geführt, mit annähernd 20 Cent“, betont Ferdinand Schmack. „Die 20 Cent sind nur spekulativ.“
„Das Risiko tragen zunächst wir“
Die EWI habe auch in der absoluten Hochpreisphase an ihrem Projekt festgehalten und bislang rund 30 Millionen Euro investiert. „Das Risiko tragen zunächst wir“, sagt Schmack. Die 30 Millionen müssen sich durch den Verkauf der Wärme refinanzieren: durch den Verkauf ihrer Wärme an Netzbetreiber. „Wir sprechen hier aber von einem absolut marktüblichen Preis“, betont Peter Reichenspurner. Das hätten ihnen Netzbetreiber immer wieder bestätigt.
Der Preis der EWI ist aber nur eine Komponente, die den endgültigen Preis für den Endverbraucher bestimmt. Hinzu kommen die Kosten des Netzbetreibers für die Planung, den Bau und Betrieb seines Netzes. Doch wie hoch dieser Aufschlag werde, „das liegt nicht in unseren Händen“, erklärt Schmack. Das hänge vom Netzbetreiber ab. Unternehmen mit viel Erfahrung könnten das wesentlich günstiger machen als Neueinsteiger.
Netzbetreiber können interessanten Preis bieten
Reichenspurner und Schmack haben sich daher, wie sie erzählen, jetzt mit einem erfahrenen Netzbetreiber verständigt. Der biete an, auf eigene Kosten und eigenes Risiko die jeweiligen Fernwärmenetze aufzubauen und zu betreiben. Der könne einen Endkundenpreis anbieten, „der für den Verbraucher interessant ist“, betont Reichenspurner. Mit diesem Konzept und Betreiber wollen Schmack und Reichenspurner jetzt in den umliegenden Rathäusern vorstellig werden.
Denn von den Vorteilen der Geothermie sind Schmack und Reichenspurner nach wie vor überzeugt: langjährige Preisstabilität gegenüber zum Teil deutlichen Schwankungen bei Öl und Gas; fossile Brennstoffe, die durch die weiter steigende CO₂-Abgabe noch teurer werden. Außerdem würden die Preise für die Fernwärme durch eine Kombination aus gesetzlicher Regulierung und Überwachung durch das Bundeskartellamt kontrolliert.
Nachfrage nach Geothermie ist ungebrochen
Trotz aller Unkenrufe: Die Nachfrage nach Geothermie sei nach wie vor da, versichern Schmack und Reichenspurner: „Wir sind stolz auf die tolle Resonanz und Begeisterung.“ Sie bekämen jede Woche Anrufe: „Wann ist es denn endlich so weit?“ Auch von Mühldorfer Unternehmen.
So erklärt zum Beispiel Robert Wembacher von Innfood in Weiding gegenüber den OVB Heimatzeitungen: „Grundsätzlich haben wir schon Interesse an Fernwärme. Voraussetzung ist allerdings in hohem Maße die Wirtschaftlichkeit.“ Für die Produktion benötige das Unternehmen Dampf, das vom Standortpartner Almil mit Erdgas erzeugt werde. Aber für die Heizung und das Warmwasser könnte Geothermie eine Alternative sein. Hierfür habe Innfood grob geschätzt einen Bedarf von 1.500 MWh.
Wenn der Preis stimmt, kommt das Leitungsnetz
Auch Mühldorfs Bürgermeister Hetzl war zuletzt bei der Bürgerversammlung wieder offener: Würde der Preis passen, würde er sofort mit dem Bau eines Leitungsnetzes anfangen, dann wäre der Anschluss theoretisch nächstes Jahr möglich. Die Stadt kämpfe weiter für bezahlbare Energiepreise vor Ort. „Geothermie darf nicht teurer sein als die Versorgung mit Hackschnitzeln oder Wärmepumpe.“
Und Pollings Bürgermeister Kronberger teilte auf Anfrage mit, dass ein erstes Gespräch nach der Bürgerversammlung „sehr konstruktive“ gewesen sei: „Ein Ergebnis konnte noch nicht erzielt werden.“
In der Zwischenzeit verlegt die EWI die Leitungen zu den Gewächshäusern und baut die Übergabestationen, an denen sich externe Abnehmer dann anschließen könnten. EWI-Gesellschafter Schmack ist sich sicher: „Wir sind überzeugt, dass die Fernwärme mit Geothermie kommen wird.“



