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Neues vom Brauerei-Gelände „Am Stadtwall“ in Mühldorf

„Unendliche Salami-Taktik“: Unertls Wasserhäusl soll einem Spielplatz weichen

Baustelle Am Stadtwall Mühldorf
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„Am Stadtwall“ in Mühldorf wird gebaut. Auf dem ehemaligen Brauerei-Gelände entsteht eine Wohnanlage. Rechts im Bild der Container, in dem sich die Unertl-Wasserstelle befindet.

Die Unertl-Brauerei in Mühldorf ist längst Geschichte. Dort entsteht eine Wohnanlage mit Spielplatz - doch dieser soll jetzt umziehen. Der Preis dafür: Das Wasserhäusl muss komplett verschwinden. Warum das den Mühldorfern sauer aufstößt.

Mühldorf Das ehemalige Unertl-Gelände am Stadtwall mitten in der Stadt, besser gesagt die dort neu entstehende Wohnanlage, war Thema in der Sitzung des Mühldorfer Bauausschusses. Der Bauherr hat beantragt, die geplanten Freiflächen anders als bereits genehmigt zu gestalten. Mit einer Folge, die vielen Mühldorfern sauer aufstoßen könnte.

Gratiswasser bald Vergangenheit?

Denn das Wasserhaus, aus dem sich die Bürger der Stadt gratis mit Wasser aus dem artesischen Brunnen auf dem Gelände der früheren Brauerei versorgen konnten, und das eh nur noch als Container vorhanden ist, soll weg und nicht wieder aufgebaut werden. „Laut Bauherr ist das Wasserhäusl nicht mehr nötig“, erklärte Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner den Ausschussmitgliedern. „Der eigentliche Brunnen liegt mitten auf dem Gelände, nicht dort wo das Häuschen bis jetzt stand und das Wasser daraus soll künftig über eine Leitung zum Nachbarhaus, dem Getränkemarkt geführt werden.“

An die Stelle des Wasserhäuschens an der Straße Am Stadtwall will der Bauherr nun den Spielplatz verlegen, der eigentlich im Süden des Grundstücks geplant war. Die Begründung: Das bisher für den Spielplatz vorgesehene Areal sei wegen Mauern und Fassaden drumherum zu schattig, unattraktiv und schlecht beleuchtet. Die neue Position würde auch die Bewohner „weniger tangieren“.

Quelle zu Geld machen

Weniger der Spielplatz als vielmehr der ersatzlose Wegfall der kostenlosen Zapfstelle für Quellwasser stand im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion im Bauausschuss. „Ist es nicht testamentarisch verfügt, dass das Wasserhaus öffentlich zugänglich bleiben muss?“, wollte Dr. Matthias Kraft (Grüne) wissen. „Das wissen wir nicht“, antwortete Bürgermeister Michael Hetzl (UM). Ebenso wenig sei die Stadt darüber informiert, was der Getränkemarkt mit dem Wasser mache, ob er es gegen Entgelt oder kostenlos oder überhaupt abfüllen werde. Das Wasserrecht stecke eventuell in einer der mittlerweile insolvent gegangenen Unertl-Firmen, mutmaßte Hetzl: „Es ist klar, dass der Insolvenzverwalter das zu Geld machen muss.“ Es habe schon vor längerem eine Anfrage an das Landratsamt gegeben, das Wasser gegen Geld nutzbar zu machen, es liege dazu aber kein Antrag vor.

„Private Wasserstelle von W.A. Unertl“ soll ersatzlos von der Bildfläche verschwinden.

Stephan Schinko (Grüne) merkte an: „Das Wasserhaus ist den Mühldorfern schon was wert, es zu erhalten wäre schön.“ Er plädierte dafür, dass die Stadt die Quelle in öffentliche Hand übernehmen sollte und eine Zapfstelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite errichten könnte. Mit Hinweis auf die umfangreichen wasserrechtlichen Vorschriften und die gesundheitlichen Haftungsrisiken winkte die Stadtbaumeisterin ab. Das unterstrich auch Ulrich Niederschweiberer (CSU) der in Untermößling für einen Arteserbrunnen verantwortlich ist: „Es sind laufend Untersuchungen nötig. Das Wasser ist zwar frei von Nitrat und Pestiziden, aber der hohe Gehalt an Eisen und Mangan ist problematisch.“ Würde man dieses Wasser in das Trinkwasser einleiten wollen, müsste man es vorher sogar filtern, erklärte Hetzl.

