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Indizienprozess vor dem Amtsgericht Mühldorf

Bewaffneter Raubüberfall auf Tankstelle: Das Urteil gegen den „Schläger von Mühldorf“ (20)

Wer hat den bewaffneten Überfall im Juli 2023 auf eine Mühldorfer Tankstelle geplant? Wer hat falsche Alibis besorgt? Dazu urteilte das Mühldorfer Amtsgericht.
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Wer hat den bewaffneten Überfall im Juli 2023 auf eine Mühldorfer Tankstelle geplant? Wer hat falsche Alibis besorgt? Dazu urteilte das Mühldorfer Amtsgericht.

Indizienprozess gegen Mohammed M., bekannt als „Schläger von Mühldorf“, wegen eines bewaffneten Überfalls auf eine Mühldorfer Tankstelle. So harsch urteilte das Schöffengericht um Amtsrichter Dr. Christoph Warga.

Mühldorf – Weiter hätten Staatsanwalt Martin Brunner und Verteidiger Florian Wurtinger am Ende des zweiten Verhandlungstages vor dem Amtsgericht Mühldorf nicht auseinanderliegen können. Während Brunner wegen eines bewaffneten Überfalls auf eine Mühldorfer Tankstelle für den 20-jährigen Mohammed M. (Name von der Redaktion geändert), der sich als „Schläger von Mühldorf“ bezeichnet, sieben Jahre und sechs Monate Jugendstrafe forderte, plädierte Wurtinger auf Freispruch: Die Zweifel seien zu erheblich. 

Am Ende der Beweisaufnahme vor dem Schöffengericht unter Richter Dr. Christoph Warga stand fest: Damjan W. (Name von der Redaktion geändert) hatte am 6. Juli 2023 mit einer echt aussehenden Luftdruckpistole eine Mühldorfer Tankstelle überfallen und gut 1.000 Euro erbeutet; das hatte er vor dem Landgericht Traunstein gestanden und ist dafür schon verurteilt worden. 

Beteiligt am Überfall oder unbeteiligt im Stammcafé?

Offen war dagegen: War Mohammed M. daran beteiligt und in welcher Form? Oder saß er während des Überfalls unschuldig in seinem Stammcafé am Mühldorfer Stadtplatz?

Vor dem Landgericht hatte Damjan W. seinen ehemaligen Freund Mohammed M. belastet, wie Staatsanwältin Caroline Regensburger im Zeugenstand ausführte, weil Damjan W. am ersten Prozesstag die Aussage verweigert hatte. Dafür hat am zweiten Tag Staatsanwalt Brunner die Anklage übernommen. Demnach habe – so Damjan W. vor dem Landgericht – Mohammed M. die Idee gehabt, den Überfall mit ihm geplant, vorbereitet und durchgeführt, habe er die Waffe besorgt.

Versprechen von „wasserdichten Alibis“

Mohammed M. habe das Geld gebraucht, so Damjan W. vor dem Landgericht. Da er aber Bewährung hatte, wollte er den Überfall nicht selber durchführen, er wollte aber „wasserdichte Alibis“ besorgen: der lückenlose Aufenthalt in ihrem Mühldorfer Stammcafé. 

„Für mich hat alles ein rundes Bild ergeben“, so Staatsanwältin Regensburger. Sie habe nicht den Eindruck gehabt, dass Damjan W. seinen ehemaligen Freund „in die Pfanne hauen wollte“.

DNA und Spürhund führen zum Angeklagten

Nach dem Überfall fand die Polizei in einem Mülleimer die Waffe sowie einen Teil der Verkleidung. Ein Spürhund führte die Beamten „schnurstracks“ zu Mohammeds Wohnung, erzählte der ermittelnde Polizist vor Gericht. Diese wurde am folgenden Tag erfolglos durchsucht.

Die DNA auf den Sachen führte die Polizei schließlich zu Damjan W., seinem Handy und einer Chat-Nachricht von ihm: „Zivis (Polizisten in Zivil, Anmerkung der Redaktion) waren bei einem Kollegen, der auch mit der Tat zu tun hat.“ Zu der fraglichen Zeit gab es nur eine passende Durchsuchung: die bei Mohammed M.. 

2015 geflohen, seit 2019 der Justiz bestens bekannt

Und er ist der Justiz bestens bekannt: 2015 kam der staatenlose Mohammed M. zunächst nur mit seinen Brüdern nach Deutschland, ist hier geduldet, lebt ohne Schulabschluss und ohne Arbeit von seinen Eltern. 2019 überfiel er einen Tabakladen am Mühldorfer Stadtplatz, er brach in Schulen und Kindertageseinrichtungen ein und verwüstete diese, fiel auch mit Körperverletzungen auf. Zuletzt wurde er im November 2023 zu vier Jahren und drei Monaten Jugendstrafe verurteilt. 

Der Vertreter der Jugendhilfe im Strafverfahren am Landratsamt Mühldorf bescheinigte dem 20-jährigen Mohammed M. eine verzögerte Reifeentwicklung, schädliche Neigungen und kein Bemühen, „sich strafrechtlich unauffällig zu verhalten“. 

Staatsanwalt Brunner und Verteidiger Wurtinger bewerten die Beweise komplett unterschiedlich

Für Staatsanwalt Brunner war der Tatvorwurf vollumfänglich nachgewiesen. Angesichts der Vorstrafen forderte er mit der bestehenden Verurteilung eine Einheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten zu bilden. 

Ganz anders bewertete Verteidiger Wurtinger die Beweisaufnahme: Es gebe nur Indizien, es bestünden „erhebliche Zweifel“ an Mohammed M.s Mitwirken. Daher forderte Wurtinger einen Freispruch.

Das Gericht hat „keine vernünftigen Restzweifel“

Amtsrichter Warga und die beiden Schöffen berieten sich knapp eine halbe Stunde fest, dann verkündete Richter Warga das Urteil: Mohammed M. ist „schuldig“ der schweren räuberischen Erpressung und des unerlaubten Führens einer Schusswaffe. Dafür gibt es eine Einheitsstrafe von sieben Jahre Jugendstrafe. 

Am Schluss hatte das Gericht „keine vernünftigen Restzweifel“ an der Schuld, so Warga. Die Staatsanwaltschaft habe ein „rundes Bild gezeichnet“ und die Indizien seien ausreichend. Auch die Alibis waren nach Ansicht des Gerichts falsch.

„Er war die treibende Kraft“

„Mit diesen falschen Alibis hat sich der Angeklagte zum wiederholten Mal einen Bärendienst erwiesen“, so Warga. Denn auch sie führten dazu, dass Mohammed M. nicht nur Gehilfe, sondern Täter war. „Er war die treibende Kraft.“ 

Mohammed M. habe eine Reifeverzögerung und zeige eine hohe kriminelle Energie, habe einschlägige Vorstrafen und eine hohe Rückfallgeschwindigkeit: „Mehr Negativ geht schon nicht mehr.“ Mohammed M. habe zwar Potenzial, „aber er muss auf den rechten Weg kommen“. 

Berufung gegen Urteil angekündigt

Die mitangeklagten Verfahren wegen Fahrens ohne Führerschein wurden wegen der Geringfügigkeit eingestellt.

Noch im Gerichtssaal erklärte Verteidiger Wurtinger gegenüber den OVB Heimatzeitungen, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt werde.

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