Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Heimat gemeinsam gestalten, allein bist a Depp“

Markus Wasmeier & Co. nennen das Rezept für die Vereine der Zukunft

Diskutierten im Biennale-Rahmenprogramm im Mühldorfer Haberkasten über Vereinsengagement: (von links) Dr. Susanne Unger (Hochschule für Fernsehen und Film, München), Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier, ISW-Moderator Peter Zörner, Kreisbrandmeister Michael Matschi und Verena Luber vom Verein Zivilcourage für Alle.
+
Diskutierten im Biennale-Rahmenprogramm im Mühldorfer Haberkasten über Vereinsengagement: (von links) Dr. Susanne Unger (Hochschule für Fernsehen und Film, München), Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier, ISW-Moderator Peter Zörner, Kreisbrandmeister Michael Matschi und Verena Luber vom Verein Zivilcourage für Alle.

Bei der diesjährigen Biennale Bavaria wurde im Mühldorfer Haberkasten über den Begriff „Heimat“ diskutiert – unter anderem mit Olympiasieger Markus Wasmeier. Warum es Mut braucht, sich in die Gemeinschaft einzubringen und warum die Work-Life-Balance beim Vereinsleben Spuren hinterlässt.

Mühldorf – Ein wenig enttäuscht ob der überschaubaren Besucherresonanz war Günther Knoblauch anlässlich der Biennale-Diskussionsveranstaltung im Haberkasten dann doch. Ging es immerhin um eines der Kern-Themen des diesjährigen Heimat-Filmfestivals – Vereinsleben und damit verbunden, der Mut, sich in die Gemeinschaft einzubringen. Diejenigen, die da waren – so konstatiert der Vereinsvorsitzende Internationales Festival des Neuen Heimatfilms – entschädigen jedoch für den Besuch von rund 30 Besuchern an einem sonnigen Sonntagnachmittag, den viele offenbar lieber an der frischen Luft verbrachten.

Ein hochkarätig besetztes Podium rund um den Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier, der sich laut Knoblauch nicht nur als Initiator des Heimatmuseums Schliersee „herausragend in die Gemeinde eingebracht“ hat, diskutierte zum Thema „Heimat gemeinsam gestalten, allein bist a Depp – Verantwortung im Ehrenamt, Vereine mit Zukunft?“

„Anderen zu helfen, ist ein Wert“

Und ja: Natürlich gibt es auch die Helden vor Ort, wie zum Beispiel Michael Matschi. Der Kreisbrandmeister der Feuerwehr Mühldorf ist bei den Jungfeuerwehren ganz nah am Puls derer, die in die Vereinsarbeit nachkommen, und er bekam von ISW-Moderator Peter Zörner als erster das Wort. Schließlich gehören die Mühldorfer zu den weltweit erfolgreichsten Jugendwehren, zumindest wenn man einen Blick auf die überregionalen Wettkämpfe wirft. Ob der Wettbewerbsgedanke den Reiz ausmacht, sich als Jugendlicher in seiner Freizeit einzubringen? Vielleicht, aber nicht nur. „Anderen zu helfen, ist auch ein Wert, der attraktiv ist“, stellte der Kreisbrandmeister fest.

Kreisbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis Mühldorf. Michael Matschi, brachte sich vor allem mit Blick auf die Jugendfeuerwehren in die Diskussion im Haberkasten ein.

Anleitung für Zivilcourage geben

Apropos Hilfestellung geben. Das ist ein Wert, der für die Nächste auf dem Podium, Verena Luber, nicht unbedingt und immer völlig gefahrenfrei ist. Hilfestellung erfordert manchmal Zivilcourage, diese, wie der Name schon sagt: Mut. Den zu geben, hat sich der Münchner Verein „Zivilcourage für alle“, in dessen Vorstand Verena Luber ist, zum Ziel gesetzt. „Es kann nicht sein, dass man Angst um sein Leben haben muss.“

Verena Luber ist 2. Vorstandsvorsitzende des Verein Zivilcourage für Alle.

Sie verweist auf das Schicksal Dominik Brunners, der vor Jahren wegen tatkräftiger Hilfeleistung für eine Schülergruppe selbst schwer verunglückt war. Ein Thema, das laut Luber jeden etwas angeht. Um junge Leute zu animieren, gehe der Verein auch an die Schulen. „Menschen sind verunsichert und brauchen Anleitung“. Dass das Engagement in der Gesellschaft jedoch nicht abnimmt, zeigten die stets ausgebuchten Trainings, die Firmen oder eben Schulen in Anspruch nehmen.

