Die Folgen des Wintereinbruchs
„Es sind überall Schneemassen“: Unfälle, Schutzengel und Gefahren im Landkreis Mühldorf
Schneemassen sorgten auch zu Wochenbeginn für Behinderungen und Gefahren im Landkreis Mühldorf. Dabei hatte eine Autofahrerin einen besonderen Schutzengel – und Aldi hatte kurzzeitig geschlossen. Ein Überblick.
Von: Jörg Eschenfelder, Markus Honervogt, Christa Latta, Raphaela Lohmann, Harald Schwarz
Mühldorf/Waldkraiburg /Schwindegg– Es sind Schneemassen, die das Leben im Landkreis seit Samstag erschweren. Hilfskräfte und städtische Mitarbeiter sind im Dauereinsatz. „Alle arbeiten auf Hochtouren“, sagt Mühldorfs Sprecher Werner Kurzlechner.
Straßen- und Gehwege sind zu räumen, freie Parkplätze sind wegen der Schneehaufen noch seltener als sonst, der alte Friedhof und der in Mühldorf-Nord wegen der Gefahr von Schneebruch bis Donnerstag (7. Dezember) gesperrt. Dort drohten Dachlawinen und Schneesturz von den Bäumen.
Aldi und Schwindeggs Sporthalle geschlossen
Die Stadt musste bis zum Montag keine Gebäude oder Hallen sperren. Anders Aldi in Mühldorf. Der war für eine halbe Stunde dicht. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, sagt Pressesprecherin Carolin Sunderhaus. Der Discounter ließ die Schneelast auf dem Dach überprüfen, die letztlich „unbedenklich“ war.
Auch Schwindeggs Bürgermeister Roland Kamhuber war vorsichtig und sperrte bis Montag die Sporthalle. Dann Entwarnung, die maximal mögliche Schneelast war bei weitem nicht erreicht worden, sagt Daniel Richter vom Schwindegger Bauamt.
So ist die Situation in Waldkraiburg
An den Zugängen zu Waldkraiburgs Parkanlagen sind rot-weiße Flatterbänder gespannt. Zu groß die Gefahr wegen Schneebruchs. Entlang vieler Gehwege liegen heruntergefallene Äste, an einem Zugang ein Baum quer.
Bis auf Weiteres bleibt deshalb auch der Waldfriedhof in Waldkraiburg geschlossen. Bereits am Dienstag, 5. Dezember, soll die Eishalle wieder öffnen. Flucht- und Rettungswege mussten von den Schneemassen befreit werden.
Dass die Dächer der Schneelast nicht standhalten, diese Gefahr besteht nicht. „Nach der Schneelastmessung vom Samstag lagen wir bei 35 bis 40 Kilogramm pro Quadratmeter“, heißt es bei der Stadt Waldkraiburg. Dies liege weit unter dem bei den meisten Gebäuden zulässigen 100 Kilogramm pro Quadratmeter. Verschont blieb dieses Mal auch die Franz-Liszt-Turnhalle, deren Dach aktuell saniert wird. „Die Schneelast hat zu keinen Schäden geführt.“
Dauereinsatz für Mühldorfer Bauhof
Die Mitarbeiter des Mühldorfer Bauhofs sind „seit Freitag nahezu durchgehend“ im Einsatz, erklärt Stadt-Sprecher Kurzlechner; nur zwischen 22 und 3 Uhr nicht. Pro Schicht sind es 15 Mitarbeiter, neuen Schneepflüge und Salzstreuer.
Das Hauptaugenmerk liege auf der Sicherheit, „was auch die Fußgängersicherheit umfasst“, sagt Kurzlechner: zuerst kämen die Hauptstrecken, dann die Berge und Kurven dran. Für die 72 Bushaltestellen und 42 Bushäuschen gebe es einen Streuplan. „Ein sechsköpfiger Fußtrupp räumt die Bereiche frei, so schnell wie es eben geht.“
Die Autofahrer müssen sich noch gedulden. „Die Parkplätze können erst geräumt werden, wenn alle Straßen frei sind.“ Die Schneemassen können derzeit nur an den Straßenrand geschoben werden. „Um den ganzen Schnee sofort aufzuladen und wegzufahren, wäre eine Vervierfachung des vorhandenen Bauhofpersonals nötig.“
Als Nächstes würden die Gully freigeräumt, damit das Schmelzwasser abfließen kann. „Bis dahin wird auch daran gearbeitet, den Schnee in Teilbereichen nach und nach wegzufahren.“
Stadtbus kommt kaum durch – Schulbusse fahren wieder
Die Schneemassen am Mühldorfer Stadtplatz und die eingeschränkten Parkplätze für Autos machen auch Christian Vorderobermeier mit seinen Stadtbussen zu schaffen. „Wir bemühen uns alles abzufahren was geht, aber die Straßen sind noch nicht überall geräumt und die geparkten Autos lassen uns oft kaum Platz zum Durchkommen. Am Stadtplatz ist es katastrophal.“ Im Schnitt seien die Busse zehn Minuten in Verzug.
