Kündigt die Stadt den Vertrag?
Was passiert mit 80 Schulkindern? AWO-Kinderhort in Mühldorf droht das Aus
Seit 30 Jahren betreut die AWO in Mühldorf Schulkinder am Nachmittag. Jetzt will die Stadt den Vertrag für den Kinderhort kündigen. Wie es soweit kommen konnte und was mit den 80 Kindern geschieht.
Mühldorf – Die AWO war die erste Einrichtung in Mühldorf, die die Notwendigkeit einer Nachmittagsbetreuung für Schulkinder erkannte und ein Angebot machte: den AWO-Kinderhort. Das war vor 30 Jahren. Seit dem Jahr 2020 ist der Kinderhort in der Grundschule Mühldorf untergebracht. Das könnte jetzt vorbei sein. Denn die Stadt will die Räume selbst nutzen.
Platz in der Grundschule wird knapp
Grund für den höheren Platzbedarf in der Grundschule ist der Rechtsanspruch auf einen Ganztagesbetreuungsplatz an Grundschulen ab 2026 und die Sanierung der Grundschule Altmühldorf, während der vier Klassen ausgelagert werden müssen.
Bis Ende 2025 läuft der Vertrag mit der AWO, er kann ein Jahr vorher gekündigt werden, das wäre 2024. Derzeit werden etwa 80 Kinder von bis zu zehn Mitarbeiterinnen im AWO-Kinderhort betreut.
Klara Maria Seeberger ist die Vorsitzende der AWO. Sie sorgt seit Jahrzehnten dafür, dass der Hort in Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Stadt Mühldorf betrieben werden kann. Jetzt beklagt sie sich, dass es trotz der bevorstehenden Entscheidung kein Gespräch zwischen der AWO und der Stadt gegeben habe. „Seit Monaten bemühe ich mich, um einen Termin für eine im Vertrag jährlich festgelegte Hortausschuss-Sitzung zu bekommen, um über die zukünftige Kooperation zu sprechen“, sagt sie. „Dies wurde von Seite der Stadt immer wieder verschoben.“
Seeberger geht davon aus, dass die Entscheidung in der Stadtverwaltung schon gefallen ist. „Wir schließen daraus, dass die Stadt die Kündigung des Vertrags mit der AWO vom Stadtrat beschließen lassen will und die AWO dann vor vollendete Tatsachen stellen will.“
Stadtrat debatiert über Kinderbetreuung
Der Stadtrat befasst sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. November, mit dem Bedarfsplan zur Kinderbetreuung für die nächsten Jahre. Der Bedarfsplan soll sicherstellen, dass die Stadt die Vorgaben des Bayerischen Kinderbetreuungsgesetzes erfüllen und allen Kindern ein Angebot für eine Ganztagesbetreuung machen kann. Nähere Angaben dazu macht die Stadt noch nicht.
„Im Kern geht es bei Ihren Fragen um Vertragsangelegenheiten, zu denen wir uns in der Öffentlichkeit nicht äußern“, teilt Stadtsprecher Werner Kurzlechner stattdessen mit.
Fest steht, dass sich der Stadtrat mit der Kündigung des Vertrags im nichtöffentlichen Teil der nächsten Stadtratssitzung befassen soll und die Fraktionen darüber seit Anfang dieser Woche informiert sind.
Die AWO hat sich deshalb an CSU, SPD und Grüne gewandt, mit Bitte um Unterstützung. Die Sprecher der Fraktionen halten sich zwei Tage vor der Sitzung mit Stellungnahmen noch weitgehend zurück. Das liegt daran, dass das Thema Kündigung des Mietvertrags nichtöffentlich entschieden werden soll. Grünen-Sprecher Dr. Mathias Kraft macht aber klar: „Wir sind der Ansicht, dass die Sache öffentlich behandelt werden muss.“
Grüne und SPD wollen öffentlich diskutieren
Er kündigte an, eine Verschiebung des Tagesordnungspunkts und die öffentliche Behandlung der Zusammenarbeit mit der AWO zu beantragen.
Das will auch die SPD tun, die ein öffentliches Interesse sieht und weitere Stellen wie das Schulamt, Schulleiter oder das Kultusministerium einbinden will. „Deshalb wollen wir eine Vertagung“, sagt Kölbl. Wie Grünen-Sprecher Kraft will sie auf Anfrage zu der geplanten Kündigung noch nichts konkretes sagen, da das Thema von der Stadtverwaltung nichtöffentlich behandelt wird.
AWO will Kinderhort auf jeden Fall weiterführen
„Sollte es aber so sein, wäre ein ein völlig unverständliches Vorgehen“, sagt Kölbl auf die Frage nach der Kündigung. Die Stadt arbeite seit 30 Jahre mit der AWO zusammen, auch der jetzige Mietvertrag laufe schon lange.
In dieser ungewissen Situation bleibt AWO-Chefin Seeberger nur die Zuversicht: „Wir hoffen sehr, dass eine Möglichkeit gefunden wird, den Kinderhort in den jetzigen Räumen zu belassen, um auch zukünftig die Mühldorfer Kinder im Herzen der Stadt bestmöglich betreuen zu können.“
Auch CSU sieht AWO als künftigen Träger
Denn das ist das feste Ziel des Wohlfahrtverbands: „Selbstverständlich werden wir den AWO-Kinderhort fortführen wollen. Der Übergang in eine städtische Einrichtung ist nicht denkbar.“ Seeberger beruft sich auf das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, in dem eine „Nachrangigkeit der öffentlichen Träger“ festgelegt sei. Die Stadt soll also erst dann soziale Aufgaben übernehmen, wenn der Bedarf nicht durch freie Träger gedeckt werden kann.
Die CSU hatte ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, Stefan Lasner will erst die Sitzung seiner Fraktion abwarten. Er stimmt aber mit AWO-Vorsitzenden Seeberger in einem Punkt überein: „Grundsätzlich bin ich aber dafür, das Prinzip der Subsidiarität zu wahren.“