Individuellen Ansatz im Ehrenamt finden

Dass sich die Leute hierzulande immer noch in großem Stil einbringen – und dann nicht erst in der Rente –, belegt übrigens auch der Blick in die Zahlen: 41 Prozent aller Bürger Bayerns sind ehrenamtlich unterwegs, hauptsächlich in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen. Allerdings gehe der Trend dahin, sich eher punktuell zu engagieren; etwa in einem Krisenfall oder auch mit Blick auf die eigenen Vorlieben, jedoch zeitlich begrenzt beispielsweise während der vierwöchigen Krötensaison. Das führt Dr. Susanne Unger von der Hochschule für Fernsehen und Film München aus.

Dr. Susanne Unger (Hochschule für Fernsehen und Film, München) brachte ein paar Zahlen und Fakten in die Diskussion mit ein.

Beim Vereinswesen hinterlässt also die Work-Life-Balance ihre Spuren. Auch wenn sich manche mit Blick auf den eigenen Urlaub nicht festlegen möchten oder generell wenig Zeit oder auch Geld zur Verfügung haben: „Jeder kann irgendetwas tun“, ist Unger überzeugt. Und wenn es nur die Blutspende ist. Es gehe heute darum, den individuellen Ansatz im Vereinsengagement zu finden und zu leben.

Vereinspflege ist Heimatpflege

Den Ansatz, über das Vereinsleben einen Zugang zur eigenen Heimat zu finden, propagiert abschließend mit Markus Wasmeier ein besonders prominenter Gast, der sich von Günther Knoblauch angesichts der Biennale an den Inn hat ziehen lassen. Ob nun in der Freiwilligen Feuerwehr, im Sportverein oder eben als ehrenamtlicher Museumsleiter: „Es gibt viele Heimaten, für die wir unsere Beiträge leisten können“, betont der erfolgsverwöhnte ehemalige Skirennfahrer.

Wasmeier lebt aber nicht nur für seinen Sport: Über sein Engagement als Initiator eines Museumsdorfs in Schliersee pflegt er in Gestalt eines alten Hofs Oberbayerns kulturelles Erbe samt altem Brauchtum. Vor einigen Jahren hat er seiner ganz privaten „Sehnsucht“ nach Heimat unter dem Titel „Dahoam“ sogar sogar ein Buch gewidmet. „Lest das, es wird euch helfen!“, lautet das schlichte Urteil des Gastgebers Günther Knoblauch.

Heimat verpflichtet: Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier bringt „Heimat“ und die Pflege des Kulturerbes in die Diskussion um gelingendes Vereinsleben ein.

Markus Wasmeiers Engagement reicht jedoch nicht nur bis an die eigene Landesgrenze. Auch anderen Nationalitäten beim Erhalt und der Pflege der eigenen Kultur zu helfen, hat er sich auf seine Fahnen geschrieben. Aktuell ganz besonders der Ukraine, wohin er seit Jahren im Zuge eines Kulturaustauschs engste Freundschaften pflegt und er seit einiger Zeit Hilfstransporte organisiert. Dabei gehe es nicht nur um materielle Güter, sondern auch um Hilfsstellung, das eigene, ukrainische Kulturerbe zu erhalten.

Welches Rezept der Schlierseer – abgesehen von der Heimatpflege – für die Zukunft der Vereine und des ehrenamtlichen Engagements hat? Abgesehen von einem attraktiven Vereinsangebot ganz nach dem Motto „cool, dabei zu sein“: „Einfach vorleben. Besonders in der Familie. Das ist der Schlüssel für alles“, ist Wasmeier überzeugt.

Anregungen und Fragen der Zuschauer

Der Haager Ausstellungsorganisator Peter Syr plädiert dafür, dass kulturelles als auch generell ehrenamtliches Engagement durch staatliche Förderungen besser unterstützt werden müssten: „Da muss strukturell was passieren.“ Carolin Hirt aus Mühldorf befürwortet ein verpflichtendes soziales Dienstjahr für alle: „Das hält wirklich zusammen.“ Der Kraiburger Familienbeauftragte Adrian Hilge fragt in die Runde, wie man „Leute ohne Verein“ zum Engagement aktivieren könnte und verweist auf die aktuelle Spielplatzentwicklung in Kraiburg. Markus Wasmeier rät, „Klinken zu putzen“ und mit viel Einsatz wirklich alle Protagonisten ins Boot zu holen. Kreative Ideen allein reichten oft nicht aus, so Wasmeier. Ausdauer sei gefragt. Josef Gebler aus Schönberg weist auf das große Nachwuchsproblem bei den Krieger- und Soldatenkameradschaften hin. Antwort gibt Peter Syr aus dem Publikum, indem der Kulturschaffende darauf verweist, dass die Gemeinschaften ihre Wandlung weg vom Hort rechter Gesinnung seit den 1950er und 60er-Jahren sichtbar machen müssen, um attraktiver zu werden.

Kommentare