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Wo kommt die Waffe her?

Mühldorfer Tankstellenüberfall vor Gericht: Überraschungen im Prozess gegen „Schläger von Mühldorf“

Am 6. Juli 2023 wurde die Tankstelle in Mühldorf überfallen. Jetzt steht ein möglicher Mittäter vor Gericht.
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Am 6. Juli 2023 wurde die Tankstelle in Mühldorf überfallen. Jetzt steht ein möglicher Mittäter vor Gericht.

Der selbsternannte „Schläger von Mühldorf“ steht in Mühldorf erneut vor Gericht: Er soll 2023 bei einem Tankstellenüberfall in Mühldorf mitgemacht haben. So überraschend verlief der erste Verhandlungstag.

Mühldorf – Die Anklage von Staatsanwältin Caroline Regensburger vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Mühldorf unter Richter Dr. Christoph Warga hatte es in sich. Sie warf dem 20-jährigen, staatenlosen Mohammed M. (Name von der Redaktion geändert) mehrfaches Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie Beteiligung bei einem bewaffneten Tankstellenüberfall in Mühldorf vor zwei Jahren vor. 

Am 6. Juli 2023, so Staatsanwältin Regensburger, soll sich Mohammed M. kurz vor 18 Uhr mit Damjan W. (Name von der Redaktion geändert) getroffen und gemeinsam die Tankstelle in Mühldorf überfallen haben. Dazu soll Mohammed M. seinem Kumpel eine Luftdruckpistole gegeben haben. Um 19 Uhr habe Damjan W. maskiert die Tankstelle betreten, während Mohammed „Schmiere stand und den Fluchtweg absicherte“, so Regensburger. 

„Er wollte Tabak und hat dann eine Waffe gezückt“

„Er wollte Tabak und hat dann eine Waffe gezückt. Mir war in dem Moment nicht klar, ob die echt ist“, schilderte die 60-jährige Verkäuferin vor Gericht den Ablauf. Sie übergab ihm gut 1.000 Euro in Scheinen, die der Täter in eine Plastiktüte verpackte. Er sei dann zu Fuß stadteinwärts geflohen. „Ich habe keinen Komplizen gesehen.“ 

Laut Anklage sind Damjan W. und Mohammed M. gemeinsam geflohen und entledigten sich der Verkleidung sowie der Waffe. Anschließend seien sie in ihr Stammcafé am Mühldorfer Stadtplatz gegangen.

„Mein Mandant bestreitet den Sachverhalt“

„Mein Mandant bestreitet den Sachverhalt“, erklärte Verteidiger Florian Wurtinger zu der Anklage. Auch sonst werde sein Mandant „keine Angaben“ machen.

Der Angeklagte ist der Justiz alles andere als unbekannt, und habe sich, so Warga, selber als „Schläger von Mühldorf“ bezeichnet. 2015 floh der Staatenlose mit palästinensischem Hintergrund nach Deutschland, besuchte die Mittelschule und wurde immer wieder auffällig, so das Erziehungsregister und diverse Urteile.  

2019 schon Tabakgeschäft am Mühldorfer Stadtplatz überfallen

2019 hatte er ein Tabakgeschäft am Mühldorfer Stadtplatz überfallen und die Verkäuferin mit einer echt aussehenden Spielzeugpistole bedroht. In seiner Akte stehen auch mehrere Diebstähle und Einbrüche in Schulen und Kindertagesstätten. Dort stahlen er und seine Kumpels überschaubare Geldbeträge, verwüsteten und zerstörten dabei aber auch mutwillig die Einrichtungen: unter anderem in Mühldorf, Neumarkt-St. Veit und Töging. Die Sachschäden: mehrere tausend Euro; in einem Fall sogar 45.000 Euro; hinzu kamen auch Körperverletzungen. 

