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Warum Bauen im Landkreis Mühldorf so schwierig ist

Hausbau: Verhindern auch zu hohe Ansprüche die Erfüllung des Lebenstraums?

Es wird nur noch wenig gebaut: Bänker Jürgen Wallner und Immobilienmakler Michael Kufner kennen die Gründe.
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Es wird nur noch wenig gebaut: Bänker Jürgen Wallner und Immobilienmakler Michael Kufner kennen die Gründe.

Der Traum vom Eigentum ist auch auf dem Land ausgeträumt. Das zeigen aktuelle Zahlen zu Baugenehmigungen im Landkreis. Woran liegt das? Und: Ist eine Wende in Sicht?

Mühldorf - Nicht nur der Winter hat Mühldorfer Baugebiete in den Winterschlaf versetzt. Die Bautätigkeit, das sagt Bürgermeister Michael Hetzl, ist fast zum Erliegen gekommen. Das gilt nicht nur für die Stadt Mühldorf, sondern für den ganzen Landkreis.

Zahlen des Pestel-Instituts belegen die Einschätzung, dass die Bautätigkeit deutlich weniger geworden ist. Nach Angaben des Forschungsinstituts, das für Kommunen arbeitet, gibt es im Landkreis Mühldorf derzeit rund 29.900 Wohnungen, in denen die Besitzer auch leben. Die Wohneigentumsquote im Landkreis liegt damit bei rund 57,9 Prozent.

Aber: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es laut des Pestel-Instituts im ganzen Landkreis lediglich 121 Baugenehmigungen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es mit 249 Baugenehmigungen noch mehr als doppelt so viel. „Damit ist der Eigenheimbau innerhalb von nur einem Jahr um 51 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Der Leiter des Instituts sieht „das Wohneigentum weiter auf der Rutschbahn“.

In den Baugebieten herrscht weitgehend Stillstand

Wer sich in Mühldorf umschaut, kann diese Erkenntnis bestätigen. In den drei großen Baugebieten tut sich derzeit reichlich wenig. Am Kirchenfeld oder dem noch größeren Areal an der Eichkapelle herrscht weitgehend Stillstand, auf dem Wintererhof gibt es nur eine große Baugrube. Manch einer musste sein Pläne zum Bau eines Hauses sogar ganz streichen.

Michael Kufner arbeitet für Milago, die Immobiliengesellschaft betreut das Bauvorhaben auf dem Wintererhof, bei dem etwas über 100 Wohnungen entstehen sollen. Er nennt die Nachfrage verhalten, nicht nur in dem Altmühldorfer Gebiet. „Derzeit gibt es mehr Angebot als Nachfrage.“

Hoher Zins erreicht noch nicht frühere Höchstwerte

Kufner macht für die rasante Entwicklung mehrere Faktoren verantwortlich: die immer noch hohen Grundstücks- und Baupreise und die stark gestiegenen Zinsen. Von Null auf über drei Prozent: „Das ist ein Zinssatz, mit dem die heutige Generation nichts anfangen kann.“ Kufner erinnert an die 1990er Jahre. „Als wir gebaut haben, zahlten wir über acht Prozent.“

Michael Kufner

Damals, vor 30 Jahren hätten sich viele eingeschränkt, um sich ein Haus oder eine Wohnung leisten zu können, sagt der Immobilienmakler. „Heute wollen viele auf ihren Lebensstandard nicht verzichten.“ Essen gehen, die große Reise, ein neues Auto, all das soll es auch dann geben, wenn ein Haus zu finanzieren ist. Die Folge: Zusammen mit den hohen Lebenshaltungskosten verhindern die hohen Zinsen Neubauten.

