Was sagt die Kommunalaufsicht?
„Ich entziehe Dir das Wort“: Pollinger Geheimsatzung und Posse um Schüler-Ehrung
Erfolgreiche Abschluss-Schüler und Azubis werden in Polling von der Gemeinde öffentlich geehrt. Die entsprechende Satzung und Kriterien galten bislang als Verschluss-Sache. Die Folge: monatelanges Bohren, Wortgefechte im Gemeinderat und jetzt eine Überraschung.
Polling – Im November vergangen Jahres verweigerte Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) einer jungen Gemeindebürgerin, die ihre Berufsschule mit 1,4 abgeschlossen hatte, die Ehrung im Rahmen der Bürgerversammlung. Eine junge Frau, die bei Kronberger im Rathaus gelernt hatte. Der Bürgermeister berief sich dabei auf eine Satzung, die 2012 in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen wurde – und seitdem geheim ist. Oder doch nicht?
Nach den Februar- und März-Sitzungen der Pollinger Gemeinderäte kommt allmählich etwas Licht in die Angelegenheit, unter anderem weil Wolfgang Schweiger (parteilos) nachfragte. Klarer wird die Angelegenheit aber dennoch nicht.
Denn: Wann wird geehrt? Welche Kriterien sind entscheidend? Wie sind die zu verstehen? Diese Antworten stehen immer noch aus. Damit bleibt eine Frage weiter unbeantwortet: War das Nein zur Ehrung richtig? Stattdessen liefern sich Schweiger, Bürgermeister Kronberger und Geschäftsleiterin Gabriele Springer im Gemeinderat wiederholt Wortgefechte.
Was sagt die Kommunalaufsicht wirklich?
Gemeinderat Schweiger hatte die Entscheidung von Kronberger nicht klaglos hingenommen und bei der Kommunalaufsicht nachgefragt. In der Februar-Sitzung des Gemeinderates verkündete Bürgermeister Kronberger die Antwort: Die Rechtsaufsicht sehe keine Notwendigkeit, dagegen Maßnahmen zu ergreifen, weil, so Kronbergers Interpretation, „sie alles für richtig finden“.
„Da widerspreche ich Dir voll und ganz“, konterte prompt Schweiger. Die Kommunalaufsicht werde nur deshalb nicht tätig, weil kein öffentliches Interesse bestehe und es keine „herausragende Bedeutung“ habe.
„Gegen den Beschluss gibt es keine Einwände“, entgegnete Geschäftsleiterin Springer.
„Weil kein Interesse da ist“, so Schweiger. „Oder haben die den Beschluss überprüft? Waren die da?“
„Die kommen nicht“, räumte Springer ein.
„Es gibt keinen Grund zur Geheimhaltung“
Schweiger forderte im Februar noch, den Beschluss aus dem Jahr 2012 endlich zu veröffentlichen. Der sei damals in nicht-öffentlicher Sitzung gefallen. Schweiger: „Das hätte gar nicht in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen werden dürfen. Es gibt keinen Grund zur Geheimhaltung.“ Eine Veröffentlichung sei sogar „zwingend“.
Auch Wilhelm Skudlik (FW) war dafür: „Dann können wir diskutieren.“ Damit war auch Bürgermeister Kronberger grundsätzlich einverstanden: „Aber heute nicht!“
Kehrtwende im März
In der jüngsten Sitzung löste Kronberger dann seine Zusage unter Tagesordnungspunkt 20 „Informationen“ ein – und hatte einen neuen Dreh in der Geschichte. Der Beschluss vom 21. November 2012 in nicht-öffentlicher Sitzung war gar kein Beschluss, so Geschäftsleiterin Springer: „Es gibt kein Abstimmungsergebnis. Es ist nur bestätigt worden, dass alles weiter so gehalten wird wie bisher.“
Die Gemeinderäte hätten damals hinter den verschlossenen Türen überlegt, den Notendurchschnitt für alle Schularten auf 1,5 zu senken. Letztlich hätten sie sich aber „mehrheitlich“ entschieden, die Regeln von 1998 beizubehalten. Das wurde dann auch im Dezember 2012 im Mitteilungsblatt der Gemeinde veröffentlicht.
„Ich entziehe Dir das Wort“
Dort heißt es: Sowohl der Finanz- und Kulturausschuss sowie er Gemeinderat hätten die bestehenden Regeln zur Schülerehrung „nochmals“ überdacht. „Die Mehrheit der Gemeinderäte war jedoch für die Beibehaltung der jetzigen Regeln.“
Was gilt denn jetzt? Wonach wird geehrt? Wie sind die bestehenden Kriterien zu verstehen? Das blieb weiter unklar. Daher schlug Skudlik vor, der Kulturausschuss solle sich damit befassen und „klipp und klar“ regeln, „wie und wann geehrt wird, damit diese Diskussionen aufhören.“
Als Schweiger gleichwohl über die veröffentlichten Kriterien des Mitteilungsblattes diskutieren wollte, fuhr ihm Bürgermeister Krongerber in die Parade: „Wir machen es jetzt so, wie es der Willi vorgeschlagen hat. Das war unter Informationen. Die hast du gehabt. Ich entziehe dir jetzt das Wort.“
Die Kriterien für die Schülerehrung in Polling
„Geehrt wird einmal schulisch (Hauptschulabschluss, Mittlere Reife, Abitur) und einmal beruflich (Berufsschulabschluss, Abschlussprüfung bei der IHK, Handwerkskammer, Meisterprüfung, Studium); Notendurchschnitt von 1,5 bei: Hauptschulabschluss, Berufsschulabschluss, Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf (IHK, Handwerkskammer), Meisterprüfung, Studium (Uni, Fachhochschule); Notendurchschnitt von 1,8 bei Mittlerer Reife, Abitur (auch FOS, BOS).“
Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Polling, Dezember 2021