Mohammed M. sei „massiv vorbestraft“, sagte Richter Warga zusammenfassend. Laut seines Bewährungshelfers lege er auch „kein Bemühen um Arbeit“ an den Tag, lebe von seinen Eltern. Aktuell verbüßt er in Bernau eine mehr als vierjährige Jugendstrafe und verfolgte die Verhandlung in Fußfesseln. 

Zeugin erscheint einfach nicht und nennt verschiedene Gründe

Doch ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich der erste Verhandlungstag anders als geplant. Der ermittelnde Polizist war krank und konnte nicht aussagen. Eine ehemalige Freundin von Mohammed, die als Zeugin geladen war, erschien einfach nicht: Zunächst sagte ihre Mutter dem Gericht telefonisch, sie wäre beim Jobcenter gewesen und hätte den Gerichtstermin vergessen. Später sagte die säumige Zeugin, sie wäre beim Arzt gewesen und sei verhandlungsunfähig, ohne ein entsprechendes Attest vorzulegen. 

Auch der 20-jährige Serbe Damjan W. sorgte für eine Überraschung. Er wurde 2024 bereits vom Landgericht Traunstein wegen des Überfalls rechtskräftig verurteilt und sitzt in Haft. Da er sich also nicht mehr weiter belasten kann, war er zur Aussage verpflichtet. Doch seine ersten Worte waren: „Ich möchte dazu nichts sagen.“

Verurteilter Täter sitzt lieber länger im Gefängnis statt auszusagen

Staatsanwältin Regensburger und Richter Warga wiesen ihn minutenlang immer wieder darauf hin, dass er aussagen muss. Eine Weigerung würde nur seine Aussichten auf Hafterleichterungen und vorzeitige Entlassung verringern. Richter Warga: „Wenn Sie so weitermachen, dann sitzen Sie deutlich länger.“ Laut Regensburger könnten es statt der sieben Jahre, die er jetzt absitze, dann auch acht oder neun Jahre werden.

Damjans Antwort: „Dann ist es so.“ 

Warum er sich vor dem Landgericht zu dem Überfall geäußert habe, aber jetzt nicht, hakte Staatsanwältin Regensburger nach. „Weil es so ist“, sagte Damjan und wurde nach rund zehn Minuten wieder entlassen.

Zwei Ex-Freundinnen als Zeugen vor Gericht

Dafür war eine 19-jährige Altenpflegerin aus Freiburg rechtzeitig angereist, um auszusagen. Sie hatte damals über Chats und Telefon Kontakt mit Damjan – auch direkt nach seinem Überfall: „Soweit ich weiß, hat er es alleine gemacht. Er hat es zu mir gesagt.“ Er habe ihr nicht gesagt, wo er die Pistole her hatte. 

Zum Abschluss des ersten Verhandlungstages war eine Kellnerin aus dem Mühldorfer Cafe geladen. Die 18-jährige Maria W. (Name von der Redaktion geändert) war zu dieser Zeit zudem mit Mohammed M. „fast schon zusammen“. Am Tag des Überfalls habe ihre Schicht um 18 Uhr begonnen, da sei Mohammed M. – wie so oft – schon mit Freunden an einem Tisch gesessen, unter anderem mit Damjan. Ob Mohammed die ganze Zeit anwesend war, „kann ich heute nicht sagen“. Sie erinnerte sich, dass aber Damjan W. „mit einem anderen Freund“ vor Mohammed gegangen sei. 

„Ich hatte Angst um ihn“

Sie hätten an dem Tag nur den Polizeihubschrauber gehört und kurz geredet. Ein paar Tage später habe ihr Mohammed eröffnet, dass die Polizei auch ihn verdächtige. „Ich hatte Angst um ihn“, so Maria. „Ich kannte seine Vergangenheit.“ Sie habe ihn gefragt, ob er wisse, wer es war: „Er hat gesagt, er weiß es nicht.“

Damit war der erste Verhandlungstag zu Ende. Der Prozess wird am Dienstag, 28. Januar, um 9 Uhr fortgesetzt.

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