Hohe Zinsen halten auch Investoren ab

Die hohen Zinsen machen sich nach Einschätzung von Makler Kufner auch auf der Habenseite bemerkbar und führen so zur Zurückhaltung von Investoren, die Mietwohnungen bauen. Anleger erhalten nach seinen Angaben derzeit auf Festgeldkonten so hohe Zinsen, dass eine Immobilie nicht attraktiv erscheint. „Sie warten ab.“

Mehr als halbiert haben sich die Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2023 im Landkreis Mühldorf

Jürgen Wallner, Regionaldirektor bei der VR meine Raiffeisenbank in Mühldorf, spricht von einer eindeutig negativen Tendenz bei der Vergabe von Krediten für Immobilienkäufe.  „Vor einem Jahr waren wir noch eingedeckt mit Anfragen. Das ist sehr stark zurückgegangen.“ Im Vergleich von 2022 zu 2023 sei Anzahl und Volumen der Wohnbaukredite um die Hälfte geschrumpft.

Jürgen Wallner, Regionaldirektor bei der VR meine Raiffeisenbank Mühldorf, sieht einen negativen Trend bei der Vergabe von Immobilienkrediten.

Wallner macht zwei Gründe dafür verantwortlich: Die rasant gestiegenen Zinsen sind die eine Ursache. „Einen so schnellen Anstieg habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Von knapp einem Prozent vor zwei Jahren auf runde vier derzeit.

Zinsen und Baukosten sind in die Höhe geschossen

Verstärkt werde der Trend durch die ebenfalls in die Höhe gegangenen Baukosten. Nach seinen Angaben gehen die seit einigen Jahren deutlich nach oben. „Unter 800.000 Euro kommt man für ein Einfamilienhaus heute nicht mehr raus.“

Mindestens 6000 Euro netto verdienen

Verbunden mit den hohen Zinsen wird die Belastung für Häuslebauer damit extrem hoch. „Wer 600.000 Euro finanzieren muss, hat bei zwei Prozent Tilgung eine monatliche Rate von etwa 3000 Euro“, sagt der Genossenschaftsbänker und fragt: „Wie viel muss er dann verdienen?“

Die Antwort liefert Wallner gleich mit und spricht von einem Netto von etwa 6000 Euro, damit für eine Familie genug zum Leben bleibt. „Es sind nicht nur die Zinsen, es ist insgesamt verdammt schwierig.“

Von Wohnungsnot will Mühldorfs Bürgermeister Hetzl trotzdem nicht sprechen. „Es ist aktuell schwierig für alle, die eine neue Wohnung suchen.“ Ganz gleich, ob zur Miete oder zum Kauf. „Der Markt ist nicht mehr in Bewegung, kaum einer zieht aus“, sagt er. „Dadurch wird fast nichts mehr frei und der Wechsel kommt zum Erliegen.“

Keine Wohnungsnot

Auch Makler Kufner sagt: „Wohnungsnot haben wir nicht.“ Aber einen Käufermarkt. Konnten in den letzten Jahren Verkäufer bestimmen, sind heute Käufer in einer guten Position. Für Mieter gilt das laut Kufner nicht. Denn die Mieten gehen nach seiner Beobachtung derzeit nach oben.

Kaufpreise nur leicht gesunken

Einen Preisrückgang bei neuen Kaufwohnungen kann er dagegen kaum ausmachen. „Ich sehe noch keine große Preisreduzierung bei Bestandswohnungen.“ Er beziffert die Kosten dafür auf 3000 bis 4000 Euro. Bei Neubauten sei dagegen eine Erleichterung spürbar. Seien zuletzt für gute Lagen bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter fällig gewesen, liege man derzeit etwa bei 5000 Euro, je nach Standard und Lage.

Stadt setzt Planungen fort

Die Stadt will ihre Planungen zur laufenden Ausweisung von Baugebieten trotz der aktuellen Flaute fortsetzen sagt Bürgermeister Hetzl mit Blick auf das derzeit größte noch nicht geplante Gebiet. „Auf dem ehemaligen Schörghuber-Gelände ist die Vermarktung eine Herausforderung“, betont er. „Aber wir sind im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans, der Investor wird sich das Baurecht sichern lassen. Ab wann tatsächlich gebaut wird, ist offen.“

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