Laut Stadt-Sprecher Kurzlechner fahren die Schulbusse wieder, allerdings kann die Haltestelle in der Schillerstraße nicht angefahren werden kann. Die Stadt bittet, die Bushaltestelle an der Walzmühle zu nutzen.
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Mehr Patienten in der Notaufnahme
In den Kliniken des „InnKlinikums“ herrschte in der Notaufnahme Hochbetrieb, sagt Kliniksprecher Mike Schmitzer: „Durch den Extremwintereinbruch verzeichneten wir am vergangene Wochenende eine deutlich höhere Zahl an Patienten.“ Von Freitag bis Sonntag wurden 202 Patienten in der Notaufnahme versorgt. „Viele erlitten Knochenbrüche an Beinen, Händen, Fingern oder der Hüfte aufgrund von Stürzen.“
Viele Unfälle - aber auch ein Schutzengel
Die Polizei Waldkraiburg zählte seit Donnerstag mehr als 30, die Mühldorfer seit Freitag 23 Unfälle. „Glücklicherweise blieb es bei Blechschäden. Alle Unfallbeteiligten blieben unverletzt“, so die Polizei Waldkraiburg.
Einen besonderen Schutzengel hatte eine 33-jährige Autofahrerin aus dem Landkreis Mühldorf. Ihr fiel ein Baum in Unterreit bei Roßruck auf das Auto. Sie blieb unverletzt.
Zu schnelle Autos sorgten auch auf der A94 zwischen Burghausen und Dorfen für zahlreiche Unfälle; der Landkreis blieb dabei von nennenswerten Unfällen verschont, sagt Autobahnpolizist Christian Liebl.
Hochdruck bei der Südostbayernbahn
Die Südostbayernbahn (SOB) arbeitet mit Volldampf daran, dass sie ihre Kunden wieder ohne Einschränkungen befördern kann. Wie Geschäftsleiter Matthias Krause bereits am Sonntag erklärte, muss hier vieles mit Hand freigeschaufelt werden.
Auf der Strecke nach München fuhren am Montag weniger Zügen als üblich bedient, auch am Dienstag (5. Dezember) werden noch nicht alle Züge fahren können. Auch nach Burghausen, Landshut und Passau fahren wieder Züge, zum Teil mit ausgedünntem Fahrplan. Die Strecke nach Simbach bereitet noch Probleme. Weitere Informationen gibts auf der Internetseite der SOB.
Lebensgefahr in den Wäldern
Zahlreiche umgestürzte Bäume hatten am Wochenende für Behinderungen auf Straßen gesorgt. Viele Bäume sind zwar bereits weggeräumt, doch die Gefahr von Schneebruch bleibt. „Wer jetzt nicht in den Wald muss, sollte draußen bleiben. Waldbesitzer sollten nur das absolut Notwendige machen, wenn es um die Sicherheit geht“, sagt Dr. Martin Kennel, Bereichsleiter Forsten im Landwirtschaftsamt. Auf den Bäumen laste durch den nassen Schnee ungefähr 50 Kilogramm pro Quadratmeter. „Das sind immense Lasten.“ Der Frost mache das Holz spröde, es könne brechen.
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„Sollte es jetzt noch gefrierenden Regen geben, saugen sich die Bäume voll mit Wasser und es könnte erst recht gefährlich werden”, sagt Monika Löffelmann, Revierförsterin der Bayerischen Staatsforsten.
Der Fokus der Aufräumarbeiten liegt derzeit vor allem auf den Waldrädern, wo Bäume eine Gefahr für Gebäude, Straßen oder Menschen sind. Solange die Schneelast nicht abgetaut ist, sollte man aus Wäldern draußen bleiben, heißt es bei der Stadt. Dem Wild kommt die Ruhe im Wald gelegen: „Das Wild hat durch den vielen Schnee eine schwere Zeit. Mit jeder unnötigen Bewegung verlieren sie viel Energie“, sagt Löffelmann.
Ein genaueres Schadensbild in den Wäldern gibt es noch nicht. „Es ist zu gefährlich, die Wälder zu betreten. Wir würden auch gar nicht durchkommen”, sagt sie.
Schulbetrieb und Busse fahren wieder – mit einer Ausnahme
Am Dienstag, 5. Dezember, findet laut Landratsamt an allen Schulen wieder Präsenzunterricht statt, mit Ausnahme der Grund- und Mittelschule Gars, da das Gebäude noch von der Schneelast befreit werden muss. Auch die Fachakademie für Sozialpädagogik in Starkheim (Distanzunterricht bis 8. Dezember) und die Außenstelle Starkheim des Sonderpädagogischen Förderzentrums (Distanzunterricht am 5. Dezember mit Notbetreuung) sind von einer weiteren Schließung betroffen. Zudem wurden an mehreren Grund- und Mittelschulen vorsorglich die Turnhallen gesperrt. Die Schulbusse sollen fahren.