Wem gehört das Wasserrecht?

„Für das Wasserhaus steht Herr Unertl mit seinem Wort“, der Bürgermeister erläuterte die fehlenden Erfolgsaussichten für einen Erhalt. „Die Familie Unertl ist aber nicht mehr Grundstücksbesitzer und hat alle Firmen verkauft. Der Brunnen gehörte auch nie dem neuen Eigentümer des Grundstücks. Wir wissen nicht, zu welchem Firmenteil das Wasserrecht gehört.“

„Unendliche Salami-Taktik“

„Dieser Bauantrag ärgert mich“, machte Karin Zieglgänsberger (UM) ihren Unmut kund. „Erst mussten wir schon aus der Zeitung erfahren, dass das Wasserhaus nicht mehr steht, laut Unertl die Mühldorfer aber weiterhin Wasser holen können. Jetzt soll es ganz wegkommen. Mich ärgert, dass der Bauherr uns das alles nur scheibchenweise vorlegt.“ Wie Schinko regte sie an, nachzufragen, wer das Wasserrecht jetzt innehabe. Dem pflichteten auch Oskar Stoiber (CSU) und Gottfried Kirmeier (SPD) bei, der von einer „unendlichen Salami-Taktik“ des Bauherrn sprach.

Ein Brunnen als Attraktion

„Die Stadt sollte einen Brunnen errichten, als Attraktion für Mühldorf“, brachte Adolf Spirkl (UM) als Vorschlag ein. Worauf Hetzl verdeutlichte. „Es gibt hier keinen wirklichen Brunnen, die eigentliche Wasserquelle liegt in einem Treppenhaus.“ Die Umleitung zu einem Getränkemarkt sei eigentlich nicht das Schlechteste. Darauf stieg auch die Stadtbaumeisterin ein: „Man könnte das Wasser in oder vor dem Markt kostenlos holen.“ Es sei allerdings fraglich, ob der Getränkemarkt da mitmache. Außerdem sei das Landratsamt froh über jeden Arteserbrunnen, der geschlossen werde. Denn so würde dieses Tiefenwasser bewahrt bleiben.

Eines sei klar, stellte Weichselgartner auf Nachfrage von Rudi Salfer (CSU) fest: „Wir können die Zustimmung zum Bauantrag nicht vom Zutritt zum Wasser abhängig machen.“ Und Hetzl erinnerte: „Das Wasser ist auch gar nicht unser Thema, unser Thema ist der Spielplatz.“

In Sachen Spielplatzverlegung pocht die Stadtverwaltung auf eine im Jahr 2019 vereinbarte „Leitplanke“ für die Bebauung des Unertl-Geländes. Weichselgartner: „Diese wurden von der Stadt mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Landratsamt erarbeitet, dem Eigentümer und Investor mitgeteilt.“ Erst danach wurde der Bauantrag eingereicht und vom Landratsamt im Februar 2021 genehmigt. Eine der Leitplanken besagt, dass ein Grünzug zur Straße Am Stadtwall zwingend sei, um den Grüngürtel um die Altstadt zu stärken.

Spielplatz darf nicht verlegt werden

Für die Stadtverwaltung folgt daraus: „Die Stelle des weggefallenen Wasserhauses ist von Bebauung freizuhalten und zu begrünen.“ Ein Spielplatz mit einem Boden aus Riesel und Sand sowie Büschen zur Straße hin reiche dafür nicht aus. Begründet wird die ablehnende Haltung gegen die Neuplanung auch mit dem Hinweis, dass mehr Sonne für einen Spielplatz eher negativ sei, weil sich die Spielgeräte wie Rutschen zu sehr aufheizten und man nachträglich wieder für Beschattung sorgen müsste. Und zudem der bisher geplante Standort weiter vom stark befahrenen Stadtwall entfernt sei.

Weil er dem Bebauungsplan und den Leitplanken widerspricht, so Weichselgartner, sollte dem neuen Plan für die Freiflächen nicht zugestimmt werden. Diesem Beschlussvorschlag folgte das Gremium und lehnte den Tekturantrag einstimmig ab.

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